Ein ohrenbetäubendes Kreischen erklingt in der Luft. Ein Schwarm Silbermöwen fliegt vorüber, ihre Flügel majestätisch leicht schwingend. Doch beim genauen Hinsehen sticht ein Vogel heraus: Er erscheint nicht ganz so weiß wie seine Artgenossen und ihm fehlt der gelbe Schnabel. Kein Wunder, er ist nämlich nicht lebendig, sondern der erste von Menschen gebaute flugfähige Vogel.
Von seinen Erfindern, Ingenieuren der deutschen Maschinenbaufirma Festo, wurde er "SmartBird" getauft. Weniger als ein halbes Kilogramm wiegt die Silbermöwe und ist damit deutlich leichter als ihre lebendigen Vorbilder. Silbermöwen wiegen nämlich gewöhnlich um die 1300 Gramm. Ein weiterer Unterschied: Die Flügelspannweite beträgt bei dem Technikvogel zwei Meter und ist damit größer als bei den echten Silbermöwen.
Der Vogel kann ohne Hilfe abheben, fliegen und landen, dafür benötigt er keinen weiteren Antrieb. Seine Flügel können nicht nur auf- und abschlagen, sondern lassen sich zur Richtungsänderung gezielt verdrehen. Gesteuert wird er über eine Fernbedienung.
Mit dem Bau des ersten künstlichen Vogels gelang den Ingenieuren die Erfüllung eines langgehegten Traums. Eine antike griechische Sage berichtet von Dädalos und Ikarus, die aus den Fängen des Ungeheuers Minotaurus flohen. Und zwar mit Flügeln, die sie aus Wachs und Vogelfedern konstruierten. Die Geschichte ging leider nicht gut aus – die Sonne lies das Wachs schmelzen und die Fliehenden abstürzen.
Um 1500 fertigte der Tausendsassa Leonardo da Vinci Skizzen und Beschreibungen des Vogelflugs an. Darunter sind auch Pläne von Fluggeräten. Mit eigenen Flugversuchen scheiterte Leonardo aber. Sein Assistent Tommaso Massini brach sich bei einem Probeflug ein Bein.
Doch die Kunst des Fliegens faszinierte die Menschheit weiterhin. Otto Lilienthal, der als erster Flieger der Menschen angesehen wird, nahm die Vögel für seine Flugzeugerfindungen ebenfalls als Vorbild, wie er in einem von ihm verfassten Buch schreibt. Doch erst im Jahr 2011 gelang es Ingenieuren, einen flugfähigen Vogel zu konstruieren, der auch wirklich wie ein Vogel fliegt. Die Ingenieure versprechen sich von ihrer Erfindung Anregungen für die Entwicklung neuer Techniken. Vielleicht lässt sich der "SmardBird" für Menschen adaptieren. Und wer weiß? Vielleicht nutzen wir in ein paar Jahren ja auch Flügel, um zur Schule oder ins Büro zu gelangen. Der Traum vom Fliegen geht in die nächste Runde!