Dinosaurier Gigantisch groß

Nein, er ist nicht der größte – aber sicherlich der berühmteste Saurier: Tyrannosaurus Rex. Er gilt immerhin als einer der wuchtigsten Fleischfresser – trotz der Leichtbauweise, die auch sein Skelett prägte.
Nein, er ist nicht der größte – aber sicherlich der berühmteste Saurier: Tyrannosaurus Rex. Er gilt immerhin als einer der wuchtigsten Fleischfresser – trotz der Leichtbauweise, die auch sein Skelett prägte.
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Nie stapften riesigere Tiere übers Land als die Dinosaurier im Erdmittelalter. Was nützte ihnen die Größe? Welche Geheimnisse steckten in ihrem Körperbau? Wir
haben bei einem Experten nachgefragt.

Mit Beinen wie Säulen und Hälsen wie Kranausleger – so schritten die Langhalssaurier einst durch die Landschaft. Kaum ein Baum, kaum ein Strauch blieb verschont. Denn die Giganten taten vor allem eines: Sie fraßen und fraßen. Und wuchsen und wuchsen, mit jeder Generation ein bisschen mehr. Bis sie irgendwann zu den riesigsten Landtieren aller Zeiten wurden. Selbst Raubsaurier wagten es nicht, sie zu attackieren. Warum, weiß Martin Sander. Er ist Paläontologe an der Universität Bonn und einer der führenden Saurier-Forscher in Deutschland. „Langhalssaurier, also Sauropoden, wogen bis zu 80 Tonnen. Ein Tyrannosaurus dagegen brachte es gerade mal auf sieben Tonnen“, sagt er. „Ein Angriff wäre darum viel zu gefährlich gewesen.“

Berühmtes Beispiel: Brachiosaurus ist einer der bekanntesten Langhalssaurier. Er wurde vermutlich bis zu 27 Meter lang und geschätzt 23 bis 44 Tonnen schwer.
Berühmtes Beispiel: Brachiosaurus ist einer der bekanntesten Langhalssaurier. Er wurde vermutlich bis zu 27 Meter lang und geschätzt 23 bis 44 Tonnen schwer.

Und die Größe brachte noch weitere Vorteile: Massigere, stärkere Männchen schindeten Eindruck bei den Weibchen. Wuchtigere Weibchen wiederum konnten mehr Eier legen und so mehr Nachwuchs bekommen. Außerdem sparte es Energie, immer größer zu werden – zumindest im Verhältnis. Martin Sander erklärt das so: „Ein doppelt so schweres Tier brauchte nicht doppelt so viel Nahrung, sondern etwas weniger. Der Energiebedarf nimmt nämlich nicht genauso stark zu wie die Größe.“ Dafür hatten die Tiere immer weniger Muskeln, konnten also zum Beispiel nicht mehr so schnell rennen. Aber das mussten sie ja auch nicht.

Dinosaurier: Gigantisch groß
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Die Größe lohnte sich also aus vielen Gründen. Bloß: Warum konnten sie immer weiter wachsen?

Keine Zeit zum Kauen

Eine wichtige Voraussetzung: Die Saurier fanden genug Nahrung, um ihre Riesenkörper zu versorgen. Schließlich bedeckten Pflanzen die gesamte Landmasse, und Futterkonkurrenten hatten die Sauropoden dank ihrer Größe nicht. Um allerdings genug Grünzeug in den Körper reinzubekommen, mussten die Tiere eine bestimmte Technik anwenden: nicht kauen – bloß schlucken. „Nur so konnten sie ihren Bedarf innerhalb von 24 Stunden decken“, erklärt Sander. Alles zwischen den Zähnen klein zu malmen hätte zu viel Zeit gekostet. „Zum Vergleich: Ein Elefant von heute frisst 15 Stunden am Tag, muss aber auch nur einen gut drei Tonnen schweren Körper versorgen.“ Er kann sich das Kauen darum erlauben.

Wer Grünzeug hingegen nur rupft und schluckt, braucht außerdem weder schwere, kräftige Kiefermuskeln noch wuchtige Schädelknochen. Der Kopf der Sauropoden war deshalb leicht, der lange Hals konnte ihn mühelos tragen. Und dieser wiederum erlaubte es den Dinos, einfach auf der Stelle stehen zu bleiben und trotzdem große Bereiche abzufressen.

