Die Nächte im Zelt sind kalt. Deshalb kuschelt sich Mohammed eng an seine Eltern und Geschwister. Auch weil die Nähe gegen die Angst hilft, die seit Wochen in ihm steckt. "Zu Hause in Tripolis hörten wir immer wieder Schüsse und Explosionen", berichtet der Zehnjährige. "Wir mussten fliehen und sind so überstürzt aufgebrochen, dass wir nichts mitnehmen konnten. Ich besitze nur noch das, was ich anhabe."
Denn in Libyen herrscht Bürgerkrieg: Seit Mitte Februar kämpfen zahlreiche Menschen gegen den Diktator Muammar al-Gadhafi. Er allein gebietet über das Land in Nordafrika - schon seit knapp 42 Jahren! Freie Wahlen gibt es in Libyen nicht. Wer Gadhafi kritisiert, muss fürchten, ins Gefängnis gesteckt zu werden. Auch Journalisten dürfen nicht einfach schreiben, was sie wollen.

Nun aber lehnen sich die Menschen gegen den Schreckensherrscher auf. Schätzungsweise 15 000 Rebellen sollen gegen seine Truppen kämpfen. Bloß - es ist ein ungleicher Kampf. Die Rebellen sind schlecht ausgerüstet und kaum kampferprobt. Dafür haben sie eine ungeheure Wut - und mit dieser treten sie gegen die schwer bewaffneten Männer Gadhafis an. Denen hat der Diktator befohlen, den Aufstand mit Gewalt niederzuschlagen.
Am 19. März jedoch greift der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen Demokratietionen (UNO) in den Konflikt ein. Er beschließt eine Flugverbotszone. Damit will man Gadhafi daran hindern, seine eigene Bevölkerung zu bekriegen, etwa indem er sie aus der Luft heraus angreift. Frankreich, Großbritannien und die USA schicken Kampfflugzeuge. Sie beschießen Gadhafis Waffenlager, Panzer und auch die Flughäfen, zerstören dessen Luftwaffe. Wie Mohammed und seine Familie verlassen unterdessen Hunderttausende Flüchtlinge das Land über die tunesische und die ägyptische Grenzen.

Mohammed wohnt nun im Flüchtlingslager Shousha in Tunesien - mit 7000 anderen Menschen. UNICEF und andere Hilfsorganisationen versorgen die Frauen, Männer und Kinder mit dem Nötigsten, mit Zelten, Matratzen und Essen. Der Junge weiß nicht, ob er je nach Tripolis zurückkehren wird. Ob er die Schule beenden und Architekt werden kann, wie seine Eltern es sich wünschen. Oder Fußballstar, wie er es sich erträumt. Immerhin: Ein Helfer im Flüchtlingslager hat Mohammed einen Fußball geschenkt. Und damit wieder ein Lächeln auf Mohammeds Gesicht gezaubert.