Der Hoatzin: Ein einzigartiger Vogel
Wo sollen wir nur anfangen zu erzählen? Der Hoatzin ist so ein verrücktes Huhn, dass die Wahl wirklich schwerfällt. Wobei – und da geht’s schon los – ein Huhn ist er eigentlich nicht, obwohl er die Spitznamen Schopfhuhn, Zigeunerhuhn und Stinkhuhn trägt.
Tatsächlich aber zerbrechen sich Biologen und Naturkundler schon seit Jahrhunderten den Kopf darüber, mit wem der komische Vogel verwandt ist. Er passt einfach in keine Schublade. Erkenntnis Nummer eins: Der Hoatzin ist ganz und gar einzig- und vor allem eigenartig.
Aussehen
Schaut ihn euch doch nur mal an – allein die "Frisur"! Seine Federhaube, vier bis acht Zentimeter lang und meist nach oben aufgestellt, macht ihn zum Punk in den tropischen Regenwäldern im Norden Südamerikas. Sein Gesicht ist blau, die Augen rot. Und dazu die dicke Wampe!
Kein Wunder, dass es unter Hoatzinen üblich ist, sich auf Brust und Bauch abzulegen statt auf den Beinen herumzustehen. So verteilen sich die bis zu 900 Gramm Vogel nun mal besser im Geäst.
In die Lüfte schwingt sich das Dickerchen sowieso nicht besonders gern: Seine Flugmuskulatur ist eher schwach ausgeprägt. Viel mehr als 350 Meter am Stück schafft er kaum, und die Flügel breitet er ohnehin lieber zum Sonnen- oder Regenbaden in den Baumwipfeln aus. Erkenntnis Nummer zwei: Es gibt andere, bessere Flugkünstler im Regenwald.
Nahrung: Was Hoatzine fressen
Erstaunlich eigentlich, dass der Hoatzin solch ein Schwergewicht ist. Schließlich schnabuliert er in erster Linie nährstoffarmes Grünzeug, dazu ein paar Blüten und Früchte. Trotzdem liegt ihm dieser "Blattsalat" nicht schwer im Magen – der Hoatzin beginnt nämlich schon viel weiter oben mit der Verdauung, im sogenannten Kropf. Das ist eine Art Sack an der Speiseröhre, den viele Vögel besitzen, um Nahrung zwischenzuspeichern. Beim Hoatzin ist dieser Sack außerordentlich groß.
All die Blätter, die er mit seinem Krummschnabel vom Ästen und Zweigen gerupft hat, werden darin von Bakterien vorverdaut. Dabei entstehen Gase, und der Vogel rülpst. Je nach Nahrungsangebot im Revier passiert das nicht geruchlos… Bisweilen herrscht um eine Gruppe Hoatzine wahrlich dicke Luft. Der Gestank soll Kuhdung gleichen. Erkenntnis Nummer drei: Manchen Spitznamen bekommt man nicht umsonst verpasst.
Nachwuchs beim Hoatzin
Ungewöhnlich ist im Übrigen nicht zuletzt die Kükenaufzucht der geselligen Vögel. In Kleingruppen ziehen sie sich dafür in ihr Revier zurück – und bauen das Nest aus Zweigen stets über einem Fluss, See oder Teich. Droht dann ein Überfall, etwa von hungrigen Kapuzineraffen, Mardern oder Opossums, können die zwei bis vier Jungen das Nest als Sprungturm nutzen und ins Wasser plumpsen.
Schon am dritten Tag nämlich ist der Nachwuchs schwimm- und tauchfähig. Mangels Schwungfedern müssen die Kleinen nach der Badeparade den elterlichen Baum zwar wieder mühsam hinaufklettern. Immerhin aber besitzen sie dafür Flügel, die mit Krallen ausgestattet sind. Erkenntnis Nummer vier: Schon junge Hoatzine sind echt schräge Vögel!
Tier-Steckbrief: Der Hoatzin
- Name: Hoatzin
- Wissenschaftlicher Name: Opisthocomus hoazin
- Lebensraum: tropische Regenwälder entlang von Flüssen, Teichen und Seeufern, sowie in Sümpfen
- Verbreitungsgebiet: Teile Südamerikas
- Nahrung: strikt vegetarisch - vor allem grüne Blätter, aber auch Blüten und Früchte
- Größe und Gewicht: Mit ihrem langen Hals und Schwanz messen Hoatzine bis zu 70 Zentimeter und wiegen maximal 900 Gramm
- Gefährdungsstatus: nicht vom Aussterben bedroht