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Erfinderpersönlichkeit im Interview James Watt: "Eine technische Revolution wurde ausgelöst!"

Erfinderpersönlichkeit im Interview: James Watt (1736-1819) war ein schottischer Ingenieur und Maschinenbauer
James Watt (1736-1819) war ein schottischer Ingenieur und Maschinenbauer
© picture alliance/Mary Evans Picture Library
Es hat nie stattgefunden - und wäre doch so denkbar gewesen: ein Gespräch mit James Watt! Der berühmte Erfinder ersann eine ganze Menge, doch sein Leben drehte sich um eine einzige Maschine - die Dampfmaschine. Wir haben James Watt, dessen Todestag sich 2019 zum 200. Mal jährt, auf einen fiktiven Kaffee getroffen

Man sagt, dass Sie besessen waren, eine Technologie zu verbessern, die es eigentlich schon gab. Weshalb?

James Watt: Schon als kleiner Junge war ich interessiert, geradezu fasziniert, die Natur mit physikalischen Formeln zu erklären. Mein Wissen daraus wollte ich unbedingt anwenden. Zum Beispiel, um Apparaturen für die Seefahrt zu entwickeln oder zu verbessern. Und dann gab es da dieses unvollendete Ungetüm von Thomas Newcomen. Es hatte viel zu wenig Kraft, um die Kohle aus den Gruben zu befördern...

Dazu kommen wir gleich. Vorher noch eine private Frage: Wie gefiel es Ihrer Familie, dass Sie die Nase so sehr in die Bücher steckten?

James Watt: Zunächst hatte meine Familie wenig dafür übrig, dass ich mich kaum an den Arbeiten auf dem Feld und im Haus beteiligte - stattdessen vergrub ich mich in Literatur und lauschte dem strengen Physiklehrer! Bald aber erkannten meine Eltern meine Neigung zur Welt der Instrumente und Apparate. Mein Vater, er betrieb einen Laden und eine Werkstatt für Navigationsinstrumente, hat mich in meiner Lehrzeit unterstützt, wo er konnte.

Wie haben Sie die Lehrjahre erlebt?

James Watt: Das war eine einsame Zeit mit wenig Geld. Großbritannien hatte durch den Siebenjährigen Krieg gerade die nordamerikanischen und indischen Kolonien von Frankreich übernommen, doch das hat mich wenig interessiert. Auf meinem Spezialgebiet habe ich furchtbar schnell gelernt, nichts hat mich mehr gefesselt als die feinen mechanischen Apparaturen. Als man mir eine Arbeit an der Universität Glasgow anbot, war ich so glücklich! Fortan habe ich dort als Mechaniker Vorführapparate für Studenten, zum Beispiel Kompasse, repariert.

Und dort an der Uni Glasgow...

James Watt: ... Ja (bekommt große Augen)! Es war im tiefsten Winter, da bekam ich eines Tages ein kaputtes Modell dieser einfachen Dampfmaschine von Thomas Newcomen vorgesetzt, um es zu reparieren. Doch die Maschine ließ mich nicht los - unbedingt wollte ich sie verbessern, wollte sie effektiver und leistungsfähiger machen. Das hat mich gefesselt und nicht mehr losgelassen - ich tüftelte und forschte oft sogar nachts, bis...

Langsam, der Reihe nach. Es sollte doch noch mehr als zwei Jahre dauern, bis Sie eine Lösung fanden.

James Watt: Genau, ausgerechnet auf einem Sonntagsspaziergang erlebte ich den spannendsten und wohl wichtigsten Moment meiner Laufbahn. Immer noch kreisten all meine Gedanken wie verrückt darum - und im Park flog mir die entscheidende Idee zu! Ich musste das Newcomen'sche Modell komplett umkrempeln: Seine Maschine nämlich verlor jede Menge Energie in Form von Wärme, weil der Dampf immer wieder durch den kalten Zylinder abgekühlt wurde. Nun hatte ich die Lösung: Ein kaltes Gefäß außerhalb des Zylinders. Hier verflüssigt sich der Dampf schneller, der Zylinder jedoch bleibt heiß und die Maschine kann doppelt so schnell laufen.

Wenig später keimte in Frankreich die Französische Revolution und in England setzte die Industrialisierung im Textilwesen ein. Baumwolle wurde massenhaft zu Kleidung verarbeitet - und plötzlich brauchte man den Dampfantrieb nicht mehr nur im Kohlebergbau.

James Watt: Ja, überall hielt die "Spinning Jenny" Einzug, diese neue mechanische Spinnmaschine. Aber sie musste immer noch von Muskelkraft betrieben werden. Mein Partner Boulton und ich sahen großartige Möglichkeiten. Wir wollten das Prinzip der Dampfmaschine als Kraftquelle auch auf die Spinnmaschine übertragen. Dazu mussten sich die Kolben allerdings nicht nur auf und ab, sondern auch kreisend bewegen können. Boulton meinte, ich soll mir doch einfach einmal etwas einfallen lassen (lacht)! Herausgekommen ist das sogenannte Planetengetriebe. Fortan war die Dampfmaschine überall einsetzbar. Nun hatten wir wirklich den Durchbruch geschafft!

Sie haben wirklich Ihr ganzes Leben lang getüftelt, ersonnen und an neuen Instrumenten geforscht. Was war denn Ihre beste Erfindung?

James Watt: Dieses Extragefäß in der Dampfmaschine, der sogenannte separate Kondensator, von dem ich vorhin sprach. Dadurch verbesserte sich die Leistung entscheidend. Obwohl ich mich nicht selbst rühmen möchte, aber heute weiß ich: Die veränderte Wirkweise der Dampfmaschine hat eine technische Revolution ausgelöst. Und als ich endlich ein Patent darauf bekam, musste ich nicht mehr fürchten, dass Spione mir meine Idee wegnehmen würden.

Und Ihre zweitbeste Erfindung?

James Watt: Oh, da gibt es Einiges (lächelt), zunächst etwas, das mich stolzer macht als irgendeine andere Erfindung von mir: Die Parallelbewegung. Damit kann der Zylinder der Dampfmaschine nicht nur abwärts, sondern auch aufwärts angetrieben werden - und die Maschine arbeitet doppelt so kraftvoll. Und, wenn man das eine Erfindung nennt, würde ich noch die physikalische Einheit Pferdestärke anbringen, denn sie veranschaulicht die Leistung meiner Maschine. Ich könnte mir vorstellen, dass diese Einheit irgendwann einmal auch für andere Maschinen, Instrumente oder - in ferner Zukunft - sogar für künstliche Lichtquellen verwendet wird und meinen Namen trägt - aber das dauert sicher noch eine Weile (lacht).

Wie glauben Sie, wird die Welt in 200 Jahren aussehen?

James Watt: Viele Menschen können sich den Luxus des Adels leisten, weil alle Dinge günstig und in Serie hergestellt werden. Es muss niemand mehr sterben, weil bei der Kohleförderung wegen zu schwacher Maschinen immer wieder Wassermassen in die Gruben strömen. Und vielleicht werden die Menschen ihre Häuser an Weihnachten nicht mehr nur mit Kerzen, sondern mit neuartigen, künstlichen Lichtquellen erleuchten, für deren Leistung sie dann wirklich meine neue Einheit verwenden (schmunzelt).

James Watt - wir bedanken uns für das Interview!

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