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Beruf Kinder-Hörspielsprecher

Seit fünf Jahren leiht Philipp Draeger anderen seine Stimme. Philipp ist Hörspielsprecher. Was so einen Sprecher können sollte und wie ihr eine Rolle in einem Hörspiel bekommen könnt, erfahrt ihr hier
Beruf: Philipp zusammen mit seiner Mutter im Studio
Philipp zusammen mit seiner Mutter im Studio
© privat

Am Anfang war es nur eine "Kindermenge" in der Philipp mitgebrüllt, geflüstert oder sich in irgendeiner anderen Art bemerkbar machte. Damals war er gerade mal fünf Jahre alt. Mit zehn Jahren nun ist Philipp schon ein kleiner Hörspielsprecher-Profi.

Große Mikrophone hängen von der Decke herab. Eines für jeden der sechs Stühle, die um den runden Tisch verteilt stehen. Als Philipp hier zuletzt saß, wurde er entführt. Eine Silikoneinspritze und leises Atmen reichten aus, um das zu simulieren. Die Situation, die damals akustisch in Szene gesetzt wurde, ist Teil der 146. Folge der "Drei Fragezeichen" - ein Hörspielklassiker.

Justus, Peter und Bob, in deren Fall Philipp als Entführungsopfer mitwirkte, sind drei junge Detektive - ihre Stimmen, die von erwachsenen Männern. Oliver Rohrbeck, der Sprecher des Justus Jonas, etwa war elf, als er das erste Mal in die Rolle des neunmalklugen Juniorermittlers schlüpfte. Inzwischen ist er 46 Jahre alt.

Philipp spricht zurzeit Sechs- bis Siebenjährige. Seine freche, aber angenehme Stimme war schon in Hörspielen wie den "Teufelskickern" oder in "Conni" zu hören. Aktuell ist er als Leon, der Bruder der "Hexe Lilli", im Studio.

Lachen ist Schwer

Beruf: Sprechproben mit der Produzentin Heikedine Körting
Sprechproben mit der Produzentin Heikedine Körting
© privat

"Um mutig zu werden, beginnt man mit dem Sprechen in einer Kindermenge", erzählt Philipps Mutter Kerstin Draeger. Sie ist gelernte Schauspielerin und ebenfalls Sprecherin. Kerstin Draeger ist sich bewusst, dass Philipp es durch sie einfacher hatte in diversen Hörspielen sowie als Synchronsprecher in Filmen mitzuwirken. Und das Sprechen liegt der Familie eh im Blut: Sein Opa ist die deutsche Synchronstimme des Hollywood-Stars Woody Allen.

"Das Sprechen ist ganz einfach", meint der Schüler. Nur das Lachen fiel ihm am Anfang schwer. "So geht es den meisten Kindern. Das klingt oft unnatürlich", erklärt seine Mutter und verrät einen Trick: "Es hilft mit einem 'haha' anzufangen. Dann muss man automatisch auch wirklich lachen", wie Mutter und Sohn sogleich demonstrieren. Mittlerweile kann der blonde Junge auf Knopfdruck ein tonbandreifes Lachen abgeben.

Verstellen muss der Nachwuchssprecher seine Stimme für die Studioarbeit nicht. "Er hat von Natur aus eine gute Aussprache", bemerkt sein Mutter. Und auch Heikedine Körting findet, dass seine Stimme frisch und süß klingt. Körting ist seit über 30 Jahren Hörspielproduzentin von Serien wie "TKKG", "Fünf Freunden" und den "Drei Fragezeichen". Als ein Sprecher für "Hexe Lilli" gebraucht wurde, dachte sie sofort an den Sohn von Kerstin Draeger, einer der Sprecherinnen, mit der sie regelmäßig arbeitet.

Heute wird häufig "geixt"

Wer ihre Hörspiele hört, soll im Bett liegen, die Augen schließen und "den Film ablaufen sehen", so Heikedine Körting. "Bei mir rennen wir die Treppe runter und knallen die Türen zu", während das in anderen Produktionen lediglich von einem Erzähler gesagt wird. Um dieses Leben in ihre Hörspiele zu bekommen, setzt Körting auch auf echte Interaktion. "Hier sprechen alle gemeinsam an einem Tisch. Jeder kann auf den anderen Sprecher reagieren. Das wirkt lebendiger und macht mehr Spaß", bestätigt Philipps Mutter und erzählt das heute oft nur noch "geixt" wird. "Das bedeutet, dass jeder seine Sätze hintereinander spricht und die Dialoge erst im Nachhinein zusammengeschnitten werden."

