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Mit Delfinen schwimmen
Ganz vorsichtig streichelt Lisa über die glatte, nasse Schnauze. Gleich darauf wirft sie Squirt einen Ball zu. Und das junge Delfinweibchen schubst ihn mit der Schnauze wieder zurück zu Lisa. Bei ihrem Spiel mit Squirt schwebt Lisa auf den Armen ihrer Therapeutin im warmen Meerwasser eines Delfintherapiezentrums in Florida. Ganz am Anfang, als das neunjährige Mädchen hier ankam, hatte sie ganz schön viel Respekt vor den ungewohnten Spielgefährten. Jetzt freut sich Lisa jeden Tag auf ihre Zeit mit den Delfinen.
Die Kinder sind schwer krank
Lisa ist mit ihren Eltern den weiten Weg von Deutschland bis nach Florida gereist, weil sie sehr krank ist. Lisas Krankheit heißt Autismus. Autistische Kinder sind meist sehr verschlossen. Sie spielen nicht mit anderen Kindern, können auch nicht zur Schule gehen und es fällt ihnen sehr schwer Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen. Aus Zeitungen und dem Fernsehen haben Lisas Eltern erfahren, dass das Zusammensein und Schwimmen mit Delfinen schon vielen kranken Kindern geholfen hat. Und das sollte Lisa unbedingt auch ausprobieren.
Was passiert beim Schwimmen mit Delfinen?Die Behandlungsmethode für behinderte Kinder nennt man "Delfintherapie". Bei dieser Therapieform arbeiten die kranken Kinder drei Wochen lang jeden Tag mit "ihren" Delfinen, menschlichen Therapeuten und den Eltern. Die Delfine wurden für ihre Aufgabe als "Therapeuten" speziell ausgebildet. Am Beginn der Behandlung lernen die Kinder den Delfin erst mal kennen und überwinden ihre anfängliche Scheu. Danach dürfen sie auch mit den intelligenten Meeressäugern schwimmen gehen. Haben der kleine Patient und der Delfin schon genügend gute Erfahrungen miteinander gemacht, kommen etwas schwierigere Übungen. Die beiden spielen mit Bällen oder Ringen und müssen Aufgaben lösen.
Was bringt die Delfintherapie?
Delfine sind sehr gesellige und kontaktfreudige Tiere. Sie schwimmen immer wieder auf die Patienten zu, stubsen sie mit der Nase an und fordern die Kinder zum Spielen auf. Durch diese neuen, völlig unbekannten Erlebnisse mit den fremden Tieren und dem warmen Wasser werden die verschlossenen Kinder aus ihrem "Schneckenhaus" geholt. Nach einer Delfintherapie berichten glückliche Eltern, dass ihre behinderten Kinder viel lebendiger sind als zuvor. Sie bewegen sich mehr, können besser sprechen, lachen mehr und sind nicht mehr so ängstlich. Diese Verbesserungen sind natürlich nur von Dauer, wenn die Eltern zuhause weiter Übungen mit den Kindern machen - auch ohne Delfin.
Delfine sind nicht die einzigen Tierhelfer
Auch Pferde können kranken Menschen helfen. Patienten, die eine körperliche Behinderung haben oder teilweise gelähmt sind, kann vielleicht mit der so genannten "Reittherapie" geholfen werden. Während die Delfintherapie vor allem bei Kindern angewendet wird, helfen Pferde Erwachsenen und Kindern. Die Patienten müssen für die Behandlung nicht einmal reiten können. Sie sitzen nur auf dem Pferd, das von einem Therapeuten herumgeführt wird. Der Gang des Pferdes erzeugt Schwingungen, die vom Pferderücken auf den Reiter übertragen werden. Diese Bewegungen des Pferdes trainieren die Muskulatur und die Wirbelsäule des kranken Menschen. Genauso wie Gesunde es durch eigene Bewegungen tun.
Doch das Reiten stärkt nicht nur den Körper des Behinderten. Besonders kranke Kinder bekommen durch die Therapie viel mehr Selbstbewusstsein. Oft mussten sie ihr bisheriges Leben im Rollstuhl verbringen, jetzt können sie die Welt mal von oben und ganz uneingeschränkt erleben. Ein großartiges Erlebnis.
Geht das mit jedem Pferd?
Pferde sind Fluchttiere, das bedeutet, sie laufen weg, wenn sie erschrecken oder Gefahr sehen. Körperlich behinderte Menschen können die Bewegungen ihres Körpers oft nicht so gut kontrollieren. Da kommt es schon mal vor, dass sie sich ruckartig bewegen oder zappeln. Nicht jedes Pferd kommt damit klar. Um in der Reittherapie eingesetzt zu werden, muss ein Pferd deshalb einen sehr ruhigen Charakter haben und darf nicht ängstlich sein. Auch die Betreuung durch einen ausgebildeten Krankengymnasten ist sehr wichtig. Nur so ist die Behandlung für den Behinderten sicher und bringt Erfolge.
