Panamakanal: Die größte Abkürzung der Welt

Der Panamakanal von oben
© Shutter Stock
Seit 110 Jahren nutzen Ozeanriesen den Panamakanal als Abkürzung vom Atlantik in den Pazifik – und umgekehrt. Bis heute zählt der Kanal zu den größten und waghalsigsten Bauprojekten der Welt. Aus guten Gründen …

Bloß nicht anecken!

Es ist, als würde sich ein Elefant durch einen Hausflur quetschen: Wenn ein Containerschiff in die Schleusen des Panamakanals einfährt, bleibt ihm extrem wenig Platz. Lokomotiven auf beiden Seiten ziehen das Schiff zwischen die Betonwände. Ein nervenaufreibendes Manöver. Aber es lohnt sich!

Rund 80 Kilometer lang ist der Panamakanal, er verbindet den atlantischen Ozean mit dem pazifischen Ozean. Ohne ihn müssten Schiffe um die Spitze Südamerikas herumschippern, vorbei am gefährlichen Kap Hoorn – ein Umweg von 15 000 Kilometern! Bis zu drei Wochen müssten sie dafür einplanen. Die Fahrt durch den Panamakanal dauert gerade einmal acht bis zehn Stunden. Bananen aus Ecuador oder Äpfel aus Chile kommen so viel schneller bei uns im Supermarkt an.

Pro Jahr nutzen rund 14 000 Schiffe die Abkürzung. Der Panamakanal gehört damit zu den bedeutendsten Handelswegen der Welt. Sein Bau verschlang Millionen – und war für die Arbeiter extrem beschwerlich ...

Die Hölle von Panama

„Nirgendwo auf der Welt regnet es so viel wie hier. Es regnet so oft, dass mir – ich schwöre – der Hut auf dem Kopf schimmelt!“, schreibt im Jahr 1905 einer der Ingenieure, der beim Bau des Panamakanals mithilft. Wie er schuften Zehntausende Männer auf der Baustelle mitten im Dschungel.

„Die Hölle von Panama“ wird die Gegend auch genannt, wegen der klebrigen Hitze, der tiefen Sümpfe und Millionen von Stechmücken. Der französische Geschäftsmann Ferdinand de Lesseps versucht ab 1881 als Erster, sie zu bezwingen. Er will den Kanal ohne Schleusen auf Höhe des Meeresspiegels graben. Dafür muss er buchstäblich Berge versetzen: die Kordilleren. Mit Baggern und Dynamit sollen Arbeiter eine Fahrrinne durch das schroffe Gebirge bahnen. Doch immer wieder rutschen Erdmassen von den Hängen ab und schütten den gerade ausgehobenen Kanal erneut zu. Etwa 22 000 Arbeiter sterben, vor allem an den Tropenkrankheiten Gelbfieber und Malaria. Als das Bauunternehmen 1888 pleitegeht, nimmt der Schrecken ein Ende – vorerst.

1904 übernehmen US-Amerikaner die Baustelle, Bauleiter wird bald ein cleverer Mann namens John Stevens. Er beschließt, den Fluss Rio Chagres mit einer Mauer aufzustauen. So entsteht der damals größte künstliche See der Welt, der Gatún-See. Dessen Wasseroberfläche liegt nun 26 Meter höher als das Meer, und die Arbeiter müssen sich weniger tief durchs Gebirge wühlen. Um die Schiffe auf diese Höhe anzuheben, lässt Stevens gigantische Schleusen konstruieren. Der Bau geht zügig voran. Und am 15. August 1914 ist es schließlich so weit: Der erste Dampfer passiert den Panamakanal.

Panamakanal: Die größte Abkürzung der Welt
© Shutter Stock

Engstelle für Dickschiffe

Februar 2012. Nur wenige Meter vom Panamakanal entfernt klafft ein gigantisches Loch im Boden, Hunderte Meter lang und so tief, dass man ein Mehrfamilienhaus darin versenken könnte. Selbst die tonnenschweren Kipplaster, die unentwegt Erde fortkarren, wirken darin wie Spielzeugautos. Der Kanal gehört wieder zu den größten Baustellen der Welt.

Bereits 50 Jahre nach der Eröffnung des alten Kanals hatte sich abgezeichnet, dass dieser zu klein werden würde. 2011 passte fast jedes fünfte Containerschiff nicht mehr hindurch. Zudem schipperten immer mehr von den Schiffen Waren um die Welt, weshalb die Ozeanriesen vor den Schleusen oft tagelang im Stau standen. Die panamaische Regierung hatte deshalb beschlossen, die Fahrrinne des Kanals zu verbreitern und zu vertiefen. Außerdem ließ sie ab 2007 zwei neue, größere Schleusen bauen. Umgerechnet mehr als vier Milliarden Euro kostete die Erweiterung, 39 000 Menschen waren daran beteiligt. Aus dem Stahl, der in den neuen Schleusenkammern steckt, ließen sich 30 Eiffeltürme errichten. Mit 427 Meter Länge und 55 Meter Breite sind sie groß genug für Schiffe mit 14 000 Containern.

Nach dem Umbau konnte auf dem Kanal die doppelte Menge an Gütern transportiert werden – bis zum Sommer 2023. Seitdem trocknet eine Dürre den Gatún-See aus, mit dessen Wasser die neuen Schleusen eigentlich gefüllt werden. Weil das nun fehlt, passierten Ende des Jahres täglich nur noch 18 Schiffe den Panamakanal. Und vor ihm bilden sich wieder laaange Staus …