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Zirkus Ubuntu: Akrobaten zeigen euch ihre Tricks

Wie lernt man Handstand, mit Keulen zu jonglieren oder auf dem Einrad zu fahren? GEOlino hat den Akrobaten von Zirkus Ubuntu kurz vor ihrer Tournee beim Training zugeschaut

Inhaltsverzeichnis

Das Rampenlicht war längst erloschen. Nur wenige Notleuchten erhellten noch blassgelb das Zirkuszelt. Männer in roten Overalls fegten bereits das Manegenparkett, andere pickten den Müll aus den Gängen zwischen den Holzbänken. Nur Lonne saß noch dort. Reglos fast, mit feuchten Händen und glänzenden Augen. "Die Zirkuskinder sahen so glücklich aus", sagte die damals Neunjährige zu ihren Eltern. "Ich will da auch mitmachen."

Drei Jahre später hat Lonne wieder feuchte Hände. Ihr Gesicht glänzt, Schweiß perlt ihre Schläfen hinab. Ein ums andere Mal wirbelt sie ihre Beine und die hüftlangen, blonden Zöpfe durch die Turnhalle. Die Radwende für die Artistiknummer will nicht so recht gelingen. Nie landet sie im festen Stand. Darum läuft sie abermals an. Denn Lonne macht mit! Es ist bereits ihre zweite Saison beim Kinderzirkus "Ubuntu".

Lonne sagt: "Ich bin echt glücklich." Wobei das Mädchen aus der Nähe von Kiel in den vergangenen Monaten gelernt hat, dass Zirkus von außen und Zirkus von innen so ganz verschieden sind. "Alles, was damals von den Zuschauerbänken so leicht aussah, ist harte Arbeit", erzählt Lonne und ist schon wieder auf dem Sprung - durch die Turnhalle von Horst.

Kristins Kunststück: Einrad fahren
Kristins Kunststück: Einrad fahren
© Jesco Denzel

Im Ubuntu Hauptquartier

Das Städtchen, nordwestlich von Hamburg gelegen und von Feldern und grasendem Vieh umgeben, ist das Hauptquartier des Zirkusprojektes. Seit Januar treffen sich wieder Kinder aus ganz Norddeutschland hier, um das neue Programm einzustudieren. Und zwar an jedem Wochen­ende!

Fehlen dürfe man nur, sagen sie, wenn die Oma den 103. Geburtstag feiere. Also: niemals! Jene, die das Auswahlverfahren durchlaufen haben, versichern ihre Verlässlichkeit sogar in einem Vertrag.

Ankes Kunststück: Seiltanz
Ankes Kunststück: Seiltanz
© Jesco Denzel

Zaubertrick "Zusammenhalt"

Freds Kunststück: Diabolo spielen
Freds Kunststück: Diabolo spielen
© Jesco Denzel

"Schließlich könnten wir nie unsere großen Menschenpyramiden ein­üben, wenn immer welche fehlten", erklärt Anke, die mit ihren 17 Jahren bei Ubuntu eine "Große" ist. Und in diesen Tagen ist ohnehin jeder gefragt. Erstmals in der Saison wollen die 53 Jungen und Mädchen mit ihren erwachsenen Begleitern das riesige Zelt auf die Wiese stellen.

In Handarbeit! Ob sie dabei Zaubertricks anwenden müssen? Lonne lächelt verschmitzt: "Wenn alle anpacken, ist man so viel stärker als sonst", sagt sie und geht in Richtung Materialwagen.

Licht aus um 21 Uhr!

Um Punkt 21 Uhr ist auf dem Zirkusgelände von Ubuntu Schlafenszeit - was der 15-Jährige Nico anfangs "für den größten Quatsch auf diesem Planeten" hielt. Mittlerweile jedoch findet er es wichtig, fit zu sein.

Wohnen im Bauwagen

"Bei Partnerübungen baut ja der Obermann voll auf mich. Wenn ich penne, während der Handstand auf meinen Fußsohlen macht, wäre das schon blöd," sagt Nico. Er geht seit einem knappen Jahr auf die Zirkusschule von Ubuntu und wohnt dort mit zwölf Anderen in Bauwagen.

Sein blau-weißer ist der ordentlichste. Die­se Zirkusschüler, die mindestens ein ganzes Jahr in Horst leben, kommen, weil sie Lust auf alltägliches Artistenleben verspüren. Oder weil der Alltag für sie zum Drahtseilakt geworden ist und sie nicht mehr klarkommen.

Nico erzählt nur, dass er Stress mit Mitschülern und seiner Familie hatte, als ihn Betreuer auf Ubuntu hinwiesen. Er ließ sich darauf ein - und fand es zu Beginn schrecklich. Denn seither reihen sich seine Termine aneinander wie die Nummern in der Manege: Aufstehen, Frühstück, Tagebuch schreiben, Schule, Zirkustraining, kurze Pause. Am Nachmittag arbeitet er in der Werkstatt mit, danach trainiert Nico wieder.

Charlottes Kunststück: Handstand
Charlottes Kunststück: Handstand
© Jesco Denzel

Viele versteckte Talente

Nicos Kunststück: Keulen werfen
Nicos Kunststück: Keulen werfen
© Jesco Denzel

Bis zum Jahreswechsel trainieren die Zirkusschüler unter sich. Dann, ab Januar, kommen die anderen Jungen und Mädchen hinzu. Manche setzen sich Samstag früh um halb sieben in den Zug nach Horst und reisen Sonntag spät wieder heim. Trotzdem gibt so gut wie nie jemand auf.

Die Mädchen und Jungen wissen einfach, dass bei Ubuntu jeder wichtig ist. Denn in ihrem Zirkus gibt es nicht den einen Star in der Manege. Nico gehört zu den besten Seiltänzern und beherrscht das Jonglieren mit Keulen, wie kaum ein Anderer. Jack dagegen ist der Einzige, der den Vor- und Rückwärtssalto beherrscht.

Fred ist der Diabolokönig der Gruppe: Wie von Geisterhand lässt er den Gummikreisel zwischen zwei Stöcken rasen, wirft ihn hoch in die Zirkuskuppel, strafft die Schnur und fängt ihn - zack! - wieder auf. Und die sonst so ruhige Carolin bringt echtes Clownstalent zum Vorschein. Jeder zeigt eben, was er kann. Das macht so glücklich und zufrieden - nicht zuletzt die Zuschauer, die sich nach der Vorstellung meist die Finger wund klatschen.

Reise in einer Rakete

Das Programm dieses Sommers heißt übrigens "Sternen-Klänge" - eine traumhafte Reise mit einer Rakete, in der sie alle auftauchen: die Seiltänzer, Einradfahrer und Jongleure, die Artisten mit ihren Salti und Radwenden. Eine Lieblingsnummer hat Lonne übrigens nicht. Aber sie freue sich stets darauf, nach dem Finale durch den Vorhang zu spähen und zu sehen, wem sie diesmal den Glanz in die Augen gezaubert hat.

Der Zirkus kommt!

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