Tiere beim Film
Schnitt! Der Tiertrainer Gary Gero atmet erleichtert auf. Die Szene ist im Kasten. Alle klatschen. Am Dreh des Films "Harry Potter und die Kammer des Schreckens" waren viele Tiere beteiligt. Und die sind manchmal sehr eigenwillig.
Tausendmal geprobt
Monatelang hat Gary mit der tollpatschigen Eule Errol geübt. Sie musste lernen durch geöffnete Fenster zu fliegen, Briefe zu tragen, sich auf den Rücken zu legen und wieder aufzurappeln. "Obwohl es viele Leute glauben, sind Eulen nicht besonders intelligent", sagt Gary "Man muss alles sehr oft wiederholen. Ein Papagei oder ein Rabe lernt es beim zehnten Versuch, eine Eule erst beim tausendsten. Aber sie sind wunderbare Geschöpfe und werden sehr zutraulich."
Und allein sind sie auch nicht. Schon im ersten Film "Harry Potter und der Stein der Weisen" spielten 16 Eulen mit.
Da ist zum Beispiel der Hauptdarsteller von Harrys persönlichem Postboten, die Schnee-Eule Hedwig. Im richtigen Leben heißt sie Gizmo und wird von ihren gefiederten Doppelgängern Kasper, Oops, Swoops, Oh Oh, Elmo und Bandit vertreten. Die übernehmen für Gizmo waghalsige Flugszenen oder stehen geduldig still, bis die Techniker verschiedene Beleuchtungen ausprobiert haben.
Tricks und Attrappen
Aber auch die professionellsten Eulen müssen hin und wieder auf kleine Tricks zurückgreifen. Wenn man sie im Film hoch am Himmel fliegen sieht, wurde die Szene in Wirklichkeit im Studio gedreht. Dort hockte der Vogel mit ausgebreiteten Flügeln auf dem Arm seines Trainers und ließ sich von einer Windmaschine durchpusten. Später wird die Aufnahme im Computer vor einen anderen Hintergrund gesetzt und es sieht aus, als ob die Eule fliegt.
Gizmo und seine Freunde sind Greifvögel und schnappen sich aus dem Flug heraus schon mal eine Maus oder einen kleinen Igel. Aber einen Brief mit sich herumschleppen? Darauf haben sie keine Lust. Die Botschaften werden deshalb mit unsichtbaren Schüren an ihren Krallen befestigt. Zum richtigen Zeitpunkt zieht ihr Trainer an einem kleinen Schnürchen und die Post segelt Harry in den Schoß. Wenn die geflügelten Boten dem Zauberlehrling seinen Besen "Nimbus 2000" bringen, ist natürlich auch ein Trick dabei. Selbst eine Herkules-Eule würde mit so einem schweren Ungetüm keinen Meter weit kommen. Darum wurde der Besen in mühevoller Handarbeit aus Papier nachgebaut.

Harry Potter machte die Tiere nicht nur berühmt, sondern bewahrte viele von ihnen auch vor einer traurigen Zukunft. Den Mastiff Bully zum Beispiel, der mit drei Artgenossen den Hund Fang spielt, entdeckte Gary verwahrlost auf einem Schrottplatz.
Fußbodenheizung für die Katzendamen
Die drei Katzen, die Mrs. Norris darstellen, kommen aus einem Tierheim in England. Beim Filmdreh werden sie jetzt wie Königinnen behandelt. Während der Dreharbeiten in der Burg hält ihnen eine Fußbodenheizung die Pfötchen warm. Die Schnee-Eulen mögen es dagegen lieber kalt. Sie brauchen Ventilatoren und eine Klimaanlage. Garys fünfköpfiges Team schleppt alles herbei und sorgt dafür, dass die fleischfressenden Vögel den 12 Ratten, die den Scrabbers spielen, nicht zu nahe kommen.

Schön, dass es bei so viel Trubel auch Tiere gibt, die eher träge sind. Die vier Kröten, die sich die Rolle des Trevor teilen, hockten den ganzen Tag in ihrem beheizten Terrarium, verzogen keine Miene und weigerten sich hartnäckig Tricks zu lernen.
Wie wird man eigentlich Tiertrainer?
"Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen" sagt Gary Gero. "Meine ersten Tiere waren Hunde, Schweine, Pferde, Baby-Waschbären und Stinktiere." Auch heute leben die meisten Tiere, die die von ihm gegründete Firma für Filme trainiert, bei ihm und den anderen Trainern zu Hause. Feierabend? Gibt es nicht. Irgendwo grunzt, bellt oder zwitschert es immer. "Es gehören eine Menge Disziplin, Stärke und Willenskraft zu diesem Beruf", warnt Raubtierdompteur und Zirkusdirektor Gerd Siemoneit-Barum.
Wer Tiger zähmen oder Eulen dressieren will, sollte zuerst eine Ausbildung als Tierpfleger machen. Das geht in Zoos, Tierheimen oder bei Tierärzten. Danach empfiehlt sich ein Praktikum bei einem erfahrenen Tiertrainer.
Ob man dann tatsächlich beim Film oder im Zirkus landet, ist ungewiss. Dort gibt es nur wenige Arbeitsplätze. Sehr viel mehr "wilde" Tiere zu bändigen haben private Haustierbesitzer.
Besonders Hundeschulen wurden in den letzten Jahren immer beliebter. Dort bringt man eigenwillige Vierbeiner und genervte Besitzer einander näher. Am Ende sind dann hoffentlich beide zufrieden und verstehen sich. Über solche Erfolge freut sich der Trainer - auch wenn sie ihn nicht reich machen. Aber Geld ist nicht das wichtigste. Tiertrainer zu sein, so fasst es Dompteur Siemoneit-Barum zusammen, "ist eine Berufung".