Die Stadt Aachen befindet sich in hellem Aufruhr: In einem Hühnerstall auf der Marschierstraße soll doch tatsächlich ein Hahn ein Ei gelegt haben! Schmal und länglich sehe es aus, ganz anders als ein normales Hühnerei. Bürgermeisterdiener Johannes Janssen ist sich sicher: Die Stadt befindet sich in höchster Gefahr. Denn er weiß, was aus dem Ei schlüpfen wird: Ein Basilisk - ein Wesen mit dem Kopf eines Hahns, der Körper eine Mischung aus Schlange und Drachen. So schreibt Janssen zumindest in seiner Stadtchronik des Jahres 1784.

Seltsames Aussehen, tödliche Wirkung
Nicht länger als umgerechnet 24 Zentimeter mit einem weißen Fleck am Kopf, der an eine Krone erinnert. So beschreibt schon der antike Autor Plinius der Ältere den Basilisken. Immer wieder tauchte der "König der Schlangen" über die Jahrhunderte verteilt in mittelalterlichen Tierbeschreibungen auf - und mit jeder Erwähnung, so scheint es heute, schrieben die Autoren dem Basilisken neue Fähigkeiten zu: Manchmal krochen Basilisken wie eine Schlange auf dem Boden, manchmal schlüpften sie aus Eiern, die von einer Schlange oder einer Kröte ausgebrütet worden waren. Einig waren sich die Schreiberlinge nur in einem: Die Begegnung mit einem Basilisken endet meistens tödlich!
Sicherlich - mit seinem Hühnerschnabel und den Hühnerfüßen sieht der Basilisk schon ein wenig lächerlich aus. Aber trotzdem sollte man ein Zusammentreffen mit dem Fabelwesen tunlichst vermeiden: Denn wer dem "König der Schlangen" in die Augen blickt, versteinert auf der Stelle oder fällt gleich tot zu Boden. Und Mundgeruch hat das Fabelwesen außerdem: Aus seinem Rachen strömt ein giftiger Atem, der nicht nur Pflanzen verdorren lässt, sondern auch einen Menschen in kürzester Zeit tötet!
Wie töte ich einen Basilisken?
Wer sich dennoch zutraut, es mit einem Basilisken aufzunehmen, sollte stets einen Hahn oder einen Wiesel im Gepäck haben. Denn der Sage nach gibt es nur zwei Möglichkeiten, um das Tier zur Strecke zu bringen: Der Schrei eines Hahnes oder der Schweißgeruch eines Wiesels.
Das wusste schon Plinius der Ältere und gab den Lesern seines Nachschlagewerkes "Naturgeschichte" folgende Anleitung zur Basiliskenjagd mit auf den Weg: "Man wirft Wiesel in die Höhlen [der Basilisken], die man leicht an dem ausgedörrten Boden erkennt. Diese töten durch ihren Geruch, sterben aber zugleich selbst, und der Streit der Natur ist bereinigt!"
Eine Information, die auch Harry Potter gut hätte gebrauchen können. Denn selbst der wohl bekannteste Zauberschüler der Welt musste schon gegen das gefährliche Fabelwesen antreten: Doch anstelle eines Mischwesens aus Hahn, Schlange und Drachen entpuppt sich der Basilisk im Buch "Die Kammer des Schreckens" 'nur' als eine gefährliche Riesenschlange. Deren Blick ist allerdings ebenso tödlich wie der ihrer mittelalterlichen Vorfahren.

Viele Fälschungen und ein Leguan
Dass es der Glaube an das Fabelwesen aus afrikanischen und orientalischen Regionen (angeblich der Herkunftsort des Basilisken) schließlich bis nach Deutschland geschafft hat, beweisen zahlreiche Beschreibungen in mittelalterlichen Chroniken sowie Darstellungen von Basilisken an Brunnen, Häuserwänden und Brücken in Deutschland. Allerdings entpuppten sich die Basilisken, die immer wieder auf mittelalterlichen Jahrmärkten und Tierschauen ausgestellt wurden, allesamt als Fälschungen.
In Lateinamerika könnt ihr einem Basilisken dagegen in Fleisch und Blut begegnen: Denn eine 1758 entdeckte Gattung der Leguane wurde nach dem Fabelwesen benannt. Hühnerköpfe und giftigen Atem sucht ihr bei diesen Echsen allerdings vergeblich: Die echten Basilisken zeichnen sich durch eine andere, recht praktische Fähigkeit aus: Um bei Gefahr vor Fressfeinden zu fliehen, können übers Wasser laufen - zumindest für eine kurze Strecke.