Tatsächlich gibt es für jede Verletzung den passenden Kunst-Körpersaft: Aus über 70 "Blutgruppen" können Masken- und Bühnenbildner wählen. Im Angebot: helles und dunkles Blut, dickflüssiges, dünnflüssiges und schnell krustendes Blut. Es gibt Blut-Gel, Blut-Paste, Blut-Puder.
Außerdem Blut-Kapseln zum Zerbeißen und Blutkissen zum Zerschießen, die Schauspieler prall gefüllt unter ihrer Kleidung verstecken, zusammen mit einem kleinen Sprengsatz. Im passenden Moment lassen sie das Kissen per Knopfdruck explodieren. Fertig ist die Schusswunde! Klingt nach einer großen Schweinerei, ist aber eigentlich halb so wild: Filmblut lässt sich ganz leicht auswaschen.
In Horrorschockern, Krimis und Vampirfilmen fließt Blut in Strömen. Es spritzt an Wände, tropft von langen Messern, rinnt aus Nase und Mund, quillt aus Wunden hervor. Geschmacklos? Nö! Denn das Blut für Film und Fernsehen schmeckt nach Erdbeere, ziemlich intensiv sogar, und leicht seifig beim Runterschlucken.
10.000 Tonnen Kunstblut stellt Kyrolan jährlich her
Hauptsächlich besteht Kunstblut nämlich aus Wasser, verraten die Mitarbeiter der Firma Kryolan, mit 10.000 Tonnen jährlich einer der größten Hersteller weltweit. Damit es schön zäh fließt, kommt ein Verdickungsmittel hinzu, eine durchsichtige, glibberige Masse, die auch in manchem Joghurt steckt. Flüssiges Glycerin sorgt zudem wie bei Kaugummi dafür, dass das Kunstblut nicht zu schnell hart wird. Dann kommt Lebensmittelfarbe ins Spiel, als rotes, gelbes und schwarzes Pulver.
Täuschend echt sieht das Kunstblut dann aus, schmeckt aber noch nach Creme. Deshalb werden zum Schluss ein paar Tropfen Erdbeer-Aroma untergerührt, zumindest bei der Standard-Mixtur. Für die Schauspieler, denen Erdbeer-Blut zum Hals raushängt, gibt es eine weitere Geschmacksrichtung: Pfefferminz.
Blut in verschiedenen Farben
Nicht zuletzt wird so manche Sondermischung in der Kunstblut-Küche zusammengebraut. Grünes Blut etwa für Monster, Schiffsblut, das sich leicht von Holzplanken abwaschen lässt, oder Zauberblut für Schnittwunden. Das besteht aus zwei Flüssigkeiten: einer farblosen, die auf Arm oder Hals gepinselt wird, und einer braunen für das Messer. Streift die "Klinge" nun die Haut, reagieren die Flüssigkeiten zu rotem "Blut", das aus dem "Schnitt" hervorsickert.
Das meiste Kunstblut fließt übrigens gar nicht bei Dreharbeiten für Filme. Eine Krimiszene mit wenigen Spritzern auf der Leiche ist schließlich schnell im Kasten. Im Theater hingegen wird Abend für Abend gestorben und frisches (Kunst-)Blut vergossen. Bis zu zehn Liter verbraucht ein deutsches Theater jährlich im Schnitt. Ähnliche Mengen benötigt nur das Rote Kreuz - für die Sanitäter-Ausbildung.