Nach dem Atomunfall in Japan ist das Thema Energie präsenter denn je: Die Medien berichten über die Risiken von Atomstrom, Politiker diskutieren mögliche Alternativen. Doch neben der Frage, woher wir unseren Strom bekommen, gibt es noch eine andere, ebenso wichtige Frage: Wie können wir Strom sparen?
Vor allem in öffentlichen Gebäuden wie Konzerthäusern und Kirchen ist das Potenzial besonders groß. Aber natürlich auch in Schulen. Oft brennt das Licht oder die Heizung ist voll aufgedreht, obwohl alle Schüler den Klassenraum verlassen haben. Das verbraucht nicht nur unnötig Energie und trägt zur Klimaerwärmung bei, sondern kostet auch Geld.

Mit dem Projekt fifty/fifty hat die Stadt Hamburg Mitte der 90er Jahre einen Anreiz geschaffen, das Energiekonzept an Schulen zu optimieren. Die Schulen versuchen so viel Energie zu sparen wie möglich. Am Ende des Schuljahres bekommen sie die Hälfte des eingesparten Betrages von der Stadt ausbezahlt. Schule und Stadt machen also fifty/fifty. Seit 2007 bekommt die beste Schule den Hamburger Klimabären verliehen.
Die Stadtteilschule Barmbek hat sich die Trophäe schon zwei Mal gesichert, 2008 und 2010. Ein Erfolg der Schüler. In jeder Klasse sind zwei Energielotsen dafür zuständig, dass in den Räumen sinnvoll gelüftet wird, die Heizung richtig eingestellt ist und das Licht nur dann an ist, wenn es auch tatsächlich gebraucht wird. Katharina Lehmann ist ein solcher Energielotse. "Manchmal maulen die anderen schon, wenn ich sie darauf hinweise, sie machen es dann aber meistens trotzdem", erzählt die 19-Jährige von ihrer Aufgabe, zu der sie eher aus Zufall kam. "Vor zweieinhalb Jahren sagte unsere Klassenlehrerin zu mir, ich solle mich darum kümmern, dafür zwei Mitschüler zu finden." Aber niemand wollte, so dass Katharina selbst und eine Freundin das Amt übernahmen. Bis dahin hatte sich die Schülerin kaum mit dem Thema Energie beschäftigt, fand eher, dass es zu sehr aufgebauscht würde. Inzwischen ist sie begeistert von dem Projekt.
Unter anderem auch darum, weil das Aufbaugymnasium damit mehr als 20.000 Euro "verdient" hat. Mit dem Geld wurden unter anderem Photovoltaik-Anlagen für das Dach und Bewegungsmelder für Flure und Toiletten installiert - hier brennt das Licht nicht mehr die ganze Nacht. "Seit diesem Schuljahr haben wir einen Raum mit Bewegungs- und Präsenzmeldern ausgestattet" verrät Hausmeister Jan Behne. Ist niemand mehr im Klassenzimmer, geht das Licht von allein aus. Aber auch, wenn es ohne die Kunststoffröhren hell genug ist. "Wir haben das anfangs gar nicht erzählt, um zu sehen, ob es richtig funktioniert und Sinn macht. Bisher hat sich aber keiner beschwert", grinst Behne. Da er als Hausmeister für die gesamte Haustechnik – inklusive Heizung und Licht zuständig ist, war er an von Anfang an in fifty/fifty eingebunden.

Ein Problem, mit dem alle Schulen zu kämpfen haben: Jedes Jahr schließen zahlreiche Jugendliche die Schule ab und es kommen neue hinzu. An der Stadtteilschule Barmbek als Aufbaugymnasium erst mit der siebten, bald nur noch ab der zehnten Klasse beginnt, ist der Wechsel besonders groß. "Wir fangen jedes Schuljahr neu an", erzählt Jörn Krönert, für fifty/fifty zuständig. Um jedes Jahr einen Anreiz zu schaffen, tritt das Gymnasium nicht nur gegen die anderen Hamburger Schulen an, sondern auch die einzelnen Klassen untereinander. Einige Schüler sind heimliche Kontrolleure, deren Namen nur Jörn Krönert kennt. Im Vorbeigehen oder nach Unterrichtsschluss kontrollieren sie Heizungen und Licht. Die Gewinnerklasse bekommt am Ende des Schuljahres einen Anteil des fifty/fifty-Ertrags für die Klassenkasse.

Auch im Unterricht lässt der Lehrer für Physik und Chemie die Themen Energie und Klimawandel einfließen. Wie funktioniert ein mit Solarstrom betriebenes Auto? Wie kann man Solarstrom speichern? Dabei spielt die Praxis eine große Rolle. Vor ein paar Monaten hat er gemeinsam mit etwa 15 Schülern den Dachboden des Schulgebäudes gedämmt. Für Katharina eines der Highlights: "Wir haben zwei Tage ziemlich geschuftet, aber es hat riesigen Spaß gemacht."
Fifty/fifty hat nicht nur den Umgang mit Energie, sondern auch andere Dinge an der Stadtteilschule verändert. "Das Projekt orientiert sich an dem Begriff der Nachhaltigkeit. dazu gehören neben ökologischen auch ökonomische und soziale Aspekte", erklärt Schulleiter Bernd Tißler. "Das Geld aus fifty/fifty fließt also zum Beispiel auch in die Gestaltung der Pausenhalle und Nachhilfe. Außerdem fertigen unsere Schüler jedes Jahr 16 Solarlampen, die nach Togo verschickt werden", so Tißler weiter.
Für Katharina ist klar, dass sich fifty/fifty lohnt. "Wir verbringen die meiste Zeit in der Schule, nicht nur während des Unterrichts. Deshalb sollte alles so angenehm wie möglich sein." In Zukunft möchte sie aber nicht nur für die eigene Schule einsetzen, sondern auch anderen helfen, bei denen das Energiespar-Projekt nicht so erfolgreich läuft. Gemeinsam mit Energielotsen anderer Schulen möchte sie eine Art Beraterteam zusammenstellen. Aber auch bei Katharina zu Hause hat sich einiges verändert: Glühbirnen sind Energiesparlampen gewichen und die Klospülung hat sie mit einer Spartaste versehen. Denn auch zu Hause lohnt sich Energie sparen - für die Umwelt und den Geldbeutel.
fifty/fifty bundesweit
In ganz Deutschland sparen derzeit 3500 Schulen Energie mit fifty/fifty. Durchschnittlich reduzieren sie ihren Stromverbrauch dadurch um 8000 Kilowattstunden pro Jahr - und "ersparen" sich so etwa 5000 Euro jährlich. Außerdem stoßen sie so 25 Tonnen CO2 weniger aus.