Einmal einen Proficlub trainieren? Nach Afrika auswandern? Klar, warum nicht! Für Martin Grelics (29) aus Rott war die Entscheidung einfach. Als ihm das FELS Project anbot, als Profi-Fußballtrainer nach Tansania zu gehen sagte er zu. FELS steht für "Football, Education, Life Skills" (auf Deutsch "Fußball, Bildung, Lebenskompetenzen") und ist ein Entwicklungsprojekt, das Jugendlichen in Tansania wieder eine Perspektive geben möchte.
GEOlino.de hat mit Martin zwei Tage vor seinem Abflug nach Afrika gesprochen.
In wenigen Tagen brichst du auf in ein neues Leben. Sind die Koffer schon gepackt? Wie viel Kilo nimmst du mit?
Nein, die Koffer sind noch nicht gepackt. Zwei Koffer müssen reichen, denn ich kann 46 Kilogramm mitnehmen. Aber so richtig realisiert habe ich das noch gar nicht - für mich ist momentan noch unvorstellbar, dass ich in wenigen Tagen nach Afrika auswandern werde. (lacht)
Wie bist du auf die Idee gekommen, nach Tansania auszuwandern?
In einem Internetportal fand ich eine Anzeige vom FELS Project, mit der nach einem Fußballtrainer mit einer DFB A Lizenz gesucht wurde. Nach einigen Gesprächen mit FELS war mir schnell klar, dass ich es machen werde. Das war eine einfache, absolute Herzensentscheidung! Denn aus finanziellen Gründen mache es das nicht. Mich hat die Vorstellung schon immer gereizt im Ausland zu arbeiten. Außerdem gibt es natürlich auch den sportlichen Reiz, der mich nach Tansania lockt.
Was hat die Entscheidung so leicht gemacht? Warst du schon einmal in Tansania oder in Afrika?
Ich war noch nie auf dem afrikanischen Kontinent. Das wird absolutes Neuland für mich. Ich habe zwar schon mit vielen Menschen gesprochen, die bereits in Afrika waren. Aber wie das Leben in Tansania wirklich sein wird, werde ich erst sehen, wenn ich vor Ort bin.
Wie haben deine Familie und Freunde auf dieses Vorhaben reagiert?
Alle waren erstmal ziemlich erstaunt! (lacht) Sofort kamen Fragen wie "Was machst du denn da?". Aber jetzt stehen alle total hinter meiner Entscheidung. Egal ob Freude oder Familie. Da ich keine Frau und Kinder hier in Deutschland habe, fiel mir die Entscheidung natürlich auch einfacher.
Gehst du mit dem Herzen eines Fußballtrainers oder eines Entwicklungshelfers nach Tansania?
Ganz klar mit dem Herzen eines Fußballtrainers! Ich würde mich auch nicht als Entwicklungshelfer bezeichnen. Bestimmt werde ich mit meiner Arbeit vor Ort für eine Entwicklung sorgen, aber ich möchte die Leute vor allem für den Fußball begeistern. Denn ich möchte ihnen Lebensfreude geben, die für viele Menschen in Tansania nicht selbstverständlich ist.
Wie lange wirst du in Tansania bleiben? Bis wann läuft dein Vertrag als Profi-Fußballtrainer?
Mein Vertrag läuft zunächst für eine Saison, also bis Mai 2016. Dann plane ich, wieder nach Deutschland zurückzukehren. Aber ich möchte nichts ausschließen - wenn es mir dort gut gefällt, bleibe ich vielleicht auch länger.
Was erhoffst du dir durch deine Mitarbeit beim FELS Projekt?
Ich war in Deutschland bisher immer Amateurtrainer. In Afrika bietet sich mir die Chance, als Profi-Trainer zu arbeiten und mich selbst auch weiterzuentwickeln. Denn in Tansania werden wir jeden Tag trainieren und ich kann dort wirklich etwas bewegen. Vor Ort möchte ich vor allem eine Struktur in den Fußball bringen.
