
Der kleine Mann mit der Glatze hat sich entschieden: Er will ein dunkelblaues Wohnzimmer. So eins hat er im Fernsehen gesehen. Malermeister Uwe Kappl lächelt angesichts solcher Wünsche tapfer. Dabei stellen sich ihm schon beim Gedanken an den blauen Raum die Nackenhaare auf. "Blau ist eine kühle Farbe, ein blaues Wohnzimmer wirkt deshalb oft ungemütlich", warnt er und schlägt warmes gelb oder orange vor. Keine Chance! Der Kunde träumt von einem Wohnzimmer, wie es die Helden seiner Lieblingsserie haben. Deshalb gibt Maler Kappl klein bei und tröstet sich mit dem Gedanken, dass man das blaue Zimmer ja auch wieder überstreichen kann. Wäre nicht das erste Mal, das ihm so etwas passiert.
Dem Papa geholfen
Seit über 20 Jahren arbeitet Uwe Kappl als Maler. Er ist in den Beruf hinein gewachsen. Schon sein Vater war Maler und Uwe besserte sich sein Taschengeld auf, indem er in Papas Firma aushalf. "Bestimmt hat auch Bequemlichkeit eine große Rolle gespielt, als ich mich dann nach dem Hauptschulabschluss entschieden habe, ebenfalls Maler zu werden", gibt Kappl heute zu. Bereut hat er es trotzdem nicht. Er mag seinen Beruf und war deshalb auch ein bisschen traurig darüber, dass er als Malermeister viele Jahre lang keinen Lehrling gefunden hat. Die Mädchen und Jungs wollten lieber etwas anderes machen. Der Ruf des Malerberufs war mies und technische Berufe wie Automechanikerin oder Elektriker versprachen mehr Spannung.
Mehr als nur Abkleben und Pinseln
"Völlig zu Unrecht", wie der Farbexperte findet. Malerinnen und Maler müssten schließlich viel mehr können als Abkleben und Pinseln. Zu ihren Aufgaben zählen sowohl das Entwerfen des Raumkonzepts als auch die Vorbereitung des Untergrunds und die Auswahl geeigneter Arbeitsmaterialien. Deshalb müssen die Lehrlinge nach Abschluss der dreijährigen Ausbildung zumindest Grundkenntnisse der physikalischen und chemischen Vorgänge bei Maler- und Lackiererarbeiten haben. Außerdem sollten sie sich mit Werkzeugen und Maschinen auskennen und wissen, wie man verschiedene Untergründe richtig behandelt. Dazu kommt dann noch das Entwerfen, Zeichnen, Malen und Kleben von Schriften und anderen Schmuckformen.
Handwerk und Stilberatung

Sonst noch was? Kappls Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen: "Klar!" Jeder Maler und jede Malerin sei gleichzeitig Stilberatung. Zum Job gehöre es, den Kundinnen und Kunden in Sachen Farbe unter die Arme zu greifen. Die Handwerkerinnen und Handwerker müssten erklären können, was hübsch aussieht und wovon die Kundinnen und Kunden besser die Finger lassen sollten. Ein wenig Gefühl für Formen und Farben sollte ein Lehrling deshalb mitbringen. Außerdem braucht er ein Näschen für Trends und muss sich darauf einstellen, beinahe jeden Tag mit neuen Menschen zu tun zu haben. "Ein guter Maler darf also nicht mundfaul sein", urteilt der Fachmann.
Die gute Nachricht: Perfekt müssen die Nachwuchsmalerinnen und -maler längst nicht sein. Meister Uwe Kappl weiß schließlich: "Das Allermeiste kann man lernen." Das gilt auch fürs Farben mischen. Im Laufe der Ausbildung kriegen die Lehrlinge schnell raus, dass ein schöner, kräftiger Farbton immer viele andere Farben enthält. Wer einen Rot-Ton nur mit Weiß heller machen möchte fällt auf die Nase, weil er kein helleres Rot bekommt, sondern Rosa.
Die Noten sind nicht alles
Bei der Auswahl seiner Lehrlinge ist dem Malermeister deshalb das Interesse für den Beruf wichtiger als gute Noten. Kappl stellt gerne Jugendliche mit Hauptschulabschluss ein. Pflicht ist der allerdings nicht. "Wenn einer das Zeug zur Malerin oder zum Maler hat, ist es mir egal, ob er in Mathe oder Deutsch schlecht ist", sagt er. Um herauszufinden, was die potentiellen Lehrlinge auf dem Kasten haben, lädt der Malermeister sie zu einem Praktikum ein. Innerhalb einer Woche können die Jungen und Mädchen dann in den Beruf hinein schnuppern, und ihr zukünftiger Chef hat die Gelegenheit, ihnen auf den Zahn zu fühlen. Steht einer nur in der Ecke herum und vergräbt die Hände in den Hosentaschen? Ganz schlecht! Maler Kappl braucht Mitarbeiter die anpacken können - und wollen.
Auch bei Schmuddelwetter draußen
Wer Malerin oder Maler werden möchte, sollte außerdem bedenken, dass nicht immer in wohlig warmen Wohnzimmern gepinselt wird. Im Gegenteil: Wenn Außenwände gestrichen werden sollen, müssen die Handwerkerinnen und Handwerker auch bei Schmuddelwetter raus. Klar, dass man sich dabei oft dreckig macht.
Staub und Schmutz machen den Malerinnen und Malern auch das Leben schwer, wenn's ans renovieren alter Häuser geht. Das Lächeln auf Kappls Gesicht verschwindet, wenn er von den vielen Tagen erzählt, die er in Altbauten damit verbracht hat, uralte Anstriche von der Wand zu kratzen. Die stammen oft noch aus dem vorletzten Jahrhundert und bestehen aus Leim- oder Kalkfarben. "Dabei holt sich selbst ein Fachmann Blasen an den Händen", sagt er. Besonders frustrierend sei es allerdings, wenn man tagelang in einem Zimmer arbeite, und der Raum zunächst schlimmer aussehe, als zu Beginn der Arbeiten. Hübsch werde es erst wieder, wenn der alte Wandbelag ganz verschwunden sei und die Handwerker die neuen Farben auftragen können.
Eigene Ideen umsetzen
Kein Wunder also, dass Uwe Kappl und seine Angestellten mehr Spaß an Aufgaben haben, bei denen sie ihre Ideen umsetzen können und innerhalb kurzer Zeit die ersten Ergebnisse sehen.

Das Wohnzimmer des Mannes mit der Glatze ist so ein Fall. Innerhalb von ein paar Stunden haben die Farbexperten es dunkelblau gestrichen. Ganz so, wie der Hausherr es haben wollte. Das Ergebnis: Durch die dunkle Farbe erscheint der Raum viel kleiner als vorher - irgendwie beklemmend. Außerdem wirkt der kühle Blau-Ton nicht gerade einladen. Der Auftraggeber guckt traurig aus der Wäsche. Nein, so hatte er es sich nicht vorgestellt. "Vielleicht doch ein freundliches Gelb", schlägt der Malermeister vor und macht sich auf den Weg, um die Mischfarben aus dem Auto zu holen. Gut, das man fast alles überstreichen kann!