
GEOlino.de: Seit wann hast du mit Pferden zu tun?
Sibylle Müller: Ich reite, seitdem ich zehn Jahre alt bin. Kurz nachdem ich mit dem Reitunterricht angefangen habe, bin ich allerdings einmal vom Pferd gefallen. Danach hatte ich ziemlich viel Angst vor Pferden und bin einige Zeit nicht mehr geritten. Doch irgendwann habe ich doch wieder damit angefangen, weil es mir so viel Spaß gemacht hat und ich es einfach so gern wollte. Seitdem habe ich ganz regelmäßig Reitunterricht genommen und irgendwann hatte ich dann sogar ein eigenes Pony. Es hieß Gigolo, ein Haflinger.
Warum wolltest du Pferdewirtin werden?
Weil mir das Reiten so viel Spaß gemacht hat und ich mich gern noch intensiver mit dem Thema auseinandersetzen wollte. Wenn man in seiner Freizeit mit Pferden zu tun hat, lernt man zwar auch einiges, aber die Ausbildung ist doch viel intensiver und man lernt alles von Grund auf und arbeitet mit Profis zusammen.
Wo hast du deine Ausbildung gemacht und wie lang hat sie gedauert?
Mit 16 habe ich meine Lehre begonnen. Sie hat drei Jahre gedauert. Das war auf einem Hof in der Nähe von Fulda in Hessen. Anschließend habe ich zwei Jahre fest in dem Beruf gearbeitet, bis ich schwanger geworden bin. Jetzt arbeite ich nicht mehr als Pferdewirtin, sondern nur noch als Reitlehrerin. So habe ich mehr Zeit für meine Familie.
Was musstest du in der Ausbildung alles machen?
Ich musste zum Beispiel die Pferdeboxen ausmisten, den Stall putzen, die Pferde striegeln, sie reiten, sie mit Heu füttern und in die Führmaschine (also eine Maschine, die sich von selbst dreht und durch Gitter unterteilt ist, welche die Pferde vorwärts treiben) oder auf die Weide bringen. Außerdem musste ich sogar einen LKW- und einen Traktor-Führerschein machen. Das war nötig, um den großen Pferdetransporter und die landwirtschaftlichen Maschinen fahren zu können. Damit erntet man zum Beispiel das Heu und fährt es dann auf den Hof. Wie man sieht, hat die Ausbildung zum Pferdewirt nicht nur mit Pferden zu tun. Das ganze "Drumherum", also die Stall- und Hofarbeit, gehören genauso mit dazu. Sie sind sogar ein sehr großer, wenn nicht der größte Teil davon.
Was hat dir an der Arbeit als Pferdewirtin besonders viel Spaß gemacht?
Das ist schwer zu sagen. Es ist eher das Gesamtpaket des Berufs, das so viel Spaß macht. Pferdewirt zu sein, heißt, einen sehr abwechslungsreichen Beruf zu haben. Aber man muss auch sagen, dass der Beruf wirklich harte Arbeit und körperlich ziemlich anstrengend ist. Man fängt morgens um sieben Uhr an und hört um fünf Uhr nachmittags auf. Oft ist aber so viel zu tun, dass man auch mal deutlich länger bleiben muss. Manchmal musste ich sogar bis nachts bleiben, um ganz am Ende noch den Stall abzuschließen. Auch an Feiertagen wie Ostern oder Weihnachten hat man Dienst. Bei dieser Arbeit muss man sich eben nach den Bedürfnissen der Pferde richten. Und die kennen eben keinen pünktlichen Feierabend.
Hattest du in deiner Freizeit auch mit Pferden zu tun?
Ja, ich hatte neben der Lehre auch ein eigenes Pferd - Gigolo. Neben der Arbeit als Pferdewirtin konnte ich allerdings nicht so viel mit ihm machen. Die Arbeit war eben sehr zeitintensiv. Da gab es nicht mehr so viel nebenher. Ich habe das Problem dann so gelöst, dass ich in der Mittagspause mit Gigolo ausgeritten bin. So hatte er seine Bewegung und ich konnte den Kopf etwas freikriegen und mich entspannen.
Hattest du schon mal mit einem sehr schwierigen Pferd zu tun?

Ja, besonders die Jungpferde sind sehr anspruchsvoll. Sie einzureiten, ist gar nicht so einfach und erfordert viel Geduld. Zuerst werden die Pferde longiert. Beim Longieren werden die Pferde an die Longe, also an einem langen Band befestigt und dann dazu gebracht, im Kreis zu laufen. Das Pferd wird so langsam an die Arbeit mit dem Menschen gewöhnt. Im nächsten Schritt setzt sich das erste Mal ein Reiter auf das Pferd. Das ist oft der schwierigste Moment, da die Pferde es einfach nicht kennen, dass plötzlich jemand auf ihren Rücken steigen will. Aber mit viel Zuspruch und Geduld klappt das irgendwann und der Reiter kann bald allein, ohne durch die Longe unterstützt zu werden, auf dem Pferd reiten. Meistens reitet dann erst mal ein anderer Reiter mit einem erfahrenen Pferd vor dem jungen Pferd her, damit dieses weiß, wo es hinlaufen soll. Dann fühlt sich das junge Pferd in der ungewohnten Situation schnell wohler. Denn Pferde sind Herdentiere.
Würdest du den Beruf des Pferdewirts weiterempfehlen? Wenn ja, warum?
Ja, ich würde den Beruf grundsätzlich schon weiterempfehlen. Die Arbeit macht Spaß und die Pferde sind einfach toll. Trotzdem ist es auch harte Arbeit und man braucht viel eigene Motivation. Am besten ist es, wenn man selbst einen eigenen Hof führen kann. Dann ist man sein eigener Chef.
Was muss ich alles mitbringen, um Pferdewirt zu werden?
Zu allererst sollte man natürlich Pferde mögen und keine Angst vor ihnen haben. Auch reiten sollte man schon ein bisschen können - das erleichtert die Ausbildung. Daneben ist es wichtig, dass man eine gute Portion Kraft mitbringt, denn man sollte bei der Stallarbeit mit anpacken können und sich auch nicht scheuen, Aufgaben zu übernehmen, die eben nicht immer nur schön sind - so etwa das Misten oder Stallputzen.
Was war die schönste Erfahrung in deiner Zeit als Pferdewirtin?
Toll finde ich, dass man so viel draußen an der frischen Luft ist und so nah mit den Pferden zusammenarbeiten kann. Noch besser gefällt mir aber, dass der Beruf "Pferdewirt" echte Teamarbeit ist. Alle Stallmitglieder sind wie eine große Familie. Das ist sehr schön. Man lernt auch viele Leute kennen - zum Beispiel, wenn man bei Reitturnieren dabei ist. So findet man viele neue Freunde - Menschen wie auch Pferde!