VG-Wort Pixel

"Schreiben ist wie eine Sucht"

Seit März dieses Jahres ist "Calaspia. Die Verschwörung" in deutschen Buchläden erhältlich. Für GEOlino.de traf Karolina Lipiec die zwei ungewöhnlichen Autoren Suresh und Jyoti Guptara und sprach mit ihnen über ihr Buch, die Liebe und die Schattenseiten des Erfolges. Mit Steckbriefen!

Bereits mit 11 Jahren schrieben die Zwillingsbrüder die erste Fassung von "Calaspia". Als Teenager entwickelten sie das Fantasy-Abenteuer zu einer dreiteiligen Saga. Im Jahr 2006 erschien der erste Teil ihres Debütromans in Indien und erreichte innerhalb kürzester Zeit Platz zwei der Bestsellerliste. Die damals 17-jährigen Brüder wurden so zu den jüngsten Bestseller-Autoren der Welt. Seit März dieses Jahres ist "Calaspia. Die Verschwörung" auch in deutschen Buchläden erhältlich. Für GEOlino.de traf Karolina Lipiec die ungewöhnlichen Zwillinge und sprach mit ihnen über ihr Buch, die Liebe und die Schattenseiten des Erfolges.

GEOlino.de Redakteurin Karolina Lipiec mit Suresh (li.) und Jyoti (re.) Guptara
GEOlino.de Redakteurin Karolina Lipiec mit Suresh (li.) und Jyoti (re.) Guptara
© Karolina Lipiec

In euerem Buch geht es um eine geheime Macht, die den Wahnsinn über die friedliche Welt von "Calaspia" bringen will. Was reizt euch an Fantasy-Geschichten?

Suresh: Bei Fantasy gibt es keine Grenzen. Du kannst alles machen, was du willst. Niemand kann sagen "Was du da schreibst, ist Quatsch" oder "So was gibt es gar nicht". Diese Freiheit hat uns schon immer gut gefallen.

Wann habt ihr mit dem Schreiben angefangen?

Jyoti: Wir haben schon als Kinder viele Abenteuerbücher gelesen und uns gegenseitig ausgedachte Geschichten erzählt. Manchmal haben wir sie auch aufgeschrieben. Am liebsten waren uns die Anfänge. Wir zeichneten Landkarten und überlegten uns, was in dieser Welt passieren könnte. Dann wurde es uns langweilig und wir dachten uns ein neues Abenteuer aus. So wurden unsere Geschichten nie länger als zehn Seiten.

Sich ein Paar Notizen zu machen ist eine Sache. Ein Buch zu schreiben, eine andere.

Jyoti: Mit elf Jahren setzte ich mich eines Tages vor den Computer und beschloss, endlich eine ganze Geschichte zu schreiben. Vom Anfang bis zum Ende.

Suresh: Da kam ich ins Zimmer und fragte, ob ich mitmachen kann.

Jyoti: Ich konnte nicht Nein sagen, weil ich die Landkarten und Ideen, die wir über die Jahre zusammen gesammelt haben, unbedingt in der neuen Geschichte benutzen wollte. Und so machten wir uns an die Arbeit.

Und, habt ihr durchgehalten?

Suresh Guptara
Suresh Guptara
© Guptara Zwillinge

Suresh: Ja. Nach sechs Monaten war die erste Fassung fertig. Damals endete unsere Geschichte ungefähr in der Hälfte der jetzigen Fassung von "Calaspia. Die Verschwörung". Unser Vater erzählte uns damals, dass einige unserer Lieblingsautoren auch so mit dem Schreiben angefangen haben. Er meinte, dass wir unsere Erzählung vielleicht irgendwann veröffentlichen könnten – genau wie sie.

Jyoti: Wir waren von der Idee sofort begeistert und fingen gleich an, unsere Geschichte zu verbessern.

Es ist schon schwer genug, allein ein Buch zu schreiben. Aber wie schreibt man ein Buch zu zweit?

Suresh: Bei der ersten Fassung schrieben wir abwechselnd. Wenn ich keine Lust mehr hatte, machte Jyoti weiter.

Jyoti: Heute arbeiten wir strukturierter. Die Handlung, die Charaktere und die Welt besprechen wir immer zusammen. Ansonsten gibt es keine festen Regeln. Oft arbeitet jeder von uns an unterschiedlichen Kapiteln. Nur bei den Schlüsselszenen sitzen wir wieder zusammen und gehen den Text gemeinsam durch.

Eure Mutter ist Engländerin, euer Vater Inder. Geboren seid ihr in England, und seit einigen Jahren lebt ihr in der Schweiz. Hat diese kulturelle Vielfalt Einfluss auf euer Schreiben?

Jyoti: Ja. Die Sitten, die Architektur und die Landschaften dieser Kulturen sind sehr verschieden. Wir beobachten unsere Umgebung immer sehr genau, auch wenn wir auf Reisen sind. Wenn uns etwas Besonderes auffällt, bauen wir das in unsere Erzählungen ein. So finden die Leser indische Kleiderformen oder auch den typisch trockenen Englischen Humor in unserem Buch wieder. Dem Ort, aus dem die Hauptfiguren unseres Romans stammen, gaben wir den Namen Quivelda. Das ist der römische Name von Weinfelden, der Schweizer Gemeinde, in der wir heute leben.

Die Zwillinge in Indien
Die Zwillinge in Indien
© Guptara Zwillinge

Jyoti, du hast die Schule mit 15 Jahren abgebrochen, um Vollzeit-Autor zu werden. Warum hast du das gemacht?

Jyoti: Im Grunde habe ich nichts gegen die Schule. Ich fand es aber blöd, Dinge zu lernen, die mich nicht interessierten. Außerdem wollte ich mehr Zeit mit Büchern verbringen.

