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"Auf der Schwelle zum Glück - Die Lebensgeschichte des Franz Kafka"
"Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt. (...) Es war kein Traum. Sein Zimmer, ein richtiges, nur etwas zu kleines Menschenzimmer, lag ruhig zwischen den vier wohlbekannten Wänden."
Wer würde Franz Kafkas Texte - wie zum Beispiel die oben zitierte "Verwand- lung" aus dem Jahr 1912 – als "Gekritzel" bezeichnen? Wahrscheinlich Niemand außer dem Autor selbst! Zu seinem Verleger soll Kafka einmal gesagt haben "Ich werde Ihnen immer viel dankbarer sein, für die Ablehnung meiner Manuskripte, als für deren Veröffentlichung" und seinem Freund Max Brod trug er auf, nach seinem Tod all seine Manuskripte zu verbrennen.
Zum Glück haben die Beiden nicht auf ihn gehört! Denn Kafkas Texte zählen heute zur Weltliteratur und ihre rätselhafte Bilderwelt findet kaum einen Vergleich. Ebenso unge- wöhnlich und spannend aber ist der Mensch hinter diesen Zeilen: In seinem Buch "Auf der Schwelle zum Glück" spürt der Autor Alois Prinz ihm nach.
Alois Prinz zeichnet das Bild eines zerrissenen Menschen: Tagsüber arbeitet Kafka als korrekter Beamter in einer Arbeiter-Unfall- versicherung oder trifft sich mit seinen Freunden in den Kaffeehäusern von Prag.
Doch nachts findet er keine Ruhe und "kritzelt" alte Schulhefte mit seinen Erzäh- lungen voll – das Talent zum Schreiben geht bei ihm mit dem Talent für Unglück Hand in Hand.
Fazit
Das Buch "Auf der Schwelle zum Glück: Die Lebensgeschichte des Franz Kafka" bringt euch einen Autoren näher, der in seinen düsteren Bildwelten gefangen zu sein scheint. Doch trotz Kafkas Hang zu Schwermut und seiner Ohnmacht gegenüber dem tyrannischen Vater war er kein Einzel- gänger. Der Autor Alois Prinz zeigt Kafka im Kreis der Menschen, die ihm nahe standen und damit auch von seiner charmanten und humorvollen Seite. Eine sehr sorgfältig recherchierte Biografie, in der Alois Prinz jedoch weitestgehend darauf verzichtet Kafkas Werke zu besprechen – um so größer wird am Ende des Buches euer Wunsch sein, die Texte dieses begnadeten Autoren für euch selbst zu entdecken!
Alois Prinz: "Auf der Schwelle zum Glück: Die Lebensgeschichte des Franz Kafka", ab 14 Jahren, Suhrkamp Verlag, 12 €
"Der erste Christ: Die Lebensgeschichte des Apostels Paulus"
Eine der großen Gestalten der Geschichte: Jesus von Nazareth, der Mann, dessen Geburt zur Stunde Null unserer Zeitrechnung erklärt wurde. Für die Menschen seiner Epoche damals jedoch ein Niemand aus der entlegenen römischen Provinz Palästina, noch dazu wegen irgendwelcher gotteslästerlichen Reden zum Tode verurteilt.
Seinen Namen kennt heute natürlich fast jedes Kind aus dem Religions- unterricht. Doch damals, 809 Jahre seit der Gründung von Rom, war die Bibel noch nicht gedruckt. Und Jesus selbst hat keine Schriften hinterlassen. Wie konnte er also nach seinem Tod zu so großer Berühmtheit gelangen? Die Antwort auf diese Frage ist eng verwoben mit der Lebensgeschichte des jüdischen Gelehrten Paulus – dem ersten Christen.
Mit einer kleinen Gruppe von Anhängern zog Paulus durch das römische Reich: "Lange beschwerliche Reisen mit ihren Gefahren, Überfällen und Schiffbrüchen, schweren Krankheiten, Hunger und Durst, Kälte und Hitze, auch Zeiten im Gefängnis und immer wieder die körperlichen Strafen, die er aushalten musste."
