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7.1.04 - Am Anfang verlief alles nach Plan: Termingerecht trennte sich das europäische Landegerät "Beagle 2" von seinem Mutterschiff "Mars Express". Am 25. Dezember 2003, pünktlich um 3.45 Uhr, sollte es auf dem Mars landen. Doch kaum hatte sich das nur autoreifengroße Gerät abgekoppelt, riss der Funkverkehr zur Bodenstation ab. Seither versucht die europäische Weltraumbehörde ESA von Darmstadt aus den Kontakt zu "Beagle 2" wiederherzustellen. Bislang vergebens. Nach einer 205-tägigen Reise durch den Weltraum, 400 Millionen Kilometer weit, ist "Beagle 2" spurlos verschwunden. Die 300 Millionen Euro teure Mission droht zu scheitern.
Alle wollen die Fotos sehen
Große Freude hingegen bei der amerikanischen NASA. Deren Forschungsgerät "Rover Spirit" konnte ohne Panne am 3. Januar 2004 auf dem Mars aufsetzen und sendet seither Daten, die von NASA-Experten zu aufsehenerregenden Panorama-Ansichten umgewandelt werden. Seit die beiden ersten Farbfotos im Netz zu besichtigen sind, droht die NASA-Website unter der Traffic-Last zusammenzubrechen: In nur drei Tagen verzeichneten die Internetseiten 916 Millionen Zugriffe!
Erste Rätsel
Kaum hat "Spirit" erste Ansichten von seinem Landeplatz zur Erde geschickt, sind die Fachleute bereits am Rätseln. Warum, zum Beispiel, haben die Airbags, die den Rover bei der Landung abfedern sollten, Dellen im Boden hinterlassen? Auf den Fotos sieht man sie deutlich. Ist die Mars-Oberfläche lehmhaltig, weil sie nachgibt wie Knetgummi? Und was sind das für Brocken rings um "Spirit" herum? Neben scharfkantigen Felsen erkennt man Klumpen, die bröselndem Schlamm ähneln. Doch weil es nach bisheriger Erkenntnis kein Wasser auf dem Mars gibt, dürfte dort eigentlich auch kein Matsch entstehen.
Wo Wasser ist, könnte Leben sein
Genau dies war das Hauptziel der europäischen Mars-Mission: "Beagle 2" sollte herausfinden, ob auf dem Mars nicht vielleicht doch Wasservorkommen existieren. Falls ja, wäre nämlich eine der Grundbedingungen für die Entstehung von Leben erfüllt. Und dann gäbe es eine kleine Chance, vielleicht doch noch, sozusagen, "Mars-Männchen" zu entdecken - und sei es auch nur in der Form von Kleinstlebewesen. Von allen Planeten in unserem Sonnensystem ist der Mars jener, dessen atmosphärische Bedingungen denen auf der Erde am ähnlichsten sind. Im Sommer steigen die Temperaturen auf 27 Grad Celsius. Im Winter sinken sie auf bis zu minus 100 Grad Celsius.
Das "Mutterschiff" sucht sein Kind
Bei der ESA in Darmstadt bangt man zur Zeit aber nicht um neue Erkenntnisse, sondern ob der 67 Kilo schwere "Beagle 2" überhaupt je wiedergefunden werden kann. Das Mutterschiff "Mars Express" wird den Roten Planeten zwei Jahre lang in einer Entfernung von etwa 10 000 Kilometern umkreisen, dem Mars dabei aber auch bis auf etwa 250 Kilometer nahe kommen. In solchen Momenten, meist nur wenigen Minuten, soll "Mars Express" versuchen, Funkkontakt zu seinem verlorenen "Baby" aufzubauen. Im schlimmsten Fall, so vermuten ESA-Experten, ist "Beagle 2" in einem tiefen Krater gelandet, wo er für Funkwellen unerreichbar wäre. In spätestens sechs Monaten würden alle Funktionen von "Beagle 2" erlöschen.
12 Meter Fahrt pro Woche
"Spirit" hingegen ist 12 Meter neben einem Krater gelandet, der auf den Fotos deutlich zu erkennen ist. Dessen Durchmesser beträgt neun Meter. "Sleepy Hollow" haben ihn die Amerikaner getauft, zu deutsch:"müde Mulde".In den nächsten Tagen soll der sechsrädrige Rover per Funkfernsteuerung dorthin gelenkt werden. Eine Woche will man sich für den 12 Meter weiten Weg Zeit lassen. "Wir haben keinen Mars-Führerschein", sagt der NASA-Wissenschaftler Steve Squyres, "und wollen es vorsichtig und ruhig angehen lassen." Ein Unfall wäre tatsächlich verheerend. Kein Pannendienst könnte "Spirit" auf dem Mars wieder flottmachen. 860 Millionen Dollar wären buchstäblich in den roten Sand gesetzt.