Als das Ziel der Klassenreise endgültig feststeht, weiß der 13-jährige Nick nicht, ob er sich noch darauf freuen soll. Denn es wird diesmal keine lustige Busfahrt geben, keine durchkicherten Nächte in der Jugendherberge, keinen Tischtennisrundlauf, die Reise hat nicht einmal ein spannendes Ziel. Denn: Nicks Klasse wird durch die Stadt wandern, die die Schülerinnen und Schüler schon ihr Lebtag kennen, Hamburg. Vier Tage lang sind sie unterwegs, mit rund zehn Kilogramm schwerem Gepäck auf dem Rücken. Die Nächte verbringen sie in Turnhallen und einem Vereinsheim.
Das einzig Gute an der Reise ist, denkt sich Nick, wir verursachen kaum Kohlendioxid, CO2. Und das war ja das Ziel der Siebtklässler der Gyula Trebitsch Schule aus dem Hamburger Stadtteil Tonndorf: möglichst klimafreundlich reisen. Ihre Klassenlehrerin hatte ihnen diese Idee vorgeschlagen.
„Davon abgesehen war ich mir aber sicher: Das wird eine schlechte Klassenfahrt“, gesteht Nick. „Und die Parallelklasse hat bestimmt eine coole Zeit auf Sylt“, ergänzt Mitschüler Sean im Gespräch.
Doch dann kommt alles anders. Denn kaum haben die Siebtklässler ihre Wanderschuhe geschnürt und die mit Kleidern, Regensachen, Powerbanks und Proviant vollgestopften Rucksäcke geschultert, reiht sich ein Abenteuer ans nächste.

„Ich hatte vorab viele Firmen, Schulen und Vereine gefragt, ob wir sie besuchen, bei ihnen übernachten oder etwas essen können“, erzählt Klassenlehrerin Mariam Shabaz. Viele finden die Aktion toll und sagen zu – etwa ein Radiosender in der Hamburger Innenstadt. Bloß: Als die Klasse dort nach knapp einem Dutzend gelaufener Kilometer an der Tür klopft, werden sie abgewiesen. „Die hatten uns vergessen“, erzählt Jason.
Also wandern die Schülerinnen und Schüler weiter zum ersten Übernachtungsquartier, einem Rugby-Vereinsheim. Wie an jedem Tag empfängt sie dort das Elternauto. Der Kofferraum: voll mit Isomatten und Schlafsäcken. „Diese sperrigen Teile lassen wir uns ausnahmsweise per Auto bringen“, erzählt die Lehrerin. Mit ihrer Klasse bezieht sie das Lager, doch an Schlaf ist kaum zu denken: Gegen drei Uhr nachts donnert und kracht es plötzlich über dem kleinen Gebäude: Blitze zucken, ohrenbetäubend prasselt der Regen gegen die großen Fensterscheiben.

Und es regnet wieder, als die Schülerinnen und Schüler am nächsten Vormittag nach einem Bogenschieß-Training weitermarschieren: 17 Kilometer quer durch Hamburg, dazu fahren sie einige Kilometer mit Bus und Bahn. Auf dem Weg suchen sie die entsprechenden Müllcontainer, um ihren Abfall getrennt zu entsorgen, und besichtigen eine Wasserstofftankstelle. „Während des Vortrags an der Tankstelle ist dann einer von uns eingeschlafen“, erzählt Schülerin Annika grinsend. „Die Nacht war einfach kurz.“


Umso mehr freuen sich die Schülerinnen und Schüler darauf, sich schon bald auf dicken Matten in einer Grundschul-Turnhalle ausruhen zu können. „Aber dann stand plötzlich eine Volleyballmannschaft vor uns und hat uns rausgeworfen. Die hatten dort ein Punktspiel“, sagt Annika. Einige der Siebtklässler tragen schon Schlafanzüge, als sie eilig ihre Sachen packen und vorübergehend in den Schulflur ziehen müssen.
Trotz aller Pleiten und Pannen – vielleicht aber auch gerade deswegen – ist die Klasse am Ende begeistert, nach vier Tagen zu Fuß. „Unsere Klassenreise war mega, viel besser als eine ganz normale“, schwärmt auch der anfangs skeptische Nick. Den Mädchen und Jungen ist klar geworden, dass man nicht immer in die Ferne reisen muss, um etwas zu erleben. Und dass sie auch zu Fuß weit kommen. „66 Kilometer weit sind wir insgesamt gelaufen. Und es war gar nicht schlimm“, sagt Jason. Mitschülerin Annika nickt. „Ich will darum jetzt auch im Alltag wieder mehr zu Fuß gehen. Weil es gut ist, für mich und fürs Klima.“

So reist ihr klimafreundlich:
- VERKEHRSMITTEL ÜBERDENKEN! Plant ihr eine Reise? Überlegt, ob ihr vielleicht den Zug dem Auto oder Flugzeug vorziehen könnt. Wer aber etwa in die USA muss, ist meist auf ein Flugzeug angewiesen. Das in die Luft gepustete Kohlenstoffdioxid lässt sich nicht ungeschehen machen. Auf Webseiten wie oder könnt ihr Flüge und andere Klimasünden jedoch „ausgleichen“ - indem ihr den CO2- Ausstoß errechnet und entsprechend für Klimaschutzprojekte spendet.
- LAUFEN ODER RADELN! Erkundet die Umgebung am Urlaubsort zu Fuß oder mit dem Rad. So seid ihr zwar langsamer als mit Auto oder Bus, stoßt aber vielleicht auch auf Ecken, die euch sonst verborgen geblieben wären.
- HANDY AUS! Schätzungen zufolge ist das Internet indirekt für zwei Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Das entspricht etwa dem Anteil der gesamten Luft- fahrtindustrie! Also: Lasst das Smartphone ruhig mal einen Tag abgeschaltet in der Unterkunft liegen.
- MÜLL SAMMELN! Viele Urlaubsorte haben teilweise mit riesengroßen Müllproblemen zu kämpfen. Egal ob an der Ostsee, am Mittelmeer oder am Atlantik – fast überall finden sich Plastiktüten, Reste von Fischernetzen oder Zigarettenstummel im Sand. Wer schafft es, einen großen Haufen Müll innerhalb einer halben Stunde zusammenzutragen? Probiert es aus!
- KLASSENFAHRT PLANEN! Ihr habt es selbst gelesen: Auch eine Klassenreise in der eigenen Stadt kann zum Abenteuer werden. Ihr habt Lust, das mit eurer Klasse nachzumachen? Sprecht eure Lehrer an!