Los, gebt es zu: Ihr haltet uns für ein bisschen übergeschnappt. Die Kartoffel – ein Exot? In Deutschland wächst sie doch im Norden, Süden, Westen, Osten auf den Feldern. Säckeweise gibt es sie im Supermarkt. Und jeder von uns verzehrt durchschnittlich knapp 60 Kilogramm der Knollen im Jahr. Was, bitte schön, soll daran also exotisch sein? Die Antwort: jede Menge!
Die Geschichte der Kartoffel
Denn unsere Kartoffel stammt aus Südamerika. Woher genau, darüber streiten die Bewohner der heutigen Länder Peru und Chile. Sicher ist jedoch, dass die Menschen Wildformen der knubbeligen Knollen bereits vor über 10.000 Jahren anbauen und das sogar im Andengebirge, teils in Höhenlagen von mehr als 5000 Metern!
Dort oben ist es karg und kalt, nur wenige Pflanzen sind dem Hochgebirgsklima gewachsen. Die robusten Kartoffeln jedoch trotzen Frost, Wind und Wetter und gedeihen prächtig – auch wenn die wilden Vorfahren unserer Speisekartoffeln damals noch haselnussklein sind und eher kratzig schmecken.
Da Mais in der Höhe jedoch verkümmert, werden Kartoffeln bald zum Grundnahrungsmittel der Menschen vom Volk der Inka. Nach und nach züchten sie Hunderte Sorten, legen Terrassenfelder an, ertüfteln ausgeklügelte Bewässerungssysteme und erfinden sogar die sogenannte Gefriertrocknung: Dabei setzen sie die Kartoffeln abwechselnd dem Nachtfrost und der Sonne aus. Auf diese Weise entziehen sie den Knollen die Feuchtigkeit und machen sie jahrelang haltbar.
Als die Spanier im 16. Jahrhundert das Reich der Inka erobern, kennen sie weder Kartoffeln, noch wissen sie, wie man sie zubereitet. Dennoch bringen sie die Pflanze mit nach Europa
– dummerweise ohne Rezeptsammlung und Gebrauchsanweisung: Statt der unterirdischen Knollen verzehren Testesser die oberirdischen Früchte. Keine gute Idee, ihnen wird speiübel. Bald haben Kartoffeln deshalb den Ruf, "Teufelszeug" zu sein. Und so landen die Pflanzen dank ihrer schönen Blüten vorerst in Botanischen Gärten oder als Futter in den Trögen der Schweine.
Die Kartoffeln zählen zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln der Welt
Erst im 18. Jahrhundert beginnen die Menschen in Deutschland, mit Kartoffeln zu kochen. Vor allem, weil die Weizenernte schlecht ist und Hungersnöte drohen. Der Preußenkönig Friedrich der Große (1712–1786) erlässt darum sogar den Befehl, Kartoffeln anzubauen!
Da sich dennoch nicht alle Bauern überzeugen lassen, heckt der Herrscher einen verrückten Plan aus, heißt es in einer Legende: Auf königlichen Feldern lässt er Kartoffeln anbauen und von Soldaten bewachen. Seine Untertanen sind daraufhin so neugierig, dass sie die Knollen von den Äckern stehlen und in den eigenen Gärten anpflanzen.
Solche Tricksereien sind heutzutage nicht mehr notwendig: Kartoffeln sind beliebt und zählen neben Reis, Weizen und Mais zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln der Welt. Mit Ausnahme der Antarktis werden die Knollen auf allen Erdteilen angebaut: rund 380 Millionen Tonnen pro Jahr. Mehr als 5000 Sorten soll es auf unserem Planeten geben – darunter
schwarze, braune, rote, blaue, dicke, lange, runde, spitze. Forscher haben mittlerweile sogar eine Kartoffel gezüchtet, die auf dem Mars wachsen könnte. Und das ist nun wirklich exotisch, oder nicht?