Immer wieder hatten die Orcas in der Antarktis diese verflixte Eisscholle umkreist, auf die sich eine Robbe geflüchtet hatte. Wie schnappen sie sich nun den Leckerbissen? Warten, bis die Robbe herunterkommt? Das konnte ewig dauern. Die Scholle umkippen oder zerbrechen? Dazu war sie zu groß. Schließlich versuchten es die Wale mit einem Trick: Einzelne Tiere schwammen auf die Scholle zu, um eine Welle zu erzeugen. Tatsächlich schwappte die über das Eis und spülte die Robbe in Richtung Rand.
Nah und immer näher an die Kante heran. Doch noch konnte sich die Robbe oben halten. Bis die Orcas ihre Technik verbesserten: Auf das Kommando eines Orcas schossen gleich vier nebeneinander darauf zu - wie eine Wand aus Körpern. Dadurch wurde die Welle so riesig, dass sie die Robbe wie einen Wasserball von der Scholle schubste.
Große Schwertwale, wie die Orcas wegen ihrer mächtigen Rückenflosse auch genannt werden, bekommen eben fast immer, was sie wollen. Forscher sind oft verblüfft, wie einfallsreich die bis zu neun Meter langen und neun Tonnen schweren Kraftpakete ihre Beute jagen:
Jagdtechnik 1: Der Karateschlag
Die Technik, um Haie zu erlegen, besteht aus zwei Teilen: Erst schwimmt der Orca unter den Hai und schlägt mit der Schwanzflosse, um einen Wirbel zu erzeugen. Dieser treibt den Hai an die Wasseroberfläche. Dort bekommt das Opfer einen Hieb auf den Körper, der ihn betäubt und wehrlos macht.
Jagdtechnik 2: Die Welle machen
Wale in der Antarktis wenden diese Technik an, um Robben oder Pinguine zu schnappen, die sich auf eine Eisscholle geflüchtet haben. Auf das Kommando eines Orcas schwimmen andere Tiere der Gruppe nebeneinander auf das Eisstück zu. Sie erzeugen eine große Welle, welche die Robbe herunterspült. Auf der anderen Seite wartet schon ein weiterer Wal des Teams, um die Beute zu schnappen, ehe sie flüchten kann.
Jagdtechnik 3: Den Köder auslegen
Orcas in Gefangenschaft haben sich einen ganz neuen Trick einfallen lassen: Der Schwertwal lässt Fischstücke auf dem Wasser treiben und wartet ruhig unter der Oberfläche. Sobald ein Vogel landet, um den Leckerbissen zu holen, schnappt er zu.
Jagdtechnik 4: Die eigene Ausdauer nutzen
Blauflossen-Thunfische können Orcas nicht mit einem direkten Angriff schnappen. Sie sind zu schnell und wendig. Die Wale hetzen sie deshalb erst in der Gruppe vor sich her, bis die Flitzer nach einer halben Stunde am Ende ihrer Kräfte sind.
Jagdtechnik 5: Eine Sackgasse bilden
Diesen Trick wenden Schwertwale in Argentinien gern an, um Robben zu erlegen. Dabei treiben die Räuber ihre Beute auf das flache Ufer zu, wo sie nicht nach unten entwischen kann. Wenn die Robbe an Land fliehen will, wird sie in der Brandung durch das zurückfließende Wasser einen Moment lang aufgehalten. Das reicht dem Wal, um die Robbe zu schnappen. Für diesen Trick braucht es viel Übung – sonst strandet der Jäger am Ufer und verendet dort.
Jagdtechnik 6: Wale tunken
In der Gruppe können die großen Schwertwale sogar weit größere Grau- oder Blauwale erlegen. Erst wird ein Tier von seiner Gruppe getrennt, dann schwimmen die Jäger abwechselnd über ihre Beute und drücken sie so lange unter Wasser, bis sie ertrinkt.
Jagdtechnik 7: Ein Fischkarussell in Gang setzen
Orcas lieben Heringe. Das Problem: In großen Schwärmen schießen die Fische so schnell durcheinander, dass die Jäger einzelne nicht schnappen können. Die Wale trennen deshalb erst einen Teil des Schwarms ab und treiben ihn an die Oberfläche, wo er nicht fliehen kann.
Dann umkreisen sie die Beute und treiben die Fische noch enger zusammen. Schließlich schlägt ein Wal mit der Schwanzflosse in das Fischpaket hinein. Die getroffenen Tiere sinken betäubt nach unten, wo andere Orcas sie auflesen.