GEOlino: Herr Zinn, wie haben Sie mit dem Malen angefangen?
David Zinn: Mein Bruder und ich haben früher Doodle Battles veranstaltet – Kritzel-Schlachten. Wir haben wild Linien auf ein Blatt gekritzelt und einander herausgefordert, daraus etwas Richtiges zu malen. Dafür mussten wir Sinn in sinnlosen Linien finden. Als ich Jahrzehnte später mit Kreide auf dem Gehweg gemalt habe, hat mich das daran erinnert: Man hat keine leere Fläche vor sich; überall sind Risse, Gullideckel oder Pflanzen.
    Und Sie bauen all das in Ihre Kunstwerke ein. Wie geht das?
Unser Gehirn möchte in den seltsamsten Dingen Muster erkennen. Das nennt man Pareidolie. Ich sehe in einem Riss im Gehweg etwa das Auge einer Kreatur – und schon muss ich nur noch den Rest ergänzen. So sind über die Jahre in meiner Nachbarschaft ungefähr 2000 kleine Wesen entstanden. Zum Glück wäscht der Regen die Kreide wieder weg, sonst wären sie inzwischen überall!
    Macht es Sie denn nicht traurig, dass Ihre Bilder nur wenige Tage zu sehen sind?
Nein, das hat sogar viele Vorteile: Ich kann zum Beispiel dieselbe Stelle immer wieder in eine neue Kreatur verwandeln. Die Vergänglichkeit macht meine Bilder besonders. Außerdem sind die kleinen Kreaturen wie meine Freunde – und ich stelle mir vor, dass sie einfach aufstehen und weglaufen, wenn es regnet.
Welche Ihrer Kreaturen mögen Sie am liebsten?
(Lacht.) Pssst, vielleicht hören sie zu! Mein ältester Freund ist das grüne Monster Sluggo. Sehr oft taucht auch das fliegende Schwein Philomena auf. Um auszudrücken, dass etwas eh nie passieren wird oder unmöglich ist, sagt man bei uns nämlich „when pigs fly“, also „wenn Schweine fliegen“. Sieht man aber Philomena, scheint das Unmögliche möglich.
    Haben Sie noch einen Tipp für alle, die selbst mit dem Malen loslegen wollen?
Man sollte Kreide immer richtig verschmieren und ein Stück Kohle für schwarze Details dabeihaben! Vor allem aber: Probiert euch aus!