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Wie peinlich!

Eiskalte Hände, knallroter Kopf, und das Herz klopft wie verrückt: Was ist mit unserem Körper los, wenn wir etwas Unangenehmes erleben? Wieso schämen wir uns? Und: Ist das peinliche Gefühl vielleicht auch zu etwas gut?

Mist! Wie konnte das bloß passieren! Du wusstest doch, dass alle auf dem Ausflug schwimmen gehen und du deine Badesachen brauchst. Ständig vergisst du irgendetwas! Die anderen sind schon in der Umkleide verschwunden. Nur du stehst noch dumm rum. "Was ist?", fragt jemand. Du guckst zu Boden. "Hab meine Badesachen vergessen." - "Dann geh doch nackig schwimmen!", ruft einer der Jungs. Und seine Freunde kichern. Auch das noch! Allein bei der Vorstellung würdest du am liebsten im Boden versinken! Du fühlst dich plötzlich sehr einsam, dein Herz wummert. Fehlt bloß noch, dass du jetzt vor den anderen eine rote Birne kriegst!

Fast jeder hat so etwas schon erlebt: eine Situation, in der man sich schämt. Weil man in Biologie etwas nicht weiß und dann eine Antwort gibt, über die sich alle schieflachen. Weil einem der Hosenladen offen steht und dann jemand einen Witz darüber macht. Weil man bei einer Lüge ertappt wird oder man drei Meter gegen den Wind nach Knoblauch riecht.

Wir schämen uns, wenn wir uns bloßgestellt fühlen: wenn jemand uns sieht, wie wir uns lieber nicht zeigen möchten - ungeschickt, nicht schlau genug, mit Mundgeruch. Oder nackt, während alle anderen etwas anhaben!

Der Körper reagiert bei diesem Gefühl so ähnlich wie bei Angst. Die Kommandos gibt das Gehirn, ohne dass wir es beeinflussen können: Pulsschlag erhöhen! Atmung steigern! Muskeln durchbluten! So macht sich unser Körper bereit zur Flucht - und drosselt alle Funktionen, die dafür nicht notwendig sind. Es gelangt weniger Blut in die Verdauungsorgane: So machen wir uns manchmal vor Angst beinahe in die Hose! Auch die Finger sind schlechter durchblutet: Sie werden kalt. Gleichzeitig schüttet der Körper Adrenalin aus, einen Stoff, der uns in Alarmbereitschaft versetzt und Kräfte mobilisiert. Dadurch weiten sich unter anderem die feinen Blutgefäße in unseren Wangen: Wir werden rot!

Scham und Angst sind also eng "verwandt". Wir fürchten uns, von anderen ausgeschlossen zu werden, weil wir unangenehm auffallen. So schämen sich viele, weil sie sich zu dünn oder zu dick finden - auch wenn das gar nicht stimmt! Anderen ist es peinlich, wenn sie nicht die Klamotten tragen, die gerade cool sind. Unser Schamgefühl macht uns dabei etwas bewusst: Uns wird klar, wie und wer wir sind - und wie die anderen sind, von denen wir uns unterscheiden.

Das Schamgefühl spielt daher immer dann eine Rolle, wenn wir mit anderen Menschen zu tun haben. Denn sich schämen kann nur, wer sich und andere beobachtet, wer Unterschiede bemerkt und Regeln erkennt.

Das Schamgefühl hilft uns also mitunter, unseren Platz in einer Gruppe zu finden. Allerdings kann es auch stören: Wer zu schamhaft ist und schon beim geringsten Anlass im Boden versinken möchte, wird sich völlig von anderen zurückziehen und mit dem Alleinsein sicher nicht glücklich. Aber auch das Gegenteil ist keine Lösung: Ganz ohne Scham würden wir kaum miteinander auskommen. Denn wer sich einfach nackt auszieht, wann und wo es ihm gerade passt, stößt andere vor den Kopf!

Dass viele Ureinwohner in Afrika oder Südamerika nackt oder beinahe nackt herumlaufen, bedeutet aber nicht, dass sie keine Scham kennen. Ihr Leben folgt nur anderen Regeln. Und die sollte man gut kennen, um peinliche Situationen zu vermeiden, für sich selbst und für andere!

Manchmal kann man schon bei der Begrüßung ins Fettnäpfchen treten. In China etwa wird ein fester Händedruck oder ein allzu offener Blick in die Augen leicht als aufdringlich empfunden. So viel Direktheit ist manchen Chinesen derart unangenehm, dass sie vor Scham rot anlaufen.

Da hilft nur eines: das Missverständnis klären und nächstes Mal besser aufpassen. Aus Schamgefühlen kann man schließlich auch etwas lernen. Ganz vermeiden lassen sie sich wohl nicht. So bleibt nur ein schwacher Trost: Auch die unangenehmste Situation geht vorüber! Und später wird man sich vielleicht mit Schmunzeln daran erinnern, wie peinlich etwas einmal war...

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