Inhaltsverzeichnis
1. Preis
Jedes Jahr vergibt UNICEF zusammen mit der Zeitschrift GEO einen Preis für das "UNICEF-Foto des Jahres". Gewonnen hat ihn diesmal der Fotograf Don Bartletti mit seiner Reportage über den jungen Enrique, der durch die Hölle ging, um seine Mutter zu finden
1. Preis
Der US-Amerikaner Don Bartletti ist Sieger des Fotowettbewerbs "UNICEF-Foto des Jahres". UNICEF-Schirmherrin Christina Rau überreichte ihm die Urkunde. Don Bartlettis Siegerbild (großes Foto) zeigt einen Jungen aus Honduras auf dem Dach eines Güterzuges, unterwegs durch Mexiko Richtung USA. Der Fotoreporter hat solche Armutsflüchtlinge viele Wochen quer durch Mittelamerika begleitet. Einer von ihnen: Enrique.

Die Mutter geht in den USA arbeiten
Warum hat sie ihn verlassen? Enrique begreift nicht. Er ist erst fünf Jahre alt, als seine Mutter eines Tages ein paar Sachen packt und fortgeht. In die USA will sie, weg aus Tegucigalpa, der Hauptstadt von Honduras, wo sie mit ihren beiden kleinen Kindern arm wie eine Kirchenmaus lebt. In den USA, so hofft sie, kann sie Geld verdienen und es nach Hause schicken: damit Enrique und seine Schwester Belky zur Schule gehen können, für Kleidung und für Essen. In einem Jahr, sagt sie, will sie wieder zurück sein. So lange sollen sich Verwandte um Enrique und Belky kümmern.
Vergebliches Warten
Enrique wartet. "Wo ist Mami?", fragt er jeden Tag. Ein Jahr vergeht - doch die Mutter kommt nicht. Sie hat Arbeit gefunden, als Kindermädchen in den USA. Manchmal schickt sie Kleidung, Spielzeug und sogar Geld. Sehr selten ruft sie an. "Wann kommst du nach Hause?", fragt Enrique. Sie weicht aus. Enrique ist traurig, wütend, verzweifelt. So vergehen elf Jahre.
Enrique macht sich auf die Suche
Als Enrique 16 Jahre ist, beschließt er, die Mutter in den USA zu suchen. Die Schule hat er abgebrochen. Er hat kein Geld und auch keine Einreise-Erlaubnis für die USA. Trotzdem zieht er los - wie schätzungsweise an die 50000 Kinder aus Mittelamerika jedes Jahr. Zu Tausenden springen sie auf Güterzüge auf, die Richtung USA fahren, und klammern sich an ihnen fest. Die Großmutter hat Enrique gewarnt: "Viele Leute sterben auf den Zügen!" Doch der Junge will nicht mehr warten.
Immer wieder Rückschläge
Beim ersten Versuch wird er nach 31 Tagen und 1600 Kilometern von der mexikanischen Polizei geschnappt und über die Grenze abgeschoben. Auch die folgenden fünf Versuche scheitern. Beim siebten Mal schlagen ihn Räuber nachts auf einem Güterzug halb tot, bevor er sich mit einem Sprung vom Dach retten kann. Der Arzt, der seine Wunden versorgt, rät ihm, aufzugeben. "Nein", sagt Enrique, "ich will nicht zurück." Er hinkt weiter. Als ein Autofahrer neben ihm hält, steigt er ein. Ein Fehler. Der Mann ist Polizist. Wieder muss Enrique zurück.
Diesmal klappt es
Erst beim achten Versuch kommt er durch. Er hat gelernt, Kontrollen zu meiden, traut niemandem, übernachtet auf einem Friedhof, bettelt um Essen. Und springt immer wieder auf Güterzüge. Zuletzt überquert er, der nicht schwimmen kann, den reißenden Rio Grande, den Grenzfluss zwischen Mexiko und den USA, in einem Gummireifen.
Endlich am Ziel
Nach fast vier Monaten und einer Strecke von 19000 Kilometern ist Enrique am Ziel, irgendwo im US-Staat North Carolina. Er rennt in den Wohnwagen, in dem seine Mutter wohnt. Sie schläft. Er springt neben sie aufs Bett, weckt sie, küsst sie. "Da bin ich", sagt er. Endlich - nach fast zwölf Jahren.
2. Preis

Leid im Überfluss: Unglücklich sitzen Jonathan, 14, und seine Schwester Yomara, 9, in einem amerikanischen Fast-Food-Restaurant. Er wiegt fast 120 Kilogramm, sie knapp 70. Beide Kinder sind schwer leberkrank. Aber sie schaffen es nicht, abzunehmen. Und auch ihre Eltern können nicht helfen: Der Vater sitzt im Gefängnis, die Mutter arbeitet den ganzen Tag. Die Aufnahme stammt von der britischen Fotografin Felicia Webb.
3. Preis
Tief verletzt: Dieses Mädchen aus Sierra Leone in Afrika ist erst zwölf Jahre alt. Mit zehn Jahren wurde es von Rebellen entführt und als Sklavin missbraucht. Nach einem Fluchtversuch wurde das Mädchen gefangen und zur Strafe mit Säure übergossen. Der Fotograf Brent Stirton traf die ehemalige "Buschfrau", nachdem sie geflohen war und Schutz in einer Selbsthilfegruppe für Folteropfer gefunden hatte.