Auch Blindenhunde helfen Menschen
Wenn kranke Kinder mit Delfinen oder Pferden arbeiten, besteht immer die Hoffnung, dass sich ihr Gesundheitszustand verbessert und die Therapie gegen die Krankheit hilft. Blindenhunde haben eine andere Aufgabe. Sie können nicht zur Heilung beitragen, aber das Leben von blinden Menschen sehr viel leichter und lebenswerter machen. Der Führhund, wie Blindenhunde auch genannt werden, führt seinen Besitzer sicher durch die Stadt. Er muss Hindernisse umgehen oder durch stehen bleiben seinem Besitzer klarmachen, dass ein Hindernis im Weg ist oder Gefahr besteht. Das kann zum Beispiel eine Treppenstufe, ein Bordstein oder irgendein größerer Gegenstand sein. Bleibt der Hund stehen, kann sein Besitzer die nähere Umgebung dann mit seinem Blindenstock abtasten und das Hindernis erkennen. Ein Blindenführhund kann auf Kommando verschiedene Ziele und Orte wie Aufzüge, Treppen, Türen, Sitzgelegenheiten oder Zebrastreifen aufsuchen.
Aufwändige Ausbildung
Damit ein Hund einmal sein Herrchen sicher und zuverlässig führen kann, muss er von klein auf ausgebildet werden. Sobald die Tiere ein Jahr alt sind, bringt ein Hundetrainer ihnen bis zu 40 verschiedene Hörzeichen bei. Hörzeichen sind Sprachkommandos wie: "Sitz!", "Lauf!", "Such Bank!" oder "Such Ampel!" Durch die Hörzeichen wird der Blinde sich später einmal mit seinem Führhund verständigen können. Sechs bis neun Monate dauert so eine Ausbildung für Blindenhunde, dann müssen Hund und Sehbehinderter noch einige Wochen miteinander üben. Denn damit die beiden ein eingespieltes Team werden, braucht es Training. Übrigens kann nicht jede Hunderasse zum Blindenhund ausgebildet werden. Am geeignetsten und lernfähigsten sind Schäferhunde, Labradore und Golden Retriever.
Ganz schön teuer
Therapien für Menschen mit Hilfe von Tieren sind meist sehr teuer. Delfintherapie, Reittherapie oder ein Blindenhund kosten viele Tausend Euro. Nicht immer übernimmt die Krankenkasse die Kosten für die Behandlung. Warum eigentlich? Schließlich hilft sie doch so gut. Während Blindenhunde für blinde Menschen inzwischen schon anerkannt sind, gelten Delfin- und Reittherapie noch als exotisch. Die Ärzte sind sich nicht sicher, ob das wirklich etwas bringt und deshalb müssen die Eltern der kranken Kinder oft die hohen Kosten selbst tragen.
Belastung für Pferd und Hund
Für gelassene, erfahrene Pferde, wie sie in der Reittherapie eingesetzt werden, ist der Patient einfach nur ein Reiter, nichts weiter. Und ausgeritten werden muss das Tier ja sowieso. Etwas anders sieht es schon bei den Blindenhunden aus. Der Dienst im Führgeschirr ist für die Vierbeiner sehr anstrengend. Deshalb ist es für Blindenhunde umso wichtiger, dass sie jeden Tag genügend Zeit zum Herumtoben und Spielen haben. Für die blinden Menschen sind die Hunde sehr wertvoll, schon allein deshalb achten sie immer darauf, dass es ihren Tieren gut geht und die Vierbeiner genügend Erholung von der "Arbeit haben. Ein überanstrengter Hund könnte ja auch die Konzentration verlieren und den Blinden nicht mehr sicher führen.
Delfine in Gefangenschaft?
Delfine, die als Helfer in der Therapie von kranken Kindern zum Einsatz kommen, müssen natürlich in Gefangenschaft leben. Andernfalls würden sie nicht so zutraulich werden und könnten auch nicht speziell ausgebildet werden. Die Haltung der Tiere in eingezäunten Meeresbuchten und künstlichen Becken wird von Tierschützern stark kritisiert. Sie sagen, dass eine artgerechte Haltung von Delfinen in Gefangenschaft nicht möglich ist. Um die Delfine zu schützen, gibt es in einigen Ländern zumindest schon die Bestimmung, dass die Tiere pro Tag nicht länger als zwei Stunden arbeiten dürfen. Andere Delfintherapiezentren, zum Beispiel in Ägypten, probieren inzwischen aus, ob sie vielleicht auch mit frei lebenden Delfinen arbeiten können.
Lisas Eltern jedenfalls würden sofort wieder zur Delfintherapie fahren.
Vier Monate nach ihrem Aufenthalt in Florida hat Lisa etwas geschafft, dass vorher niemand zu hoffen wagte. Sie kann jetzt ganz alleine in ihrem Rollstuhl fahren, hat endlich verstanden, wie sie die Räder mit den Händen bewegen kann. Ihre Eltern sind überzeugt, dass nur das Spiel mit den Delfinen Lisas Konzentration und Aufnahmefähigkeit soweit verbessern konnte.