Und dennoch wurde Paulus nicht müde weiterzuziehen und überall wo er hinkam zu verkünden: "Jesus von Nazareth ist Gottes Sohn, der Messias, den die Juden seit vielen Generationen erwarten."
Aber woher nahm dieser kleine, gedrungene Mann mit dem schon fast kahlen Schädel seine Überzeugung? Und wie kam es zu diesem plötzlichen Sinneswandel?
Schließlich ist über Paulus bekannt, dass er in jüngeren Jahren als fanatischer Bekämpfer der Jünger Jesu selbst vor Gewalt nicht zurückschreckte. Wie ist es zu verstehen, dass Paulus plötzlich schreibt: "Wenn ich prophetisch reden könnte, und alle Geheimnisse wüsste (...) hätte aber der Liebe nicht, so wäre ich nichts"?
Und wie hat er es geschafft, einzig mit seinen Worten so viele Menschen davon zu überzeugen, dass Jesus nicht von einem Zimmermann, sondern von Gott in die Welt gesetzt wurde?
Fazit
Um es gleich vorwegzunehmen: Das Buch "Der erste Christ: Die Lebensgeschichte des Apostels Paulus" intendiert nicht, junge Leser vom christlichen Glauben zu überzeugen. Es ist vielmehr der gelungene Ver- such des Autoren Alois Prinz, eine bekannte Figur aus der Bibel und ihren historischen Hintergrund realistisch darzustellen.
Gleichzeitig gibt das Buch viele Hinweise darauf, wie sich eine kleine Sekte zu einer der größten Weltreligionen unserer Zeit entwickeln konnte. Und aus noch einem Grund ist das Leben des Paulus aus heutiger Sicht spannend: Denn hinter seiner berühmten Wandlung vom "Saulus zum Paulus" steckt eine blitzartige Selbsterfahrung – "gleich einem Sturz ins Innere, vor dem ein Mensch zu keiner Zeit gefeit ist".
Alois Prinz: "Der erste Christ: Die Lebensgeschichte des Apostels Paulus", ab 14 Jahren, Beltz Verlag, 18 €
"Lieber wütend als traurig. Die Lebensgeschichte der Ulrike Meinhof"
"Wirft man einen Stein, so ist das eine strafbare Handlung. Werden tausende geworfen, ist das eine politische Aktion."
Diesen Worten ließ die damalige Journalistin Ulrike Meinhof in den 60er Jahren Taten fol- gen. Ob Gräuel- oder Heldentaten - daran scheiden sich bis heute die Geister.
Für die Einen ist sie eine Staatsfeindin und Terroristin. Für die Anderen ist sie eine Kämpferin in gerechter Sache. In jedem Fall ist Ulrike Meinhofs Leben ein wichtiges Stück deutscher Geschichte.
In seinem Buch "Lieber wütend als traurig" wandelt der Autor Alois Prinz deshalb auf ihren Spuren:
Von Ulrike Meinhofs Kindheit im National- sozialismus, ihrer Karriere als Journalistin im besetzten Deutschland, den sechs Jahren ihrer Mitgliedschaft in der Roten Armee Frak- tion, bis hin zu ihrem umstrittenen Selbstmord in einer Gefängniszelle in Stammheim.
Fazit
Die Lebensgeschichte der Ulrike Meinhof wirft viele grundsätzliche Fragen über eine gerechte Gesellschaft auf: Wie gehen die Deutschen zum Beispiel mit ihrer Schuld an den Naziverbrechen um? Wie beeinflussen die Medien die Politik? Sind die Freiheitsrechte des Einzelnen vor staatlicher Willkür geschützt? - Die Antworten auf diese Fragen haben Ulrike Meinhof in den 60er Jahren "lieber wütend als traurig" werden lassen.
Der Autor Alois Prinz beschreibt in einer gelungenen Biografie warum – ohne zu verteidigen, zu verurteilen oder zu verwischen.
Alois Prinz: "Lieber wütend als traurig. Die Lebensgeschichte der Ulrike Meinhof", ab 14 Jahren, Suhrkamp, 9 €