GEOlino: Frau Stoess, warum haben Sie es ausgerechnet auf Krabbeltiere wie Käfer abgesehen?
Julia Stoess: Weil gerade Käfer wunderschön sind mit ihren schillernden Farben und verrückten Formen! Außerdem sie sind so raffiniert gebaut. Und was sie alles können! Schon als Kind war ich davon fasziniert, habe sie stundenlang beobachtet.
Und wie wurden Sie zur Modellbauerin?
Ich bin eigentlich gelernte Kostümbildnerin, habe hobbymäßig Fantasie-Insekten gebaut und mir alle Techniken beigebracht. Später habe ich mich an wissenschaftlich exakte Modelle gewagt. Als ich gemerkt habe, dass es bei den Museen Bedarf gibt, habe ich meinen alten Job an den Nagel gehängt. Seitdem ernähre ich mich sozusagen von Ungeziefer.
Oft müssen Sie erfinderisch werden, weil es die Bauteile nicht einfach zu kaufen gibt…
Das stimmt. Ich gehe mit einem anderen Blick durch die Welt und sehe überall Käferstrukturen. Eine Avocado etwa erinnert mich an den Rücken eines Laufkäfers. Einmal habe ich beim Spazierengehen einen Mann mit Hund angesprochen und gefragt, ob ich mir ein bisschen Fell abschneiden darf. Die Haare hatten genau die richtige Struktur für mein Modell.
Sie sitzen manchmal wochenlang da und kleben Härchen für Härchen an. Woher nehmen Sie die Geduld?
Gute Frage! Manchmal wundere ich mich über mich selbst. Ich höre dabei Radio oder Hörbücher, und da gelingt es mir ganz gut, den Kopf auszuschalten.
Haben Sie schon einmal aus Versehen etwas kaputt gemacht?
Ja! Ich saß bis spätabends in der Werkstatt und wollte noch schnell was fertigmachen, war aber schon müde und unkonzentriert. Da habe ich den fast fertigen Käfer fallen gelassen. Ich habe noch einmal knapp zwei Wochen gebraucht, um ihn zu reparieren.
Was ging Ihnen da durch den Kopf?
Erst mal natürlich: "Sch****!" Aber lange rege ich mich nicht auf. Es hilft ja nichts.
Wie ist das mit echten Insekten: Hauen Sie einfach drauf, wenn eine Mücke Sie nervt?
Tatsächlich versuche ich das zu vermeiden. Ich weiß ja ganz genau, was ich kaputtmachen würde!