Für uns ist es ganz normal, dass wir ein sicheres Zuhause haben, in die Schule gehen können und mit Freunden spielen. Doch vielen Kindern auf der Welt geht es leider ganz anders. Sie leben in Kriegsgebieten, können nachts aus Angst vor Angriffen nicht schlafen, verlieren Verwandte und Freunde, können weder in die Schule gehen noch einfach so draußen spielen.
So geht es auch den Kindern in Syrien, denn dort herrscht seit über einem Jahr ein schrecklicher Bürgerkrieg. Begonnen hat der, als die Menschen in Syrien im Frühjahr 2011 für ihre Freiheit auf die Straße gingen und gegen die Regierung demonstrierten. Die syrische Regierung will ihre Macht über die Bevölkerung nicht verlieren und geht deshalb mit Gewalt gegen sie vor. Es gibt Kämpfe und Bombardierungen, viele unschuldige Menschen sterben oder werden ins Gefängnis gesteckt. Die Menschen dort haben Angst um ihr Leben. Deshalb versuchen viele von ihnen, in die Nachbarländer Libanon oder Jordanien zu fliehen. Sie müssen dann alles zurücklassen, was sie besitzen.
Bürgerkrieg in Syrien
Besonders schlimm ist es für die Kinder: Sie haben sehr viel Angst und manche müssen sogar ohne ihre Eltern fliehen. Die Hilfsorganisation "Save the Children" (englisch für "Rettet die Kinder") kümmert sich um diese Kinder, sorgt dafür, dass sie wieder in die Schule gehen können und hilft ihnen, einfach wieder Kinder zu sein.
Wir zeigen euch eine Fotostrecke von syrischen Flüchtlingskindern und erzählen ihre Geschichten. Außerdem hat uns David Wander, der für "Save the Children" arbeitet und bis vor Kurzem vor Ort war, im Interview erzählt, wie es den Kindern ergeht, was sie erlebt haben und wie man ihnen helfen kann.
Lest auf der nächsten Seite, wie es den Flüchtlingskindern geht und wie ihnen geholfen werden kann.
Interview
Der Brite Andrew Wander war bis Ende März im Auftrag von "Save the Children" im Libanon, um sich vor Ort ein Bild von der Lage der syrischen Flüchtlinge zu machen.
Herr Wander, wie geht es den syrischen Kindern, die in den Libanon kommen?
Die Kinder haben sehr erschreckende Erlebnisse hinter sich. Sie kommen mit oder ohne Eltern im Libanon an und wissen nicht, wohin sie gehen sollen. Viele von ihnen finden erst einmal Unterschlupf bei libanesischen Familien, die sie kennen. Aber es gibt keine richtigen Flüchtlingscamps: Die Menschen müssen sich selbst einen Platz suchen, an dem sie unterkommen können. Viele der Flüchtlinge haben all ihr Geld mitgebracht und mieten sich nun Wohnungen. Aber es ist klar, dass ihnen das Geld irgendwann ausgehen wird. Dann haben sie nichts mehr, weil sie alles zurücklassen mussten, was sie besaßen.
Wie helfen Sie den Kindern?
Wir schaffen sogenannte "Kinderfreundliche Räume": Das sind Orte, an denen Kinder einfach spielen können, wieder Kinder sein dürfen, nach all dem Schrecklichen, was sie erlebt haben. Sie haben dort Spielsachen und unternehmen verschiedene Aktivitäten. Viele der Kinder mussten monatelang sehr schlimme Bombardierungen miterleben und konnten sich nicht auf die Straße trauen. Hier können sie jetzt zum ersten Mal nach Monaten wieder spielen. Nach allem, was die Kinder durchgemacht haben und immer noch durchmachen, ist es ganz wichtig, dass sie einen Platz haben, an dem sie sich sicher und wohl fühlen und einfach wieder Kinder sein dürfen, wo sie spielen und zeichnen und wieder ein bisschen Normalität erleben können. Außerdem beobachten wir die Kinder und wenn wir sehen, dass eines von ihnen traumatisiert oder sehr verstört ist, dann suchen wir Experten, die ihnen helfen können.
Können die Kinder denn überhaupt normal spielen?
