Er hatte sich Rache geschworen.
Seine Hände ballten sich zu Fäusten, als das belustigte Gesicht auf ihn herabsah. Von hinten ertönte ein verächtliches Lachen. Die beiden hochgewachsenen Jungen beugten sich über ihn, um ihm in die vor Angst lodernden Augen sehen zu können. Die schmalen Lippen des Schwarzhaarigen, der von seinen Gangmitgliedern aufgrund seiner Statur Pitbull genannt wurde, verzogen sich zu einem fordernden Grinsen.
"Rück es raus, Simons. Du weißt, was sonst passiert."
David schluckte. Es würde so oder so geschehen, wenn er ihnen das Geld sofort gab, würden die Tritte allenfalls etwas milder ausfallen, weil ihre Gier befriedigt war. Doch wonach dürsteten sie? War es wirklich das Geld, oder der Gedanke, jemanden mithilfe von Gewalt unter Kontrolle halten zu können?
Bald war es soweit. Nur noch zwei Nächte. Solange musste er die Zähne zusammenbeißen, dann war der Zeitpunkt der Rache gekommen, der Moment, der sein Leiden wettmachen würde.
Diesmal genügten ihnen die Fußtritte und das Geld nicht. Kräftige Hände packten ihn am Unterarm und zogen ihn durch die Tür des Jungenwaschraums. Der Griff schmerzte. David öffnete den Mund zum Schreien, doch er brachte nichts als ein schwaches Winseln heraus. Pitbull knurrte und boxte seinem Kumpanen in die Seite.
"Simons hat Schiss! Taylor, wo bleibt dein Handy? Wär doch schade, wenn dieser bewegender Moment morgen nicht im Internet zu begutachten ist"
David wand seinen Kopf, aber Pitbull fasste ihn grob am Kinn und drehte seinen Kopf zu Taylors Handy hin.
"Lächle, Simons, lächle in die Kamera"
Mit den Worten stieß Pitbull David fest gegen die Wand. Die Wucht des Schlages ließ ihn zu Boden sinken. Eine rote Flüssigkeit rann die weißen Kacheln herunter.
Er würde an seinem Schwur festhalten.
Er zählte die verbleibenden Stunden herunter. Zweiundzwanzig … Einundzwanzig … Zwanzig … Nie wieder würde er diese Qualen durchstehen müssen. Das Blatt würde sich wenden.
"Hast du nicht gehört? Lächeln sollst du!"
Taylor hatte seine Stimme zu einem bedrohlichen Zischen gesenkt.
"Lächle!", bellte der Pitbull. Als David eine gepeinigte Grimasse zog, spürte er einen weiteren dumpfen Schlag. Er nahm seine Schmerzen kaum noch wahr. Bald würden sie ein Ende haben.
Der matte Schein des Mondes tauchte den Wald in silbernes Licht. Es war ruhig, zu ruhig. Ahnten die Tiere, was bevorstand?
Seine zitternden Hände umschlossen das mächtige Medaillon, das gleichzeitig so zerbrechlich wirkte. Er hielt es in den Himmel, bis es den vollen Mond verdeckte.
"Demon", hauchte er.
Einen Herzschlag später vernahm er das leise Rascheln von Laub. Das Geräusch war nahe, direkt hinter ihm. Er wandte sich um und erblickte die Gestalt, die sich in raubkatzenartiger Haltung vor ihm erhob. Ein großes Gewand umhüllte die Kreatur, in dem blassen Licht war es schwierig, die Farbe der Kleidung auszumachen. Rot vielleicht, oder bräunlich. Die Gestalt sog gierig die Luft ein.
"Demon", wiederholte er.
David presste sich gegen die Wand und schloss die Augen, auf den nächsten Schlag wartend.
Doch es folgte kein erneuter Schlag.
Die Blicke der drei Jungen huschten zur Tür, als sie sich lautlos öffnete und eine weitere Person eintrat. Sie war ganz in Braun gekleidet. Eine Kapuze verbarg ihre Augen.
David stieß ein kehliges Lachen aus.
Pitbull und Taylor ließen von ihm ab und türmten mit einem leisen Aufschrei durch die Tür. Sie waren nicht schnell genug. Die verdeckte Person warf David einen triumphierenden Blick zu, bevor sie seinen Peinigern folgte.
Ein Brüllen hallte durch die Gänge.