Ist die Luft rein? Vorsichtig lugt das Dachsmännchen in der Dämmerung aus seinem Versteck. Durch die dichte Laubschicht sind nur die weißen Spitzen seiner Ohren zu erkennen. Zum Schutz vor Feinden hat der Dachs seinen unterirdischen Bau in der Nähe von Brennnesseln errichtet – so kommt ihm niemand freiwillig zu nah. Denn obwohl der Dachs selbst ein Raubtier ist und sich seinen Bau in den Wäldern häufig mit Füchsen teilt, fürchtet er sich vor Wölfen und Braunbären.

Doch er kann nicht länger warten – der Hunger überwiegt! Schließlich war der Dachs während der kalten Wintermonate in seinem Bau und hat von Futterreserven gezehrt. Nach der langen Winterruhe, in der der Dachs unter der Erde viel geschlafen hat, während es draußen regnete und stürmte, ist es jetzt Zeit für frische Kost: Beeren, Eicheln und Pilze stehen auf seinem Speiseplan. Mit seiner feinen Nase erschnüffelt er seine Beute. Da der Dachs schlecht sehen kann und keine Farben erkennt, hilft ihm seine Spürnase, Regenwürmer, Mäuse und Schnecken aufzufinden. Obwohl er mit seinen kurzen Beinen schnell laufen und sogar schwimmen kann, geht der ruhige Geselle dabei nicht auf die Jagd, sondern sammelt einfach alles auf, was ihm vor die Schnauze kommt. Im Sommer ist der Wald für Dachse ein Schlaraffenland.
Im Dachslabyrinth
Hat sich der Dachs den Magen vollgeschlagen, geht es schnell wieder zurück in seinen Bau, den er dank der hinterlassenen Duftmarken schnell wiederfindet. Bis zu fünf Meter tief graben die Tiere mit ihren langen Krallen Höhlen in das Erdreich. Immer wieder reichen vereinzelte Gänge an die Oberfläche, um den Dachs unter der Erde mit Sauerstoff zu versorgen. Durch einen versteckten Eingang rutscht das Dachsmännchen in seinen Bau, wo es schon ungeduldig von seiner Familie erwartet wird.
Dachse sind ihrem Partner ein Leben lang treu. Im März wurde ihr Nachwuchs nach einer achtmonatigen Tragzeit geboren. Gerade einmal zwölf Zentimeter groß sind die jungen Dachskinder, die von einem dünnen, weißen Fell bedeckt sind. Die Wärme der Höhle und ihrer Eltern schützt sie vor dem kalten Winter.
Nach fünf Wochen haben die Kleinen bereits ihre Augen geöffnet und erkunden ihre gemütliche Kinderstube. In der Zeit stehen die jungen Dachse noch unter der Obhut ihrer Eltern. Die Entwicklung der Kleinen geht jetzt aber schnell voran. Nachdem sie vier Monate von der Mutter gesäugt und vom Vater mit der ersten festen Kost versorgt wurden, ist es jetzt an der Zeit, die geschützte Höhle zu verlassen. Ungeduldig laufen die jungen Maskierten an den großen Dachsen vorbei und beschnuppern zum ersten Mal das frische Gras und die ersten Gänseblümchen.
Während die männlichen Nachkommen ein Jahr nach ihrer Geburt ausziehen und sich einen neuen Bau suchen, bleiben die Weibchen meist im elterlichen Zuhause und bauen dieses sogar noch an – so entsteht häufig ein Labyrinth mit bis zu 100 Meter langen Gängen.
Ein einmal errichteter Bau wird so über viele Generationen von der Dachsfamilie bewohnt. Daher geben sich Dachse große Mühe bei der Innenausstattung ihrer Höhlen. Mit Laub und Gras polstern sie die Gänge, damit es die Kleinen warm und kuschelig haben. Doch zu dieser Zeit steht auch Frühjahrsputz auf dem Plan. So wird der Dachsvater nicht nur nach draußen geschickt, um Futter zu holen, sondern auch, um die Blätter immer wieder nach draußen zum Lüften zu bringen. Schließlich soll es drinnen gemütlich bleiben.