Es ist wirklich unglaublich, wie schnell Kinder wieder auf die Beine kommen, nachdem sie so schreckliche Erfahrungen machen mussten. Die Kinder merken, dass ihre Eltern auch Angst haben. Aber trotzdem können sie noch spielen. Einige Tage nachdem sie ankommen, spielen sie schon mit den anderen Kindern und unterhalten sich. Es ist schön, wenn man das beobachten kann. Aber man merkt auch, dass manche Kinder mehr Probleme haben als andere, das Erlebte zu verarbeiten.
Manche Kinder sind allerdings sehr schlimm verstört. Die Eltern erzählen, dass ihre Kinder nachts nicht schlafen können. Sie wachen mitten in der Nacht weinend auf und jedes laute Geräusch erschreckt sie, weil sie denken, dass es eine Explosion ist. Dazu kommt, dass viele von ihnen noch Verwandte in Syrien haben. Um die sorgen sie sich die ganze Zeit. Sie können das alles nicht einfach hinter sich lassen.
Können die Flüchtlingskinder im Libanon auch wieder in die Schule gehen?
Inzwischen sind hunderte syrischer Kinder in libanesischen Schulen. Viele von ihnen konnten davor seit Monaten keine Schule mehr besuchen. Wir bereiten die Kinder auf die libanesischen Schulen vor, denn dort gibt es ein ganz anderes Schulsystem als in Syrien.
Es ist sehr wichtig, dass sie wieder in die Schule gehen können, damit sie den Anschluss nicht verlieren. Wenn man in diesem Alter - mit neun oder zehn – ein oder zwei Jahre die Schule verpasst, kann das sehr schlechte Auswirkungen auf die Zukunft der Kinder haben.
Kann jeder aus Syrien in den Libanon kommen, oder müssen die Flüchtlinge heimlich die Grenze überqueren?
Das ist nicht leicht zu beantworten, weil wir selbst nicht nach Syrien hinein kommen und deshalb auch nicht genau wissen, was dort im Moment passiert. Wir würden gerne direkt vor Ort helfen, aber wir haben keine Erlaubnis. Es scheint alles ganz durcheinander zu laufen. Manche konnten ohne große Probleme in den Libanon kommen, andere Familien haben uns erzählt, dass sie die Grenze heimlich überqueren mussten.
Wie werden die syrischen Flüchtlinge von der libanesischen Bevölkerung aufgenommen?
Viele Menschen, die nahe an der Grenze wohnen, kennen Familien auf der anderen Seite. Es gab immer viel Austausch über die Grenze hinweg. Viele der Flüchtlingsfamilien, die wir getroffen haben, leben bei libanesischen Bekannten. Ich habe sehr viel Großzügigkeit gesehen. Die Libanesen öffnen ihre Türen und lassen die Menschen bei sich leben. Wir haben einen Bauern kennengelernt, der einer Gruppe von acht Flüchtlingen alle Zimmer in seinem Haus zur Verfügung stellt. Ein anderes Beispiel ist ein Hotel, in dem Flüchtlinge in den freien Zimmern bleiben können.
Das freut uns wirklich sehr, aber es wird nicht ewig so sein können. Der Bauer zum Beispiel wird sein Haus nicht für immer bereitstellen können. Und was passiert dann? Wohin sollen die Menschen gehen? Wo sollen sie wohnen und leben?
Werden die syrischen Familien denn wieder in ihre Heimat zurückkehren können?
Das ist sehr unwahrscheinlich. Die Häuser von vielen Familien sind zerstört und ihnen ist dort nichts geblieben. Andere haben Angst, dass die in den Konflikt mit hineingezogen werden und ins Gefängnis müssen. In der jetzigen Situation ist es sehr schwer, zu sagen, was passieren wird. Deshalb versuchen wir jetzt zu helfen, so gut es geht.
Das könnt ihr tun...
Helfen könnt ihr den Kindern in Syrien vor allem dadurch, dass ihr möglichst viele Menschen darauf aufmerksam macht, was gerade in Syrien passiert. Denn wenn alle einfach wegschauen, wird niemand der syrischen Bevölkerung helfen. Auf der Website von "Save the Children" findet ihr außerdem noch mehr Informationen zu dem Konflikt in Syrien und Hinweise, was ihr sonst noch tun könnt.