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Der Basketballkorb hängt hoch über dem Platz: Wenn Yves daruntersteht, kann der 13-Jährige das Netz gerade mal mit den Fingerspitzen berühren. Der Korbring scheint außer Reichweite! Unerreichbar aber ist fast nichts im Leben - das hat Yves in den letzten Tagen gelernt. Er trumpft den orangefarbenen Ball einmal auf, nimmt zwei Schritte Anlauf, springt ab, streckt sich und wirft die Kugel so gefühlvoll gegen das Korbbrett, dass sie punktgenau durch den Metallring fällt.
Erst die Schule, dann das Training
"So ist es richtig!", ruft Trainer Khoraîchi. Über Yves' Gesicht huscht ein Lächeln. Erst seit einer Woche trainiert der Junge im Jugend-Basketball-Camp des ehemaligen Profispielers Babacar Sy. Ein Camp, das einzigartig ist in Senegals Hauptstadt Dakar: Vormittags trainieren die elf- bis 15-jährigen Jungen Passen, Dribbeln, Werfen und Laufen. Nachmittags stehen Mathe-, Französisch- und Englischunterricht auf dem Plan. Obwohl Ferien sind! Kein Platz für Faulpelze: Wer die Schule schwänzt, wird vom Training ausgeschlossen.
Diese strengen Regeln haben einen ernsten Grund: Gerade mal vier von zehn Senegalesen können lesen und schreiben. Hoffnung auf Arbeit dürfen sich nur Schüler mit gutem Schulabschluss machen. Und selbst für sie sind die Chancen oft so gering, dass die jungen Leute zu Tausenden ihrer westafrikanischen Heimat den Rücken kehren. Sie vertrauen sich Schmugglerbanden an und brechen in winzigen Booten Richtung Europa auf. Unter Lebensgefahr - und stets ohne Einreiseerlaubnis.
Basketball macht Mut
Babacar Sy und sein Team wollen den Jungen zeigen, dass sie auch auf legalem Wege ihre Zukunft in der Hand nehmen können. Mit einer Sportlerkarriere in den USA zum Beispiel! "Wenn du etwas erreichen möchtest, musst du Disziplin haben", predigt der ehemalige Meisterspieler Djibril Ba während des Trainings. Dann ruft er den kleinen Fadel zu sich. Der Junge hat herumgealbert. Die Strafe: 20 Bauchaufzüge.
Spielen wie die Profis
Fadel legt los! Eins, zwei?... Weder er noch einer der anderen käme in diesem Moment auf die Idee, das Camp beleidigt zu verlassen. "Wir nehmen den Sport sehr ernst. Basketball ist unser Leben", sagt Yves. Ein Mannschaftskamerad fügt begeistert hinzu: "Vor diesem Trainingslager wusste ich so gut wie nichts. Jetzt fühle ich mich stark. Ich kenne die Regeln, lerne neue Taktiken und habe mich auch in Mathematik verbessert. Ich möchte, dass mein Team und ich Weltmeister werden."
Bis dieser Traum in greifbare Nähe rückt, werden Yves und seine Freunde noch viel trainieren müssen. Umsonst ist ihre Mühe keinesfalls: So manches Talent, das in Babacars Feriencamp das erste Mal einen Basketball in den Korb geworfen hat, verdient heute als Profi in den USA oder Frankreich sein Geld.
"Und selbst wenn es mit der Sportlerkarriere nicht klappt: In diesem Fall haben die Jungen wenigstens ein gutes Schulzeugnis und können auf die Universität gehen", sagt Trainer Djibril Ba.
Senegal braucht beides: Ehrgeizige, gut ausgebildete junge Menschen und talentierte Basketballspieler. Bei der Weltmeisterschaft 2006 verlor das Nationalteam leider noch jedes seiner Vorrundenspiele und landete auf dem letzten Platz.