Jedes Mal, wenn Atommüll durch Deutschland transportiert wird, gibt es Menschen, die dagegen demonstrieren. Dann zeigen die Nachrichten Bilder von Leuten, die sich an Bahngleise ketten oder mit Traktoren die Straße versperren. In ein paar Tagen kommt der nächste Transport und diesmal sind besonders viele Menschen wütend darüber. Denn obwohl niemand weiß, wie man Atommüll sicher lagern kann, hat die Regierung zugestimmt, die Atomkraftwerke länger laufen zu lassen und somit noch mehr Abfall zu produzieren.
Wie entsteht Atommüll?
Atommüll ist das Abfallprodukt bei der Herstellung von Strom in Atomkraftwerken. Für die Erzeugung von Atomstrom verwendet man Atome von Plutonium und Uran, denn bei ihrer Spaltung entsteht besonders viel Wärme, aus der man Strom erzeugen kann. Allerdings sind Plutonium und Uran radioaktive Stoffe, das heißt, sie senden Strahlen aus. Die können wir Menschen weder sehen noch riechen, aber sie sind für uns sehr gefährlich.
Um Menschen vor den schädlichen Strahlen zu schützen, werden Plutonium und Uran in Brennstäben gelagert. Das sind lange Metallrohre, aus denen keine Strahlen austreten können. Allerdings nehmen auch die Brennstäbe die Strahlung auf. Ist es soweit, dann müssen die Brennstäbe ausgewechselt werden. All diese verbrauchten Brennstäbe bilden zusammen den Atommüll.
Wohin mit dem Atommüll?
Der deutsche Atommüll wird zunächst in eine Wiederaufarbeitungsanlage gebracht. Auf dem Weg dorthin und zurück werden die Brennstäbe in besonders sicheren Behältern transportiert, den Castoren. In der Anlage wird aus dem Abfall kleine Mengen Plutonium und Uran zurückgewonnen, die weiterverwendet werden können.
Den restlich Müll bringt man in den Castoren zunächst in sogenannte Zwischenlager, wo er für eine begrenzte Zeit stehen darf. Wo er langfristig gelagert werden kann, weiß niemand so richtig, denn dafür haben die Menschen noch nicht genug Erfahrung mit Atommüll.
Der radioaktive Abfall strahlt mehrere Millionen Jahre. Die ersten Atomkraftwerke entstanden aber erst in den sechziger Jahren. Keiner kann also sagen, wie sicher eine Lagerungsstätte noch ist, nachdem der Atommüll mehrere Hundert Jahre darin gelegen hat. Die Regierung versucht momentan einen Ort zu finden, an dem der radioaktive Müll möglichst gefahrenfrei eingeschlossen werden kann. Das geht am besten unter der Erde. Wichtig ist dabei die Gesteinsart, die dann den Müll umgibt. Für die Lagerung kommen Ton, Salz und Granit in Frage.
Die meisten Länder können sich diese Gesteinsarten nicht aussuchen, sondern müssen nehmen, was die Natur des jeweiligen Landes bietet. Finnland und Schweden beispielsweise bauen ihre Endlager in Granit. Er ist die härteste Gesteinsart auf der Erde und entsteht tief in der Erdkruste, wenn vulkanische Magma kalt und fest wird. Schweiz oder Frankreich bevorzugen Tonschichten. Der Ton verformt sich und kann deshalb den Müll gut einschließen. Allerdings leitet er Wärme nicht gut ab und so müssen die Müllbehälter sehr weit auseinander stehen.
Erkundungen im Salzstock
In Deutschland bieten sich Salz oder Ton an, da der Granit hierzulande zu zerklüftet ist. Als Favorit für ein Endlager gilt der Salzstock Gorleben in Niedersachsen, der derzeit von einem Forscherteam erkundet wird. Deutsche Salzstöcke entstanden in einer Trockenzeit vor circa 260 Millionen Jahren.
Damals bildeten sich flache Meere, die durch starke Sonneneinstrahlung teilweise vollkommen austrockneten. Zurück blieben nur Kalk, Gips und Salze aus dem Meerwasser. Von anderen Gesteinsschichten wurde das Salz nach unten und in die für Salzstöcke typische pilzartige Form gedrückt.
Denn genau wie Ton ist Salz unter Druck beweglich, kann daher auch Risse und Hohlräume verschließen – und den Atommüll möglicherweise irgendwann völlig einschließen, so dass keine Strahlen mehr an die Oberfläche gelangen können. Andererseits ist Salz löslich. Wasser kann sich einen Weg durch den Salzstock bahnen und könnte so radioaktive Stoffe des vergrabenen Mülls in unseren Wasserkreislauf bringen.
Je nach Region kann Gestein weitere Eigenschaften aufweisen. Deshalb müssen alle mögliche Standorte für Atommüll-Endlager gründlich erforscht werden.
Ob eine dieser Lösungen wirklich sicher ist, kann auch dann keiner sagen. Es geht deshalb darum, die Art der Lagerung zu finden, die die größtmögliche Sicherheit bietet. Denn Verantwortung übernehmen heißt, den Müll, den man selbst produziert hat, auch zu entsorgen, und ihn nicht den nächsten Generationen zu überlassen.
Die meisten Castor-Demonstranten protestieren deshalb genau genommen gar nicht gegen die Atommüll-Transporte. Sie sind dagegen, dass immer mehr Müll produziert wird, solange keine endgültige Möglichkeit gefunden wurde, ihn gefahrenfrei zu lagern.