
Der Traum vom Fliegen - nur für sehr wenige Menschen wird er wahr. Thomas Reiter ist einer von ihnen. Und wenn er in wenigen Tagen auf der Raumstation ISS in 360 Kilometer Höhe ankommt, dann wird er nicht einmal mit seinen Hände wedeln müssen, um zu schweben. Denn alles ist hier völlig schwerelos. Es gibt kein Oben und kein Unten mehr. Ein kleiner Stoß genügt, und man gleitet wie im Traum von einem Ende des Raumes zum anderen.
Gar nicht leicht: der Astronauten-Alltag
Aber für den 46 Jahre alten Thomas Reiter ist der Ausflug kein reines Vergnügen: An Bord der ISS wird er der zweite Bordingenieur sein, das heißt, er wird sich mit seinen beiden Kollegen darum kümmern, dass auf der Raumstation alles reibungslos funktioniert. Denn funktionieren muss in dem fliegenden Weltraumlabor eine ganze Menge: Schließlich ist das Weltall eine ziemlich lebensfeindliche Umgebung.
Da geht nichts ohne viel Technik. Den Räumen in der ISS muss ständig Sauerstoff zum Atmen zugeführt werden. Und der Luftdruck in der Station muss so hoch gehalten werden wie auf der Erdoberfläche. Im All gibt es nämlich keinen Luftdruck - weil es eben fast keine Luft gibt.
Anfang Juli soll Thomas Reiter auch einen Einsatz außerhalb der Raumstation durchführen. Er wird dann mit einem Raumanzug das geschützte Innere der ISS verlassen und frei schwebend Reparaturen an der Außenwand der Station ausführen. Das ist nicht ganz ungefährlich, denn der Raumanzug muss die enormen Temperatur- und Druckunterschiede ausgleichen - und dann auch noch gegen winzige Meteoriten schützen, die im Weltall herumsausen.
Außerdem wird Thomas Reiter Experimente durchführen, die Wissenschaftler in aller Welt vorbereitet haben. Die wollen zum Beispiel herausfinden, wie sich Feuer in der Schwerelosigkeit verhält. Oder wie Pflanzen ohne die Erdanziehungskraft wachsen. Das ist wichtig für zukünftige Weltraummissionen, zum Bespiel zum Mars. Die Reise zum Roten Planeten würde rund neun Monate dauern - also müssten die Astronauten Pflanzen züchten, um sich zu ernähren.
Eine Raumstation, groß wie ein Fußballfeld

Die Internationale Raumstation ISS kreist schon seit 1998 mit fast 30000 Kilometern pro Stunde um die Erde. Sie wird nach und nach erweitert und soll, wenn sie fertig ist, so groß sein wie ein Fußballfeld: 110 mal 90 mal 80 Meter. Riesige Solarzellen sorgen für die Stromversorgung an Bord. Das "Raumschiff" ist ein Gemeinschaftsprojekt vieler Länder. Und das macht es so besonders. Neben der amerikanischen NASA sind auch Russland, Japan, Brasilien, Kanada auch die europäische Weltraumagentur ESA beteiligt.
Ab Sonnabend muss Thomas Reiter auf fast alles verzichten, was er auf der Erde gerne macht: Wenn er Zeit hat, ficht er nämlich gerne oder spielt Badminton. Außerdem kocht er gerne und spielt Gitarre. Und immer wenn es Abend wird auf der ISS, also alle 90 Minuten, denkt er sicher auch an seine Familie, seine Frau und seine zwei Söhne unten auf der Erde.