Großer Auftritt
Nervös streicht Kevin über sein schwarzes Hemd. Er kontrolliert noch einmal den Kragen, den Sitz der Hose, den Glanz seiner Schuhe. Heute muss alles stimmen. Die Klamotten, ja, die auch. Vor allem aber die Töne, Melodien und Rhythmen, die Kevin mit seinem Instrument spielt, dem Fagott. Heute nämlich tritt er ganz groß auf: mit dem Nationalen Jugend-Symphonie- Orchester von El Salvador, im Teatro Presidente!
Ein Traum wird wahr
Der 13-Jährige lebt in San Salvador, der Hauptstadt des Staates El Salvador in Mittelamerika. Dass er einmal ein Konzert geben würde, hätten sich weder er noch seine Familie je träumen lassen. Denn weder seine Mutter noch seine beiden Geschwister beherrschen ein Instrument. Wie fast niemand hier in der Gegend. Die Familie wohnt in einem Haus mit Wellblechdach. Es fehlt an vielem. Ein teures Instrument wäre so ungefähr das Letzte gewesen, was die Familie hätte anschaffen können.
Doch Kevin wurde entdeckt! Von Gamàliel, einem Mann aus der Kirchengemeinde des Ortes. Er spielt Klarinette im Nationalen Symphonie-Orchester für Erwachsene. Eines Tages brachte er Instrumente mit zur Kirche und ließ einige Kinder sie ausprobieren. Kevin war damals zehn Jahre alt – und er machte Eindruck!
Hilfe von UNICEF
Gamàliel überredete ihn, sich bei der Musikakademie von San Salvador zu bewerben. Kevin überzeugte und ergatterte einen der 25 Plätze, die die Akademie jedes Jahr vergibt. Den Unterricht, die Bücher und Instrumente müssen die insgesamt 135 jungen Musiker, die die Akademie besuchen, nicht bezahlen. Das ganze Projekt wird durch Spenden finanziert, auch von UNICEF.
Kevin lernt nun seit drei Jahren jeden Nachmittag, Noten zu lesen, studiert Stücke ein und übt, übt, übt auf seinem Fagott. Mit Erfolg: Er brauchte gerade mal zwölf Monate, um in das Jugend-Symphonie- Orchester aufgenommen zu werden. Und dafür, dass er so schnell so gut wurde, hat er sogar einen Preis bekommen.
Trotzdem verfliegt Kevins Nervosität auf der Bühne nur langsam. Die ersten Töne erklingen. Nach und nach lassen ihn die Melodien die vielen Augenpaare vergessen, die auf ihm und den anderen Musikern ruhen. Und er versinkt in seiner Musik.