Die Kristallkugel (Johanna Heit, 14 Jahre)

Laila rannte über die Wiese. Ihre bloßen Füße stolperten immer wieder über Erdmulden. Aber sie wollte fort. Fort von den anderen, höhnisch lachenden Kindern. Sie wollte allein sein. Obwohl sie ganz in Gedanken versunken war, bemerkte sie aus den Augenwinkeln etwas Schimmerndes. Sie blieb stehen und beschloss es sich näher anzusehen. Dort lag eine Kristallkugel. Aber – Laila stockte – in der Kristallkugel waren merkwürdige Wesen. Ein Wesen – es war eher klein, sah aus als würde es aus lauter Blättern bestehen und hatte eine Blume im Blatthaar, stand vor einer großen Ansammlung von anderen Wesen, die ähnlich aussahen, nur etwas schlichter. Sie schienen alle in heller Aufregung. Rund um sie herum war Wald. Der Wald war schimmernd und in einer gewissen Weise – sie konnte es sich nicht erklären – Märchenhaft. Laila war verblüfft. Neugierig nahm sie die Kugel in die Hand. Plötzlich schnellte ein heller Strahl aus der Kugel heraus. Er blendete sie für mehrere Sekunden.

Als sie wieder sehen konnte, saß sie mitten unter den Blattgestalten! Ungläubig blickte sie sich um. Das war doch nicht möglich! "... Ich hoffe, der Schutzmechanismus der Kugel bringt uns bald einen Gehilfen." Sprach das Wesen mit der Blume, es schien so etwas wie der König zu sein. "Da ist Besuch!", sie wurde plötzlich bemerkt." Die Kugel hat uns nicht im Stich gelassen!" Mit diesen Worten brach ein Tumult aus. Laila wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte. Sie hatte keine Ahnung worum es überhaupt ging. Der König bat um Ruhe. "Hallo, mein Kind. Wir sind das Volk der Blataner. Die Kugel hat dich geschickt, da sie von Baranen gestohlen wurde. Sie sichert unsere Eigenständigkeit. Würdest du uns helfen sie zurückzuholen?" Laila war überrumpelt. Sie wollte nicht unhöflich sein, also... "ja, gerne" "Vielen Dank" nickte der König noch. Dann kamen fünf der unzähligen Wesen zu ihr, und brachten sie an einen ruhigen Ort unter einer großen Kastanie. "Es ist gefährlich." Erklärte ihr einer der von ihnen, "Aber wir müssen uns beeilen." Er zog aus einem Beutel eine riesige Flasche heraus und reichte sie Laila. "Du musst alleine gehen. Wir kommen nicht zu ihnen heran, da sie ein magisches Warnsystem für Blataner haben. Wenn du die Kugel hast, musst du nur tief in sie hineinschauen, dann bist du mit der Kugel in Sicherheit. Pass auf dich auf – viel Glück!" Laila nahm einen Schluck. Da fühlte sie wie sie sich rasend schnell drehte und in hoher Geschwindigkeit durch einen Tunnel voller Farben flog. Doch nach wenigen Sekunden befand sie sich in einem Dorf fast direkt vor einem kleinen Haus, hinter einem Busch.

Laila sah unruhig auf das Haus. Plötzlich öffnete sich die Tür und zwei merkwürdig glitschig-blaue Wesen traten mit DER Kristallkugel hervor. "Wir müssen sie an einen sicheren Ort bringen" kam die unheilvolle Stimme des linken Baranen. Laila wusste was zu tun war. Sie holte tief Luft und rannte blitzschnell vom Busch hervor, entriss dem Wesen die Kugel und rannte so schnell sie konnte davon. Ein Überraschungsangriff. Sie stolperte über Wurzeln und Zweige, sie wusste nicht wohin sie rannte, wichtig war nur, das Wesen, das hinter ihr immer näher kam abzuschütteln. Doch sogleich bemerkte sie, an den vielen, lauten schreien: es war nicht EIN Wesen. Es war die halbe Dorfbevölkerung. Ihre Lunge begann zu stechen, sie konnte nicht mehr. Aber sie musste. Als sie um die Kurve rannte bemerkte sie einen dicken Baum. Atemlos schmiss sie sich dahinter, zog die Kugel hervor und schaute tief in sie hinein. Wieder kam der grelle Strahl heraus ...

Sie befand sich wieder auf der Wiese. Kopfschüttelnd blickte Laila um sich. Es war, als wäre das ganze nie passiert. Nur sie wusste jetzt: sie würde sich von den anderen nicht unterkriegen lassen. Da bemerkte sie die Kugel neben sich. Auf ihr las sie die Worte: Vielen Dank für deine Hilfe! Jetzt sind wir wieder sicher. Die Blataner. Und dann verschwand die Kugel. Sie war einfach weg. Und Laila wusste doch, sie hatte nicht geträumt.

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