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Körper Warum wir beim Kitzeln lachen müssen

Lachendes Mädchen
Kinder lachen häufiger als Erwachsene
© Uncleraf / Fotolia
Wer gekitzelt wird, lacht. Dabei findet das Zwicken und Kribbeln kaum einer wirklich lustig. Lest, warum wir trotzdem losprusten und wieso wir uns überhaupt killern

Shimpei Ishiyama bringt Ratten zum Lachen. Tatsächlich kitzelte der Wissenschaftler in seinem Labor an der Humboldt-Universität in Berlin den Tieren monatelang die pelzigen Bäuche, um ihre Reaktion zu beobachten. Und auf diese mussten er und sein Kollege Michael Brecht nicht lange warten.

Die Ratten setzten zu Luftsprüngen an und quiekten in den höchsten Tönen. So hoch war das Fiepen, dass Shimpei Ishiyama ein Spezialmikrofon nutzen musste, um es hörbar zu machen. Welch eine Lachsalve!

Platzierte er die Ratten jedoch auf einem Podest, richtete zwei Scheinwerfer auf sie und setzte die Tiere damit unter Stress, verging ihnen das Lachen schnell. Shimpei Ishiyama konnte kitzeln, so viel er wollte: In einer solch unangenehmen Situation machten sie keinen Mucks.

Kitzlig sein zum Selbstschutz

Auch wir Menschen müssen gute Laune haben und uns wohlfühlen, damit uns eine Kitzelattacke zum Lachen bringt. Einen Griesgram zu killern hat keinen Zweck. Und auch wenn wir uns selber kitzeln, verziehen wir keine Miene.

Schon in dem Moment, in dem wir entscheiden, mit den Fingerspitzen sachte über unseren Nacken zu streifen, gibt das Kleinhirn offenbar eine Entwarnung an den "somatosensorischen Cortex". Das ist die Hirnregion, in der Tastempfindungen verarbeitet werden und in der Forscher das Zentrum für Kitzligsein vermuten. "Keine Panik!", funkt das Kleinhirn also. "Das sind gleich nur die eigenen Hände. Davon geht keine Gefahr aus."

Schließlich sind wir kitzlig, um uns selbst zu schützen. Spüren wir ein Kribbeln auf der Haut, weil zum Beispiel ein Insekt darauf herumkrabbelt, versuchen wir sofort, es zu verscheuchen. "Knismesis" nennen Wissenschaftler diese Art des Kitzligseins. Das Wort stammt aus dem Griechischen: knizein bedeutet kratzen, reizen.

Von "Gargalesis" sprechen Experten hingegen, wenn sie das spielerische Zwicken und Piksen meinen, das wir aus Spaß machen – und bei dem wir uns bisweilen vor Lachen ausschütten. Das Verrückte daran: Die meisten von uns empfinden dabei keine Freude. Trotzdem können wir das Kichern nicht unterdrücken.

Manche Forscher glauben, wir lachten aus purer Erleichterung. Immerhin rechnen wir bei einer unerwarteten Berührung zunächst mit einem Angriff auf unseren Körper – und sind dann froh, wenn dieser ausbleibt. Andere Wissenschaftler vermuten, dass es sich um einen bloßen Reflex handelt. Ähnlich wie uns beim Zwiebelschneiden die Tränen kommen, können wir uns
beim Gekitzeltwerden das Lachen vielleicht einfach nicht verkneifen.

Warum aber kitzeln wir Menschen uns überhaupt?

Auch das können Forscher nicht sicher beantworten. Vielleicht ist es eine Möglichkeit sich kennenzulernen. Kleine Kinder könnten zum Beispiel eine Bindung zu ihren Eltern aufbauen, wenn diese sie kitzeln. Tatsächlich sind Kinder deutlich kitzliger als Erwachsene. Das gilt übrigens auch für Ratten.

Möglicherweise schult das Kitzeln aber auch unsere Abwehrreaktionen, die wir dabei ganz automatisch erlernen. Immerhin wehren wir uns bei einer Kitzelattacke mit Händen und Füßen, um etwa unseren Bauch zu schützen.

Diese blitzschnellen Bewegungen waren für unsere Urahnen bisweilen überlebenswichtig, wenn sie sich etwa im Kampf gegen gefährliche Raubtiere behaupten mussten. Zwar werden die meisten von uns heutzutage wohl kaum von Säbelzahnkatzen und Bären angegriffen. Aber auch gegen Geschwisterattacken braucht es schließlich gute Abwehrstrategien!

GEOLINO Nr. 06/2017 - Mikroskope

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