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Die Island Sanctuary
Mit Tränen in den Augen steht sie da. Sie erzählt von den wohl bewegendsten Momenten der letzten Jahre, während sie immer wieder zärtlich über den Kopf ihrer Lieblinge streicht. Claire Gafa ist verantwortlich für das "Island Sanctuary" (englisch für Insel-Tierheim) auf Malta - einer Auffangstation für herrenlose Hunde. Die 38-jährige Malteserin hat vor fünf Jahren ihren Beruf aufgegeben, um sich auf der Insel einem wichtigeren Thema anzunehmen: Sie entschied sich, ihr Leben lang, sieben Tage die Woche, Sorge für mehr als 100 Hunde in einem Tierheim zu tragen. Denn auf Malta gibt es, wie in fast allen Urlaubsgegenden rund ums Mittelmeer, viele Straßenhunde.
Hunde retten ist ihre Lebensaufgabe
Das "Island Sanctuary", das Claire gemeinsam mit anderen Freiwilligen schon 1986 gründete, befindet sich weit abseits vom touristischen Geschehen auf einem Berg. Nach drei Kilometern Fußmarsch in knallender Hitze erreichen wir das Gelände des Hundeasyls. Claire führt uns herum: In der Küche, einem Raum mit weißen, sterilen Wänden, lagert das Futter für die Tiere. Acht Kilo Fleisch und mehrere dutzend Brote werden täglich zubereitet. Auch die Medikamente, die zum Teil lebenswichtig für die Tiere sind, finden hier ihren Platz. "Einige Hunde", erklärt uns Claire, "brauchen täglich Medizin. Andere werden entweder nach einer Operation, einer Kastration oder nachdem wir sie verletzt auf der Straße gefunden haben, damit wieder aufgepäppelt".
Einzelschicksale kennt Claire viele. Bevor sie zu erzählen beginnt, möchte sie uns aber durch das Quartier der Hunde führen: ein offenes Gelände mit vielen Grünpflanzen. Wir bleiben am Käfig mit der Nummer 25 stehen.
Claire sagt, wir sollen uns jetzt auf etwas gefasst machen, während sie einen kleinen Karton aus dem Innenraum der "Hundewohnung" - einem kleinen weißen Steinhaus - holt. Drei kleine, wenige Wochen alte Hundebabys liegen darin. "Die Mutter wurde hochschwanger vor unserer Tür ausgesetzt. Sagt mir: Wie können Menschen so etwas übers Herz bringen? Sie hätten bei der Hitze sterben können." Im Sommer kann die Temperatur auf Malta auf bis zu 40 Grad steigen - lebensgefährlich für Tiere, die der Sonne direkt ausgesetzt sind und nicht genug Nahrung finden. Diese drei und ihre Mutter haben es zum Glück geschafft: Teilweise per Hand und mit Hilfe der liebenswürdigen Mutter, werden sie aufgezogen. "Die Chancen, dass die drei Kleinen eines Tages vermittelt werden, stehen gut. Kleine, hübsche Hunde sind beliebt", sagt Claire.
Jeder kann helfen – von überall auf der Welt
Während sie auf die Gehege hinter uns zeigt, ergänzt sie, dass es bei anderen ihrer Schützlinge schon schwieriger sei. "Wir vermitteln sehr wenige Hunde. Einige werden schon bei uns geboren und bleiben bis zu ihrem Tod im Tierheim." Das liegt auch daran, dass Malteser Hunde nicht so wie wir in Deutschland als Haustier ansehen.
Wir fragen, welche Möglichkeiten Touristen haben, einen der 100 Vierbeiner zu adoptieren: "Dafür sind wir sehr offen und es passiert einige Male im Jahr. Die Touristen kommen her und lernen ihren Traumhund kennen. Wenn wir mit den Lebensumständen der Adoptiveltern zufrieden sind und das Verhältnis von Hund und Mensch stimmt, müssen nur noch ein paar Formulare ausgefüllt werden und der Adoption steht nichts mehr im Wege". Deutsche, Finnen, Schweden, Holländer und einmal sogar Amerikaner hätten das schon in Anspruch genommen. Claire betont, dass sie sich aber auch für die Nachsorge sehr engagiert. Sie möchte unbedingt mit den Menschen in Kontakt bleiben und regelmäßig erfahren, wie es ihren Sorgenkindern geht. Sie sei eben eine richtige Mutter. Andere Möglichkeiten gäbe es aber auch: Schon für 8 Cent am Tag könne man eine Hunde-Patenschaft übernehmen. Das geht ganz einfach aus der Ferne und hilft den Hunden sehr.
100 Hunde kann Claire mit Hilfe von zwei Mitarbeitern und einer Hand voll freiwilligen Helfern momentan versorgen. Ihr Arbeitstag beginnt um 5.30 Uhr und endet, wenn alles nach Plan läuft, um 15 Uhr. Nachmittags kommen noch einige Freiwillige und verteilen Futter, putzen und umsorgen die Hunde und deren "Wohnungen". In der Nacht sind die Vierbeiner zwar allein - "aber immerhin miteinander und in Sicherheit", so Claire. Touristen oder Studenten, die helfen wollen, sind immer herzlich willkommen und notwendig, um das Tierheim halten zu können, ergänzt sie. Sonntags können Freiwillige mit den Hunden spazieren gehen. "Das ist sehr beliebt", sagt Claire. Die Liebe und Zuneigung der Besucher genießen die Hunde in vollen Zügen.
Dankbare Hunde sind der beste Lohn
"Sehen Sie sich diese dankbaren Gesichter an. Hunde brauchen Menschen. Wir versuchen unsere Liebe unter 100, beziehungsweise momentan sogar 107 Hunden aufzuteilen." Dass das nicht reicht, weiß sie. Und deshalb kämpft sie immer wieder mit den Tränen, während sie uns von den Hunden erzählt.
"Ich würde gerne noch mehr Hunden helfen, aber mehr als diese Menge können wir nicht versorgen. Das Geld reicht so schon vorne und hinten nicht. Ohne das Fleisch von Restaurantbetreibern oder Bauern, ohne die Sachspenden wie Decken von Einheimischen und der Hilfe mancher Tierärzte, wären wir machtlos." Claire selbst bekommt für ihre Arbeit auch kein Gehalt. Aber das sei ihr egal: "Ich weiß, dass das, was ich mache, kein Geld braucht. Die dankbaren Blicke der Hunde sind Lohn genug", ergänzt sie und streicht dabei stolz über das zottelige Fell ihres treuen Begleiters.
Es fällt uns nicht schwer, ihr das zu glauben. Zu unserer eigenen Überraschung sind die Hunde, die uns auf dem Spaziergang durch das offene Heim begegnen, herzlich und dankbar. Sie laufen mit wedelndem Schwanz auf uns zu und beschnuppern uns freundlich. Viele versuchen auch zu kuscheln und uns "Hundeküsschen" zu geben. Sie wollen uns wahrscheinlich überreden, sie mitzunehmen. So traurig die Situation auch macht, es ist schön, zu sehen, wie gut sich Claire und ihr Team um die liebesbedürftigen, freundlichen und heimatsuchenden Hunde kümmern.
Mehr Informationen zur "Island Sanctuary" erhaltet ihr hier.