Hast du diese Entscheidung jemals bereut?

Jyoti: Vielleicht wäre es damals besser gewesen, auf der Schule zu bleiben. Nicht wegen der Bildung, sondern weil man mit 15 Jahren noch Kind sein sollte – mit Freunden spielen und rumalbern. Ich war zwar mein eigener Chef und hoch motiviert, aber von richtigen Arbeitsstrukturen hatte ich keine Ahnung. Oft arbeitete ich nachts bis zu zwölf Stunden, und schlief dann bis zum späten Vormittag. Schreiben ist für mich wie eine Sucht, bei der ich alles um mich herum vergesse.

Hattest du auch genug von der Schule, Suresh?

Suresh: Nein. Als Jyoti das Gymnasium verließ, lebte ich bereits seit einem Jahr in einem Internat, in England. Ich fühlte mich dort sehr wohl.

2006 ging euer Traum endlich in Erfüllung: "Calaspia" wurde zum ersten Mal veröffentlicht. Wie hat sich euer Leben seit dem Durchbruch verändert?

Jyoti: Nicht viel. Außer, dass wir jetzt immer wieder auf Tournee gehen, wo wir Interviews geben und Lesungen halten. Manchmal werden wir auch auf der Straße erkannt. Aber das ist kein Rummel wie bei den großen Stars. Keine große Sache.

Hat der Erfolg auch Schattenseiten?

Jyoti: Ein großer Nachteil am Erfolg ist, dass man immer so viel geben muss, dass die Zeit für Hobbys, Familie oder Freunde fehlt. Wir würden gern mehr mit ihnen unternehmen.

Wenn ihr nicht auf Tournee seid, arbeitet ihr viel. Bleibt neben den ganzen Verpflichtungen noch Zeit für die Liebe?

Jyoti: Um nette Mädchen kennen zu lernen, fehlt uns ganz einfach die Zeit.

Suresh: Es wäre schon schön, eine Freundin zu haben. Wenn wir mit dem Buch nicht so erfolgreich wären, hätten wir daran sicher härter gearbeitet.

Ihr lebt, arbeitet und verreist zusammen. Auf vielen Bildern tragt ihr sogar die gleichen Klamotten. Was unterscheidet euch?

Die Guptara Zwillinge in der Schweiz
Die Guptara Zwillinge in der Schweiz
© Guptara Zwillinge

Suresh: Jyoti ist arbeitssüchtig. Er ist sehr gefühlsbetont und schnell begeistert von Ideen, die er auch sofort umsetzen will. Ich bin eher der Ruhige, der Logiker.

Jyoti: Ich finde, der größte Unterschied besteht darin, dass ich viel arbeite, während Suresh viel schläft. Nein, im Ernst: Wir sind schon verschieden. Das ist aber auch wichtig, so können wir uns als Team besser ergänzen.

Die meisten Kinder schauen lieber einen Film, als einen Roman in die Hand zu nehmen. Warum seid ihr trotzdem davon überzeugt, dass euer Buch eine Zukunft hat?

Jyoti: Ein Film dauert nur zwei Stunden. In einem Buch kann man sich viel länger und intensiver mit einem Thema oder einer Figur auseinandersetzen.

Suresh: Hier kann der Leser das Tempo der Erzählung selber bestimmen. Er kann eine halbe Stunde lesen und das Buch dann wieder weglegen. Oder er liest die ganze Nacht durch. Das spricht eindeutig für das geschriebene Wort.

Unter den Lesern von GEOlino.de gibt es auch einige talentierte Nachwuchs-Schreiber. Habt ihr einen guten Rat für sie?

Jyoti: Überlegt euch gut, ob ihr euer Hobby zum Beruf machen wollt. Wenn ja, müsst ihr viel Kritik vertragen können. Ihr braucht Durchhaltevermögen und Disziplin.

Suresh: Gebt nicht auf, wenn es mit der Veröffentlichung nicht gleich klappt. Wir haben dafür sechs Jahre gebraucht, zehn Fassungen umgeschrieben und so manche Träne vergossen.

Das Interview führte Karolina Lipiec.

Steckbriefe:

Suresh Guptara

Sternzeichen: Kenn ich nicht! Geburtstag am 22.11.1988.

Das beste Buch, das ich gelesen habe: Kein Besonderes – es gibt viele gute Bücher!

Lieblingsessen: Indisches Essen von der "King's Kurry" in Zürich (gehört unserem älteren Bruder).

Lebensmotto: Das Leben ist zu vielseitig, um sich auf ein Motto zu beschränken.

Lieblingsfarbe: Keine, das ändert sich je nach Laune.

Drei Sachen, ohne die ich nicht leben könnte: Ganz klar: Schlaf, Schokolade, Fußball.

Hobbys: Fußball, Skifahren, Filme gucken, mit Freunden treffen.

Jyoti Guptara

Sternzeichen: Keine Ahnung! Schütze … oder doch eher Skorpion?

Das beste Buch, das ich gelesen habe: Was ich gerade lese!

Lieblingsessen: Indisch – von der "King's Kurry"!

Lebensmotto: "Bewahre immer die Ruhe" – diesen Rat gab mit Gregory Davis Roberts, der Autor von "Shantaram".

Lieblingsfarbe: Die wechselt immer … meistens blau.

Drei Sachen, ohne die ich nicht leben könnte: Neben Luft, Wasser, Nahrung: Familie und Geschichten.

Hobbys: Fußballspielen, Malen, Zeichnen, Skifahren.

Hier geht's zum Buch-Tipp "Calaspia. Die Verschwörung"

Mehr zum Thema