Bis so eine Hörspielfolge produziert ist, vergeht in der Regel gut ein halbes Jahr - im Fall der "Drei Fragezeichen" sogar ein ganzes. Im Laufe der Zeit wurden im "Studio Körting" so viele Aufnahmen gemacht, dass sich hier ein Geräusche-Archiv von rund hunderttausend Tönen versammelt. Geräusche wie Wind, Wasser oder Meeresrauschen wurden als Tonspuren auf Spulen, Kassetten und CDs gespeichert. Zum Teil liegen sie in digitaler Form auf dem Computer vor. Und noch immer werden neue gebraucht: "Für jede Folge sind es zwischen 60 und 70 spezielle Geräusche." In Folge 146 der "Drei Fragezeichen" war das zum Beispiel das Rütteln an einer Tür, das mit Hilfe der Silikoneinspritze erzeugt wurde. Mit dem Nussknacker, der ebenfalls auf dem Tisch liegt, wurde - rein akustisch - ein Elektrozaun durchgeschnitten.

In der Produktion eine Hörspiels nehmen die Sprecheraufnahmen allerdings die wenigste Zeit in Anspruch. Für seine letzte Rolle war Philipp gerade einmal eine Stunde im Studio. Und auch die Hauptdarsteller der "Drei Fragezeichen" brauchen zum Einsprechen nicht mehr als drei bis vier Tage. Am zeitintensivsten sind der Schnitt und das Einfügen von Geräuschen und Musik, wie Körting erzählt.

Beruf: Auf Tonspuren wie diesen versammelt Heikedine Körting insgesamt etwa hunderttausend Töne in ihrem Archiv
Auf Tonspuren wie diesen versammelt Heikedine Körting insgesamt etwa hunderttausend Töne in ihrem Archiv
© privat

Stimmen für "Hexe Lilli" gesucht

Wie findet man die passende Stimme für eine Rolle? "Ich halte die Ohren einfach immer offen", sagt die leidenschaftliche Hörspielproduzentin. "Wenn ich zum Beispiel eine passende oder außergewöhnliche Stimme im Fernsehen höre, dann schreibe ich mir den Namen aus dem Abspann auf oder rufe im Studio an, um nach dem Sprecher zu fragen. Dann wird er eingeladen. "Kinder werden immer gebraucht", lässt die mehrfach ausgezeichnete Produzentin wissen. "Für kleine und größere Nebenrollen." Demnächst gibt es wieder die Chance auf Hauptrollen: Es werden Stimmen für eine neue Auflage von "Hexe Lilli" gesucht, wie Körting verrät.

"Wer begabt ist, merkt man schnell", sagt die 66-Jährige. "In der Regel sind Kinder von Schauspielern begabter als andere." Was nicht heißen soll, dass andere Kinder keine Chance hätten. Im Gegenteil: "Ich schließe niemanden aus." Kinder, die sich bei ihr bewerben, sollten: "perfekt lesen, aber trotzdem frei sprechen können". "Es ist mir wichtig, dass sie natürlich sprechen und eine gute, saubere Aussprache haben. Ein Dialekt geht gar nicht, es sei denn er ist nötig für die Rolle."

Ist so eine Stimme für eine Figur gefunden, dann kann der Sprecher im Idealfall mit seiner Rolle alt werden. Auch wenn Jungen beispielsweise durch den Stimmbruch eine tiefere Stimme bekommen, wie bei den Detektiven der "Drei Fragezeichen": "Die Stimmen klingen natürlich anders als vor 35 Jahren, aber sie klingen immer noch jung", findet Heikedine Körting. "Der Charakter ist der Gleiche geblieben."

Bewerbt euch als Hörspielsprecher

Ihr seid zwischen sechs und 15 Jahren und würdet gerne einmal für ein Hörspiel sprechen? Dann bewerbt euch schriftlich bei Heikedine Körting und zwar an folgende Adresse:

Studio Körting

Rothenbaumchaussee 116

20149 Hamburg

Diese Angaben sollten in eure Bewerbung:

- Name, Alter, eventuell ein Bild von euch

- eine Auflistung eurer ersten Erfahrungen als Sprecher (was nicht zwingend nötig ist)

- sowie eure Motivation für die Sprecherrolle in einem Hörspiel

Euer Taschengeld könnt ihr damit übrigens, je nach Rollenlänge, um etwa 100 bis 200 Euro aufbessern!

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