Wie wirst du dich verständigen? Kannst du Swahili?
Nein, Swahili habe ich nicht gelernt. (lacht) Die meisten Menschen in dem Ort sprechen aber tatsächlich Swahili. Meine Spieler sprechen zum Glück aber auch alle Englisch. Mein Co-Trainer ist selbst Afrikaner, der dann bei Schwierigkeiten zur Not auch übersetzen kann.

Was, glaubst du, werden die größten Unterschiede zu deiner Arbeit in Deutschland sein?
Fußballerisch gesehen wird sich wegen der Temperaturen natürlich einiges verändern: Wir werden bereits um 7 Uhr morgens anfangen zu trainieren und manchmal ein zweites Mal um 16 Uhr nachmittags. Denn am restlichen Tag ist es einfach viel zu heiß, um Fußball zu spielen.
Zudem haben die Menschen in Tansania einen ganz anderen Lebensstil, an den ich mich als Deutscher bestimmt erst einmal gewöhnen werden muss. Denn diesen möchte ich natürlich mit meiner Arbeit nicht komplett aufbrechen oder verändern.
Bleibt dir denn auch Zeit, das Land anzuschauen oder wirst du rund um die Uhr arbeiten?
Hauptsächlich bin ich natürlich für meine Arbeit als Fußballtrainer in Tansania. Aber es wird einige Wochen in der Winterpause geben, in denen ich mir das Land anschauen kann. Ich möchte gern nach Sansibar reisen und mir die Serengeti anschauen - und der Kilimanjaro ist auch ein Ziel von mir!
Dazu muss ich sagen, dass ich natürlich auch während meiner Arbeit viel durch Afrika reisen und eine Menge sehen werde. Zu den Fußballspielen fahren wir ausschließlich mit dem Mannschaftsbus - die längste Reise wird zwei Tage dauern! Aber ich freue mich drauf: Vom Bus aus sieht man viel mehr als aus dem Flieger.
Wo und wie wirst du in Mwanza wohnen?
Ich werde zusammen mit den Mitarbeitern des FELS Projects wohnen. Dazu mieten wir ein Haus in der Stadt. Insgesamt sind wir neun Leute, also eine große Wohngemeinschaft. Mit einem Kollegen werde ich mir dann auch ein Zimmer teilen. Das wird sicher eine Umstellung! Mit dem Luxus eines Profi-Trainers in Europa ist es nicht vergleichbar.
Nun geht es für dich bald los! Welche zwei Gegenstände von Zuhause müssen auf jeden Fall mit in deinen Koffer nach Afrika?
Auf jeden Fall werde ich ein Buch mitnehmen, das mich schon mein ganzes Leben begleitet: "Der Alchimist" von Paolo Coelho. Und auch ganz wichtig ist meine Kamera! Denn ich möchte natürlich die ganzen Erlebnisse festhalten. Außerdem werde ich mit meiner Kamera auch arbeiten, um zum Beispiel Videoanalysen beim Fußballtraining machen zu können.
Vielen Dank für das Interview. Wir wünschen einen guten Flug und einen tollen Start in Tansania!
Mittlerweile ist Martin gut in Tansania angekommen. Erste Bilder aus Mwanza könnt ihr euch in dieser Fotostrecke anschauen!
Über das FELS Project
FELS (Football, Education, Life Skills) fördert etwa 400 Kinder und Jugendliche in Mwanza, Tansania. Fußballtraining gehört ebenso zum Programm wie die tägliche Betreuung bei den Hausaufgaben und der wöchentliche Englischunterricht.
Das Projekt nutzt den Fußball, um den Kinder und Jugendlichen eine Perspektive geben zu können. So soll der hohen Arbeitslosigkeit entgegengewirkt und die Lebenssituation für die Menschen in Mwanza verbessert werden. Wenn ihr mehr über das Projekt erfahren wollt, schaut doch mal auf die Internetseite von FELS!