Klare, kühle Luft strömt in meine Lungen, ich kann mir immer noch nicht vorstellen, dass soetwas wunderbares existiert, in der Fantasie.
Federleicht fühle ich mich, als würde ich fliegen, mit federnden Schritten gehe ich über den unberührten Grasboden.
Erst bin ich langsam, dann laufe ich ein wenig schneller. Schließlich fange ich an zu rennen, werfe die Arme in die Luft, und stoße einen gellenden Jubelschrei aus. Ich laufe einen Hang hinunter, immer schneller, Farben fliegen vorbei und reißen mich mit. Ich fühle, wie es mich durch die Luft wirbelt, die Augen habe ich geschlossen, nur, dass ich mich drehe, merke ich. Irgendwann lande ich auf weichem, feinem Sand. Ich öffne die Augen und schaue mich um. Weite Dünen erstrecken sich vor meinen Augen, und dahinter liegt das Meer. Unter meinen nackten Füßen spüre ich den weichen Sand und ich gehe gemächlich herunter zum Wasser. Ich strecke meine Hand ins kühle Meerwasser und schaue eine Weile in den weiten Ozean. Plötzlich entdecke ich eine Ansammlung von Meeresdrachen, einer der Drachen winkt mir mit seiner Schnauze zu, und ich renne durch das angenehm kalte Wasser auf ihn zu und steige auf seinen Rücken. Er trägt mich über das Wasser und hebt schließlich ab, in einem eleganten Bogen steigt er auf, in Richtung der kleinen, weißen Schäfchenwölkchen. Ich lege mich auf seinen Rücken und schaue in die Wolken, die mir zulächeln, auch wenn sie keine Gesichter haben. Plötzlich verfällt der Drache in einen rasanten Sturzflug, ich halte mich an seinen Schuppen fest und kreische vor Vergnügen. Wir fliegen auf eine Wald zu, immer schneller, und als wir durch die Blätterdächer gebrochen sind, lässt der Drache mich herunterrutschen und ich falle, immer weiter und lande auf einem weichen Polster aus Moos. Ich weiß, dass ich nicht verletzt bin, in dieser Welt kann man sich nicht verletzen, die einzige Welt, in der das geht, ist fantasielos und trist. Das ist die Welt, aus der ich komme, aber ich erinnere mich nicht daran. Denn jetzt bin ich frei, ich liege in einem süßlich duftenden Walt, der mich mit anzieht, mit seiner unbeschreiblichen Magie. Er ist geheimnissvoll und still, trotzdem fühle ich mich hier zuhause, ich lehne mich gegen einen riesigen alten Baum, der mir trotz seiner zerfurchten Rinde und seines durchlöcherten Stammes ein gefühl von Kraft und Stärke gibt.
Irgendwann aber ist auch er nicht stark genug, um sie zu halten, meine ausschweifenden Fantasien, und so lässt er mich fallen, gibt den Weg frei in eine neue Welt, die ich noch nie besucht habe. Wieder zieht es mich mit sich, eine unbeschreibliche Kraft, stärker als der stäkste Magnet, stärker, als die Anziehungskraft jedes Planeten. Sie zieht mich nach hinten und ich gebe nach, und lande auf etwas Weichem, Haarigem. Es bewegt sich, und als ich wieder klar sehen kann, stelle ich fest, dass es ein Löwe ist, ein Löwe mit Flügeln. Er hebt ab und trägt mich mit seinen weiten Schwingen zu seiner Heimat, einer einsamen Hütte auf einem Berg. Als wir gelandet sind, steige ich ab und wandere einen einsamen Pfad entlang, der der untergehenden Sonne zuführt. Ich sehe dass es Abend wird und lasse mich auf einem riesigen Heuberg nieder, der neben dem Pfad aufgetürmt ist. Dann werde ich wieder schwer, meine Augen fallen zu, und ohne einen weiteren Gedanken werde ich hinabgezogen, in eine große, schwarze Leere.
Ich lehne mich gegen meinen Kleiderschrank und starre auf das blaugrüne Muster des Teppichs, auf dem ich die ganze Zeit gesessen habe. Immer noch halte ich den glatten, blauen Stein in der Hand, den mir Mara geschenkt hatte, bevor sie starb, und zum ersten mal verspühre ich soetwas wie Glück. Denn ich weiß, ich bin ein Weltenbummler, und meine Fantasie bringt mich an Orte, die zuvor noch nie ein Mensch betreten haben kann, denn nur ich kann sie erschaffen.