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Buch- & Film-Tipp: Nicht alle waren Mörder
"Die dreieinhalb Monate, in denen ich dieses Buch geschrieben habe, waren schlimm. Schlimmer fast, als die Zeit, die ich erlebt habe", sagt Michael Degen im GEOlino-Interview. Für "Nicht alle waren Mörder" hat der Schauspieler und Autor noch einmal jene Kindheitserlebnisse aus der NS-Zeit hervorgekramt, die bis heute schmerzen: den Tod des Vaters. Die Flucht mit der Mutter. Das Leben im Untergrund. Die Angst, die Entbehrungen.

Und trotzdem schlägt dieses Buch keinen bitteren Tonfall an. Es ist ein Denkmal für all die stillen Helfer, die das Risiko auf sich genommen haben, einen jüdischen Jungen und seine Mutter zu verstecken: die Konzertpianistin Ludmilla Dimitrieff etwa, die den beiden Degens ihre Dienstbotenzimmer vermietet. Oder Erwin Redlich, der Lokführer, der Juden massenweise in das Konzentrationslager nach Auschwitz transportiert, Michael und seiner Mutter aber Unterschlupf gewährt – obwohl oder gerade weil er weiß, dass sie Juden sind. "Nicht alle waren Mörder" ist ein Buch, das zeigt: Es gab diese Menschen, die den Mut hatten, sich zu wehren, in ihrer eigenen, kleinen Welt.
Das Buch ist kein spezielles Jugendbuch – für Jugendliche aber durchaus lesenswert!
Michael Degen
Nicht alle waren Mörder. Eine Kindheit in Berlin
List Verlag
9,95 Euro
Der Film zum Buch
Michael Degens Geschichte wurde für die ARD auch verfilmt. Zwar musste sie dafür verknappt werden, aber die Erzählung verliert dadurch nicht. Vor allem Dank des Hauptdarstellers Aaron Altaras wird die Flucht durch Berlin einmal mehr lebendig.
Jo Baier (Regie)
Nicht alle waren Mörder
Warner Home Video, 95 Minuten
ab 12 Jahren
8,95 Euro

Buch-Tipp: Schuhhaus Pallas
Als der Zweite Weltkrieg zu Ende war, legte sich ein Schweigen über Deutschland. Täter schwiegen, Mitläufer schwiegen, vor allem aber schwiegen auch die Opfer. Sie wollten die Schreckensjahre vergessen. Auch die Familiengeschichte der Moderatorin und Kinderbuchautorin Amelie Fried wurde so unter den Trümmern des Krieges verschüttet.

Ihr Vater, ein angesehener Zeitungsverleger in Ulm, verlor nie ein Wort über die Zeit des Nationalsozialismus. Und so erfährt Amelie Fried eher zufällig von der Leidensgeschichte ihres Opas, einem Juden, der in Ulm ein Schuhhaus besaß. Die Nazis schikanierten ihn, Verwandte ermordeten sie in Konzentrationslagern. Nur durch einen Zufall überlebte der Großvater.
Als die Autorin mit ihren Nachforschungen beginnt, lässt sie die eigene Geschichte nicht mehr los. Wie ein Puzzlespiel fügt sie Dokumente, Erinnerungssplitter und Berichte zusammen. Das Ergebnis ist dieses berührende Buch. Amelie Fried hat es für ihre Kinder geschrieben – und das Schweigen endlich gebrochen.
Amelie Fried, Peter Probst
Schuhhaus Pallas. Wie meine Familie sich gegen die Nazis wehrte
Hanser Verlag
ab 14 Jahren
14,90 Euro
Hörbuch-Tipp: Die Bücherdiebin
Es ist schon makaber, dem Tod, der während des Zweiten Weltkriegs wütet wie ein Irrer, eine Stimme zu geben und ihn in einem Buch als Figur auftreten zu lassen. Und doch ist genau diese Erzählweise das Besondere an Markus Zsusaks "Die Bücherdiebin". Das Werk des jungen Autors erzählt von dem kleinen Mädchen Liesel, das dem Tod offenbar am Herzen liegt. Und darum bleibt Liesel am Leben, als ihre Mutter, ihr Vater und schließlich auch noch ihr kleiner Bruder sterben. Am Tag von dessen Beerdigung aber fällt Liesel ein Buch in die Hände – und mit ihm entdeckt sie eine neue Welt für sich. Die Welt der Sprache, die Welt der Fantasie, in die man sich flüchten, in der man von Zukunft träumen kann, wenn alles drumherum niedergeht.
So traurig "Die Bücherdiebin" über viele Kapitel hinweg ist: Das Buch berührt, aber es deprimiert nicht. Es erzählt behutsam, woraus Menschen Hoffnung schöpften in dieser dunklen Zeit. Sprecher Boris Aljinovic, den mancher vielleicht aus dem Tatort als Kommissar Felix Stark kennt, unterstützt mit seiner weichen, wunderbaren Stimme den Ton dieses Werkes.
Markus Zusak
Die Bücherdiebin (gelesen von Boris Aljinovic)
Random House Audio, 6 CDs
ab 12 Jahren
etwa 24 Euro
