Wenn die Tür zufällt, wird es ernst. Jetzt sitzen Marc und seine Kollegen eingeschlossen in einem Container mit sieben Zentimeter dicken Stahlwänden. Der Container steht auf einem Schiff, das vor der Küste von Marseille in Südfrankreich ankert. In der Stahlkammer bereiten sich die Männer und Frauen auf ihren Einsatz vor: Tief unten auf dem Meeresgrund sollen sie lernen zu schweißen, zu bohren und zu schneiden.
Wagemutige Männer und Frauen
Marc wird am französischen "Institut für professionelles Tauchen" zum Spezial-Taucher ausgebildet. Auf der ganzen Welt gibt es nur einige Hundert dieser wagemutigen Männer und Frauen; sie werden immer dann gebraucht, wenn eine Pipeline unter Wasser geborsten ist, ein gesunkenes Schiff geborgen werden muss oder eine Ölplattform plötzlich wackelt.
Nur wer kerngesund ist, darf dabei sein
Die Tauchschule in Marseille ist eine der wenigen in Europa, die eine solche Ausbildung anbietet: Vier bis acht Wochen lang unterrichten Ärztinnen und Ärzte, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und ehemalige Taucherinnen und Taucher die Schülerinnen und Schüler. Angenommen wird nur, wer wirklich kerngesund ist. Denn dieser Beruf ist anstrengend und gefährlich: Immer wieder geschehen tödliche Unfälle unter Wasser.
Training in der Stahlkammer
Die Stahlkammer an Bord des Schulschiffs ist besonders wichtig fürs Überleben. Kaum ist die Luke geschlossen, wird in der Kammer ein Überdruck erzeugt. Denn die Körper der Männer und Frauen müssen auf den enormen Wasserdruck vorbereitet werden, den sie später beim Tauchen auszuhalten haben - sonst würden sie förmlich zusammengequetscht. Der Druck an Land beträgt ein Bar, das ist, als ob wir ein Kilogramm Zucker auf einen ein Quadratzentimeter großen Stempel stellen würden. In 250 Metern Tiefe sind es sogar rund 260 Kilogramm!
Micky Maus im Meer
Um gefahrlos in 200 Meter Tiefe abtauchen zu können, dauert die Druckphase in der Kammer etwa fünf bis sechs Stunden. Auch Marcs Atmung wird hier umgestellt: Die normale Atemluft wird nämlich unter dem großem Druck giftig. Deshalb wird Helium in die Luft gemischt. Das macht zwar eine Micky-Maus-Stimme, ist aber völlig unbedenklich.
In der Tauchglocke in die Tiefe
Erst jetzt legt Marc seine Arbeitskleidung an: einen schweren Helm, Handschuhe und einen Anzug aus zwei Lagen Neopren, zwischen denen sich ein Gummischlauch mit warmem Wasser schlängelt. In einer Tauchglocke wird er zu seinem Arbeitsplatz hinuntergelassen. Der Rekord liegt bei etwa 700 Metern; die Schüler üben in 30 Metern Tiefe. Nur ein Kabelstrang mit Atemluft, Heizwasser, Strom und einer Telefonleitung verbindet Marc noch mit dem Schiff, als er aus der Kapsel gleitet.
Schweißen unter Wasser
Marc zückt ein Schweißgerät; ein Feuerstrahl schießt empor. Natürlich ist das kein "normales" Feuer: Die Flammen benötigen unter Wasser die Zufuhr von Sauerstoff, und der wird vom Schiff aus durch einen Schlauch in das Schweißgerät gepumpt. Sobald die Bruchstelle geflickt ist, kehren Marc und seine Kollegen zurück in die Stahlkammer an Bord. Bei einem echten Einsatz müssten sie in dem engen Container unter Umständen Wochen verbringen - um ihre Körper stets unter dem selben Druck zu halten, wie er unten im Wasser herrscht. Deshalb gibt es in solchen Kammern auch Pritschen, Tische, Bänke, Duschen, Toiletten, Bücher und Kartenspiele. Nicht gerade gemütlich - aber lebensnotwendig!
Tödlicher Überdruck
Und selbst wenn das Team die Arbeit völlig abgeschlossen hat, kann es nicht einfach aus der Kammer spazieren. Dann würde die Luft in ihren "zusammengedrückten" Lungen sich schlagartig ausbreiten und das Lungengewebe zerreißen - sie würden sterben.
Also wird der Überdruck ganz langsam aus der Kammer gelassen. Je nach Tauchtiefe kann das über zwei Wochen dauern.
Auf Schatzsuche
Ein harter Job, der allerdings auch sehr gut bezahlt wird: Bis zu 750 Euro am Tag können Marc und die anderen später verdienen. Und wenn irgendwann einmal die Aufträge ausbleiben sollten, gibt es für die Männer und Frauen einiges zu tun: Manche der Elite-Taucherinnen und -Taucher gehen dann eben auf eigene Faust in gesunkenen Schiffen auf Schatzsuche nach Gold und Edelsteinen.