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Buchtipp Mutige Menschen. Widerstand im Dritten Reich

Nur wenige Mutige haben im Dritten Reich Widerstand gegen die Nationalsozialisten geleistet. Zwölf dieser Friedenskämpfer stellt Christian Nürnberger in einem preisgekrönten Sachbuch vor. Ein Buchtipp
Buchtipp: Mutige Menschen. Widerstand im Dritten Reich
Mutige Menschen. Widerstand im Dritten Reich
© Gabriel Verlag

"Am 30. Januar 1933 legte sich ein dunkler Schatten über die Welt". In Berlin wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt. Die Parteidiktatur der Nationalsozialisten brach an und plötzlich schienen alle politischen Gegner in Deutschland verschwunden zu sein.

Kein Wunder: Schließlich war es damals lebensgefährlich eine andere Meinung zu vertreten. Vom ersten Tag an ließ Hitler seine Gegner "systematisch verhaften, verschleppen und ermorden, trieb sie in die Flucht oder verheizte sie im Krieg. (...) Wer sich am Widerstand beteiligte, musste es heimlich tun, im Untergrund, vom Ausland aus, verdeckt, konspirativ."

Aufstand des Gewissens

In seinem preisgekrönten Sachbuch "Mutige Menschen. Widerstand im Dritten Reich" stellt der Autor und Journalist Christian Nürnberger zwölf Friedenskämpfer vor. Sie alle teilten ein gemeinsames Ziel: das Schreckensregime der Nationalsozialisten zu stürzen. Und doch sind ihre Motive und Werdegänge sehr unterschiedlich: Die einen - wie zum Beispiel der Wehrmachtskommandant Fritz Kolbe - waren zu Beginn für Hitler oder zumindest nicht gegen ihn. Die anderen waren gleich von Anfang an Hitlers erbitterte Widersacher: Dazu zählten zum Beispiel der Theologe Dietrich Bonhoeffer, der Kommunist Robert Havemann oder die Humanistin Sophie Scholl.

Siegreiche Verlierer

Christian Nürnberger porträtiert zwölf Frauen und Männer, die Mut bewiesen haben: Nämlich den Mut, Hitlers Befehle zu verweigern und damit Menschenleben zu retten. Letztendlich hat es kein Widerstandskämpfer geschafft, die Nationalsozialisten zu entmachten. "Es brauchte die geballte Kraft der Armeen Russlands, Amerikas, Englands und Frankreichs, um Hitler niederzuringen". Und doch haben Hitlers Gegner ein wichtiges Ziel erreicht. "Dank ihrer weiß die Welt: Nicht alle Deutschen waren Mörder. Nicht alle waren Mitläufer. Nicht alle haben geschwiegen."

Die Mehrheit der Mitläufer

In einem sehr persönlichen Vorwort schildert Christian Nürnberger das Dilemma seines Vaters während des NS-Regimes. Dieser war einer von Hitlers Wachmännern und hielt sich stets in dessen unmittelbaren Nähe. Und doch kam es ihm nie in den Sinn, Hitler zu erschießen. Warum nicht? Und wie hätte Christian Nürnberger selbst gehandelt, wenn er in dieser Zeit gelebt hätte? Die selbstkritische Antwort des Autoren: "Wahrscheinlich hätte ich mitgemacht. Eher wäre ich ein SA- oder SS-Mann geworden als ein Widerstandskämpfer, denn als Teenager und junger Mann war ich noch nicht (...) charakterfest und gebildet genug."

Dem Widerstand ein Gesicht geben

Vermutlich mangelte es vielen Mitläufern damals auch schlicht an Vorbildern. Umso wichtiger erscheint es aus heutiger Sicht, die Geschichte der Widerstandskämpfer nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Denn Christian Nürnbergers Porträts zeigen, dass auch die Kleinen zu großen Taten befähigt sind. So zum Beispiel die Krankenschwester, die Kinder aus einem Ghetto schleust. Der Schreinergeselle, der ein Attentat auf Hitler plant. Der Angestellte einer Behörde, der Kriegsgeheimnisse ans ausländische Militär leitet. Oder die Studentin, die ihre Kommilitonen mit Flugblättern aufzurütteln versucht.

Wie wird man zu einem mutigen Menschen?

Christian Nürnberger zeichnet in jeweils drei Schritten ein persönliches Bild seiner zwölf Helden. Dabei geht er der Frage nach, welche Umstände sie zum Widerstand bewegt haben. Im ersten Schritt erläutert der Autor ihr soziales Fundament: Dazu zählen zum Beispiel Elternhaus, Freundeskreis und Bildungsweg.

Darauf aufbauend stellt er ihre Glaubenssätze, Überzeugungen aber auch Zweifel heraus. Und im dritten Schritt erfährt der Leser wie die Widerstandskämpfer Hitler schlussendlich die Stirn geboten haben. Auf diese Weise werden die Handlungen der vorgestellten Personen nachvollziehbar - ohne sie übermäßig zu glorifizieren.

Fazit

Eindringlich ermutigt Christian Nürnberger seine Leser dazu, sich eine eigene Meinung über die Geschichte Nazi-Deutschlands zu bilden. Diese Fähigkeit hat ihm zu Recht den Jugendliteraturpreis 2010 eingebracht.

So heißt es auch in der Begründung der Jury: "Christian Nürnberger erzählt genau, engagiert und sehr persönlich auf eine Weise, die die Urteilsbildung beim Leser nicht nur anregt, sondern auch einfordert." Selten wird über Geschichte so anschaulich geschrieben, wie es Christian Nürnberger in seinem Sachbuch "Mutige Menschen. Widerstand im Dritten Reich" gelungen ist.

  • Christian Nürnberger: "Mutige Menschen. Widerstand im Dritten Reich"
  • Ab 13 Jahren
  • Gabriel Verlag
  • Preis: 14,90 Euro

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