Dinosaurier: Gigantisch groß
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Leichtbau-Modell in XXL

Auch wenn die massigen Körper etwas anderes vermuten lassen: Nicht nur der Schädel, das gesamte Skelett der Sauropoden war extrem leicht. Genau wie bei Vögeln waren die Knochen filigran, die Wirbel am Hals sogar löchrig. In den Zwischenräumen dehnten sich Luftsäcke aus, die mit der Lunge verbunden waren. Auch im Rumpf gab es welche. „Der ganze Atmungsapparat gleicht demjenigen heutiger Vögel“, erklärt Sander. Das Skelett wog deshalb nur wenig.

Dinosaurier: Gigantisch groß
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Außerdem konnte der riesige Körper so permanent mit frischer Luft versorgt werden, Atempausen gab es nicht. „Bezogen auf den Bauplan waren Dinos bis zu einer Masse von 150 Tonnen möglich“, sagt Sander. „Doch so große Exemplare wurden nie gefunden.“ Der Gigantismus geriet also irgendwann an seine Grenzen. Warum? Vielleicht konnten die Sauropoden trotz allem nicht schnell genug fressen, um weiter zu wachsen – die Energie fehlte.

Vom T-Rex zum Tiger

Auch Raubsaurier wie die Tyrannosaurier konnten viel größer werden als heutige Raubtiere – aber bei Weitem nicht so groß wie die vegetarischen Giganten. Das lag an Zweierlei: Erstens brauchte T-Rex ein starkes Gebiss und somit einen großen, muskelbepackten Kopf – und dadurch auch einen kompakteren, massigeren Körper, um ihn zu tragen. Zweitens fehlte ihm schlicht die Energie dazu.

Warum sie nicht reichte, lässt sich mithilfe der Nahrungspyramide erklären. In der halten Biologinnen und Biologen fest, wer in der Natur wen frisst: Die Tiere auf der untersten Stufe ernähren sich von Pflanzen, die auf der nächsten wiederum machen Jagd auf die Pflanzenfresser und manchmal gibt es weitere Stufen mit noch mächtigeren Fleischfressern.

Doch auf jeder höheren Ebene der Nahrungspyramide kommt nur ein Zehntel der Energie der vorherigen Stufe an. Die Beute der Raubsaurier enthielt also nur ein Zehntel von dem, was sie zuvor an Energie zum Beispiel durch Pflanzen in sich reingefuttert hatte. „Vergleicht man das mit den Tieren heute, herrscht dasselbe Verhältnis: Die größten Raubkatzen, die Tiger, sind etwa ein Zehntel so groß wie die größten Vegetarier an Land, die Elefanten“, erklärt Sander.

Überflieger: Mit rund 200 Kilogramm Gewicht und Spannweiten von bis zu zwölf Metern bleiben Flugsaurier bis heute ungeschlagen im Luftraum.   Dieser Pterodactylus war mit 75 Zentimetern von Flügelspitze zu Flügelspitze eher klein.
Überflieger: Mit rund 200 Kilogramm Gewicht und Spannweiten von bis zu zwölf Metern bleiben Flugsaurier bis heute ungeschlagen im Luftraum. 
Dieser Pterodactylus war mit 75 Zentimetern von Flügelspitze zu Flügelspitze eher klein.

Das Ende der Riesen

Dinosaurier: Gigantisch groß
© Illustration: Imago; GEOlino; Shutterstock; Karte: GEOlino.

Rund 140 Millionen Jahre lang wandelten die gigantischen Sauropoden über unseren Planeten. Zum Vergleich: Uns Menschen gibt es gerade mal 200 000 Jahre – an der Lebenszeit der Dinos gemessen also nur einen Wimpernschlag. Am Ende löste ein Meteoriteneinschlag vor 66 Millionen Jahren ein Massenaussterben aus, dem drei Viertel aller Arten auf der Erde zum Opfer fielen – eben auch die Saurier. Zumindest fast alle. Eine Linie überlebte: die heutigen Vögel.

Aus unserer Sicht hatte die Katastrophe sogar etwas Gutes: Mit dem Verschwinden der Dinos wurde der Weg frei für die Entwicklung der Säugetiere, also auch für uns.

Er beherrschte die Meere der Kreidezeit: Mosasaurus maß bis zu 18 Meter und fraß vermutlich kleinere Meeressaurier. Nach dem bisherigen Forschungsstand gehörte er zu den gewaltigsten Echsen im Meer.
Er beherrschte die Meere der Kreidezeit: Mosasaurus maß bis zu 18 Meter und fraß vermutlich kleinere Meeressaurier. Nach dem bisherigen Forschungsstand gehörte er zu den gewaltigsten Echsen im Meer.
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