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Beruf Polizist/in

Sabine Kerczynski weiß, dass die Welt nicht rosarot ist. Sie kennt Verbrecher und deren Opfer. Aber sie hat auch gelernt, dass es nicht nur Gut und Böse gibt, sondern jede Menge Dinge dazwischen. Sabine ist Polizistin aus Leidenschaft
Beruf: Selbstbewusst: Sabine Kerczynski vor ihrem Einsatzwagen
Selbstbewusst: Sabine Kerczynski vor ihrem Einsatzwagen
© Esther Gusewski

"Seit ich bei der Polizei bin, sehe ich viele Dinge anders als früher", sagt die 25-Jährige. Und hat auch eine Erklärung dafür: "Wir sind einfach überall. Und zu uns kommt der Obdachlose genauso wie der super Reiche dem gerade sein dickes Auto gestohlen wurde." Deshalb erleben Polizistinnen und Polizisten auch Dinge, die andere Menschen nie erleben. Sie helfen Kindern, die von ihren Eltern geschlagen wurden, fangen Diebe und schimpfen Menschen die zu schnell gefahren sind.

"Ich musste erst lernen damit umzugehen", gibt Sabine zu und schüttelt die braunen Wuschelhaare. "Was man sieht, lässt einen nicht kalt. Und die Eindrücke, die man sammelt, beeinflussen einen auch nach der Arbeit."

Für Recht und Gesetz interessiert

Polizistin war eigentlich nicht ihr Traumberuf. Weil sie sich aber schon immer für Recht und Gesetz interessierte, machte sie nach der Mittleren Reife eine Ausbildung zur Rechtsanwaltsgehilfin. "Das war ganz schlimm", erinnert sie sich heute und fügt hinzu: "Ich habe mich total unterfordert gefühlt."

Ein Freund von Sabine, der selbst bei der Polizei war, hatte dann die rettende Idee. "Polizistin wäre was für dich", riet er.

Die Voraussetzungen für Nachwuchspolizistinnen und -polizisten sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Wer sich überlegt zur Polizei zu gehen, sollte sich deshalb bei der Einstellungsberatung seiner Stadt melden. Dort weiß man am besten, welche Voraussetzungen die Bewerberinnen und Bewerber haben sollten.

Sabine hat genau das getan und hatte danach erst mal Bammel vor dem Aufnahmetest. Der besteht nicht nur aus Theorie und Praxisteil, die Bewerberinnen und Bewerber müssen auch beweisen, dass sie fit sind. Ausdauer und Kraft werden geprüft. Wer zu früh schlapp macht, hat keine Chance irgendwann in die grüne Uniform schlüpfen zu dürfen.

Manchmal ganz schön gefährlich

Beruf: "Die Papiere, bitte ... " - Verkehrskontrollen gehören zur täglichen Arbeit eines Polizisten
"Die Papiere, bitte ... " - Verkehrskontrollen gehören zur täglichen Arbeit eines Polizisten
© Esther Gusewski

Sabine übte fleißig und wurde prompt genommen. Ihre Eltern fanden das erst einmal gar nicht so toll. Vor allem ihre Mutter hatte Angst um Sabine, schließlich kann der Job bei der Polizei ganz schön gefährlich sein.

Das weiß auch die 25-Jährige. Sie hat es akzeptiert und ist froh, sich so entschieden zu haben. "Polizistin ist genau der richtige Beruf für mich", sagt sie und schwärmt von den vielen Menschen, denen sie begegnet, von der Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen und von der spannenden Aufgabe.

Die wichtigste Voraussetzung dafür? Die Polizistin muss nicht lange überlegen. "Wer zur Polizei will, braucht ein gesundes Rechtsempfinden", sagt sie. "Das bedeutet, dass man hinter dem stehen muss, was man durchsetzen möchte."

Zuerst Theorie, dann Praxis

Nach zweieinhalb Jahren Polizeischule, machte Sabine ihr erstes Praktikum. "Das war der Knackpunkt", sagt sie heute. "Alles war so, wie ich es mir vorgestellt habe."

