"Dann ist Polen offen!"
"Ich bin wirklich sehr enttäuscht von euch: Nur 10 von 25 Schülern dieser Klasse haben die Mathe-Hausaufgaben erledigt", sagt der Mathelehrer Herr Henning und schaut angesäuert in die Gesichter der Klasse 6D, "Das nimmt allmählich Überhand! Wenn das so weiter geht, muss ich mir Konsequenzen einfallen lassen - so geht das einfach nicht weiter."
"Ich sag dir... Herr Henning überrascht uns morgen bestimmt mit einem unangekündigten Mathe-Test", flüstert Lea und beobachtet ihren Lehrer argwöhnisch. Madlen schaut entsetzt und meint: "Also wenn das wirklich passiert... Dann ist Polen offen! Ich habe diese ganzen Formeln nämlich noch gar nicht verstanden und schaffe es nicht, bis morgen alles zu lernen!"
Lea ist verwirrt: "Dann ist Polen offen? Was soll das denn heißen?", fragt sie und blickt ihre beste Freundin von der Seite an.
So entstand die Redewendung "Dann ist Polen offen"
Wenn jemand sagt "Dann ist Polen offen!", dann möchte er oder sie damit ausdrücken, dass alles mögliche Schlechte passieren oder ein Ereignis eintreten könnte, das sich nicht kontrollieren lässt. Je nach Ton und Situation kann man den Spruch als Verzweiflungsruf oder auch als Drohung verwenden.
Die Redewendung entstand vermutlich im 18. oder 19. Jahrhundert - so findet sie sich zum ersten Mal in einem schlesischen Wörterbuch von 1855. Ihre Urprünge gehen jedoch bis zurück ins späte Mittelalter.
Damals war Polen eine der europäischen Großmächte. Doch Feinde und eine innere Zerrissenheit führten zu einem langsamen Niedergang Polens, dessen Tiefpunkt 1795 erreicht war, als das Land vollständig aufgelöst und zwischen Österreich, Preußen und Russland aufgeteilt wurde - und dann 123 Jahre lang von der Landkarte verschwand. Polen stand damals schutzlos den Eingriffen von außen gegenüber - es war eben offen.
Bis heute hält sich im Deutschen die Redewendung "Dann ist Polen offen!", die mit dieser Entwicklung zu tun hat.