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Dafür: Wir könnten Leben retten
Jede Minute stirbt irgendwo ein Mensch, weil er das Pech hatte, von einer Mücke gestochen zu werden. Jährlich erkranken geschätzt 230 Millionen Menschen an der Tropenkrankheit Malaria und 96 Millionen an Denguefieber. Stechmücken sind damit die gefährlichsten Tiere der Welt, doch nicht alle sind eine Bedrohung: Von den rund 3600 Arten weltweit übertragen nur einige schlimme Krankheitserreger, etwa die Gelbfiebermücke, die Asiatische Tigermücke und manche Anopheles-Arten. Sie schwirren vor allem in großen Teilen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas herum. Fast die Hälfte der Weltbevölkerung muss deshalb damit rechnen, dass ein Mückenstich nicht nur juckt, sondern tödlich enden kann.
Durch die Klimaerwärmung fühlen sich die Biester auch in nördlichen Regionen immer wohler. Wäre es also nicht ein Segen, diese Plage ein für alle Mal zu beenden? Technisch wäre das wohl möglich, indem man Stechmücken-Männchen mit verändertem Erbgut im Labor züchtet und dann in die Natur entlässt. Ihre weiblichen Nachkommen wären unfruchtbar, während die sirrenden „Söhne“ das veränderte Erbgut weiterverbreiten würden. In der nächsten Generation gäbe es also noch mehr unfruchtbare Weibchen. So würde es weitergehen … bis keine Mücke mehr schlüpfen würde. So könnte man gezielt jene Stechmücken-Arten ausrotten, die Krankheiten übertragen.
Deren Fehlen brächte für die Natur kaum Nachteile, behaupten Befürworterinnen und Befürworter. Außerdem wäre es möglich, das ursprüngliche Mückenerbgut zu bewahren. Falls jemand die Plagegeister vermissen sollte, könnte man sie wieder nachzüchten und freilassen.
Dagegen: Menschen sollten nicht Gott spielen
In der Natur herrscht ein empfindliches Gleichgewicht. Das dürfen wir nicht durcheinanderbringen, indem wir absichtlich Tierarten ausrotten, finden die Mücken-Verteidigerinnen und -Verteidiger. Zwar würden nur die gefährlichen Arten verschwinden – aber auch sie sind Teil des Ökosystems.
Die Larven von Stechmücken spielen eine wichtige Rolle: Sie halten das Wasser sauber, in dem sie leben, und sind für manche Tiere eine wichtige Nahrungsquelle. Den Koboldkärpfling nennt man sogar „Moskitofisch“, weil er so viele Larven frisst. Auch Fröschen dienen sie als Nahrung. Ausgewachsene Mücken hingegen sind ein beliebter Snack von Vögeln oder Fledermäusen. Und sie tun noch etwas Gutes: Die meisten Mücken bestäuben nämlich Blütenpflanzen, weil sie sich von Nektar ernähren. Blut brauchen nur die Weibchen, um Eier zu bilden.
Allerdings müssen auch die größten Mückenfans zugeben, dass andere Insekten für die Bestäubung bedeutsamer sind – und dass Vögel und Fledermäuse ihren Essensplan wohl einfach umstellen würden, wenn es bestimmte Stechmücken nicht mehr gäbe. Trotzdem: Genau kann niemand vorhersagen, was passiert, wenn Arten plötzlich fehlen. Nicht zuletzt machen sich Umweltschutzorganisationen Sorgen, weil man die Mücken mit Gentechnik zurückdrängen will. Sie finden es riskant, das Erbgut von Tieren zu verändern und diese dann einfach in die Natur zu entlassen.
Denn niemand weiß mit Sicherheit, was das für unerwünschte Folgen haben könnte. Überhaupt: Wir leben in einer Zeit, in der immer mehr Tiere bedroht sind. Der Mensch sollte sich deshalb nicht anmaßen, absichtlich noch mehr Arten auszulöschen.