Das klingt ein bisschen nach Fernsehen, ist aber ganz anders. Wenn Sabine die Serien-Kops sieht, muss sie schmunzeln. Das Leben der Fernsehpolizistinnen und -polizisten ist weit weg vom Alltag auf ihrer Wache. Zu diesem Alltag gehört für Sabine, dass sie die Hälfte ihrer Arbeitszeit damit verbringt, die Dinge, die sie auf Streife erlebt hat, zu Papier zu bringen. Sie tippt Protokolle und schreibt Anzeigen für den Staatsanwalt.

Anpacken, nicht verstecken

Kaum zu glauben, aber vor 35 Jahren hätte Sabine nicht Polizistin werden können. Die bayerische Polizei stellt nämlich erst seit 1990 Frauen ein.

Deshalb war Sabine auf ihrer ersten Wache auch die einzige Frau. Ein Problem war das nie. Im Gegenteil! "Viele ältere Kollegen haben mir gesagt, dass sich viel zum Positiven gewandelt hat, seit auch Frauen bei der Polizei sind."

Kein Wunder, schließlich haben die Männer schnell gemerkt, dass man auch als Frau seinen Mann stehen kann", sagt Sabine. Man müsse eben anpacken können und dürfe sich in brenzligen Situationen nicht verstecken.

Bei Festnahmen kann es schon mal turbulent zugehen. Nicht jeder Bösewicht kommt gerne mit den Polizistinnen und Polizisten. "Meist hilft dann reden", sagt Sabine, "aber manchmal geht es aber auch zur Sache." Selbstbewusstsein ist Pflicht, wenn man klare Ansagen macht, braucht man meist auch keine Gewalt.

Beruf: Lachen macht die Arbeit leichter
Lachen macht die Arbeit leichter
© Esther Gusewski

Ohne Angst geht nichts

Ein bisschen Angst ist trotzdem nicht schlecht. "Sie schärft die Sinne", sagt Sabine. "Wer keine Angst hat, ist bei der Polizei sicher falsch am Platz." Das Herzklopfen gehört dazu, wenn die Polizistin und ihre Kolleginnen und Kollegen nachts Einbruchhäuser durchsuchen. "Dann kann hinter jeder Ecke einer stehen, der dir Böses will", weiß die Gesetzeshüterin. Sie erinnert sich noch gut an die Nacht, als in der Schule eingebrochen wurde und sie den Dieb zu Fuß verfolgen musste. Es war stock dunkel und der Langfinger rannte ausgerechnet in den Wald.

Nach solchen Erlebnissen ist Sabine besonders froh, dass auch ihr Freund Polizist ist. Warum? Ganz einfach: "Er versteht mich ohne große Erklärungen" – auch dann, wenn sie die vielen Abkürzungen verwendet, die es bei der Polizei gibt.

Reden ist wichtig

Beruf: Auch Büroarbeiten, wie Protokolle schreiben, gehören zum Polizisten-Alltag
Auch Büroarbeiten, wie Protokolle schreiben, gehören zum Polizisten-Alltag
© Esther Gusewski

Wer Sabine liebt, muss auch Verständnis für ihre Arbeitszeiten haben. Auch der Schichtdienst gehört zu ihrem Leben. Wenn die Polizistin heute von 12 Uhr bis 20 Uhr arbeitet, ist sie morgen von 20 Uhr bis 6 Uhr an der Reihe und übermorgen von 6 Uhr bis 12 Uhr.

Sabine meint: "Das ist manchmal ganz schön anstrengend, vor allem weil man Tag und Nacht topfit sein muss."

Die Menschen auf der Straße erwarten viel von den Polizistinnen und Polizisten. Sabine weiß das und will sie nicht enttäuschen. Deshalb findet sie es wichtig, allen Menschen mit Respekt zu begegnen. "Viele sind das nicht gewöhnt", sagt sie. "Vor allem die, die am Rand der Gesellschaft stehen, werden oft nicht mit Samthandschuhen angefasst." Sie sind dankbar, wenn man freundlich auf sie zugeht und ihnen zuhört. Dann sagt Sabine einen der Sätze, die sie als Rechtsanwaltsgehilfin nicht gesagt hätte: "Man darf einen Menschen nicht in eine Schublade schubsen, nur weil er etwas angestellt hat."

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