Die richtige Technik führt schnell ans Ziel
Der Bauch ist angespannt, Arme in Position, die Beine abstoßbereit. Der Blick von Anette zeigt höchste Konzentration. Sie wartet auf das Startzeichen... Peng! Sofort stößt sie sich ab und drückt ihre Skates kraftvoll zur Seite.
Mit ihren Armen holt sie Schwung. Innerhalb kürzester Zeit erreicht sie auf der Rollbahn eine hohe Geschwindigkeit. Schon kommt die erste Kurve. Jetzt muss sie aufpassen: Hier lauert die Gefahr! Um mit maximaler Geschwindigkeit die Biegung heil zu überstehen, muss sie ihren Körper seitlich zur Bahn legen.
Die Beine führt die geübte Läuferin dabei überkreuz. So kann sie ihre Fahrlinie am besten korrigieren. Auf der Geraden gibt sie wieder Vollgas und sucht nach einer Möglichkeit, um den Vordermann zu überholen.
Anette weiß, worauf es ankommt
Mittlerweile ist die 14-Jährige ein alter Hase im Ballspielverein (BSV) Anklam. Seit sieben Jahren läuft sie schon mit. "Es ist die Geschwindigkeit (englisch: speed), die Gefahr und der Ehrgeiz als Erste über die Zielgerade zu kommen, was das Speedskaten für mich so spannend macht", sagt die ehemalige Jugend-Landesmeisterin von Mecklenburg-Vorpommern.

Speedskating Wettkämpfe
Speedskater fahren ihre Wettrennen entweder auf der Bahn oder auf abgesperrten Straßen. Manchmal sind es kurze Strecken, manchmal lange Marathonläufe. Sie haben eine spezielle Fahrtechnik entwickelt, mit der sie besonders schnell werden können. Die Profis können sogar Geschwindigkeiten bis zu 50 km/h erreichen! Das ist ungefähr so schnell, wie Autos in der Stadt fahren dürfen.
Die Läufer gehen dabei fast in die Hocke, so ähnlich wie beim Eisschnelllauf. So verringern sie nicht nur den Luftwiderstand, sie haben auch einen längeren Abdruckweg vom Boden. Speedskaten und Eisschnelllauf haben tatsächlich viele Gemeinsamkeiten.
1979 konstruierte der Eishockey-Spieler Scott Olson den modernen Inlineskater, um auch im Sommer nicht auf seinen Sport verzichten zu müssen. Es gibt viele Inlineskater, die im Winter auf Schlittschuhe umsteigen und als Eisschnellläufer sogar bei Wettkämpfen antreten.
Das Team von Anette skatet im Winter in einer großen Halle. Aber sobald das Wetter es zulässt, geht es an die frische Luft. Dann trainiert die Mannschaft zwei bis drei Mal in der Woche auf der Bahn. Direkt vor den großen Rennen trifft sich die Gruppe fast an jedem Tag! Für die Sportskanonen ist das kein Problem. „Es macht ja auch Spaß“, sagt die Schülerin.
Die Durchstarter
Mit Skaten kann jeder anfangen, der älter als vier Jahre ist. „Wir haben oft Neulinge, die noch nie auf Rollschuhen gestanden haben. Das ist kein Problem. Bei uns lernen sie die richtige Lauftechnik und vor allem auch das richtige Bremsen“, sagt Netti, wie sie von Freunden liebevoll genannt wird. Es gibt keine besonderen Voraussetzungen, die ein Anfänger mitbringen muss.
"Hauptsache er hat Lust auf den Sport.Alles andere kommt mit dem Training", ergänzt sie. Inlineskaten ist nicht schwer zu lernen. Mit etwas Geduld kann man die Grundschritte an einem Wochenende lernen. Vor allem sicheres Bremsen will geübt sein. Denn: Erst wer eine richtige Stopp-Technik beherrscht, ist ein sicherer Skater.
Im Falle eines Falles
Auch das richtige Hinfallen kann trainiert werden. Unverzichtbar sind dabei die Schutzausrüstungen für Knie, Hände und Ellbogen (Protektoren) und ein Helm. “Beim Sturz sollten sich Skater zuerst auf die Knieschoner, dann auf die Ellenbogen- und zuletzt auf die Handgelenkschoner fallen lassen“, weiß Anette. Die Finger müsst ihr dabei weit nach oben gestrecken. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sie aufscheuern. Wer sich keine üblen Schürfwunden holen möchte, kann sein Falltraining statt auf dem Asphalt auch auf dem Rasen absolvieren.
Profi-Speedskater sind im Vergleich zu den Freizeit-Skatern leider weniger geschützt. Um beweglicher zu sein, müssen sie auf Protektoren verzichten. Sie tragen nur spezielle Speedskates, einen Sporthelm und einen eng anliegenden Rennanzug, der den Luftwiderstand vermindern und das Zerren am Trikot vermeiden soll. Wenn einer der Läufer ins Wanken gerät, kann das schlimme Folgen haben.
"Bei wichtigen Rennen wird auch schon mal geschubst oder am Anzug gezogen", sagt Anette. "Ich bin auch Mal böse hingefallen, weil mein Vordermann gestürzt ist und ich nicht schnell genug ausweichen konnte", erinnert sie sich. Auch wenn es ganz schön wehgetan hat, wollte die Athletin bald wieder auf die Rollen steigen. "Da war die Lust aufs Laufen größer als die Angst", sagt sie heute. "Ich glaube nicht, dass das Speedskaten gefährlicher ist, als andere Sportarten. Wir lernen in der Ausbildung schließlich auch, wie wir Ausweichen und richtig Bremsen können."
Taktik: Laufen mit Köpfchen
Bei den Wettkämpfen werden Jungs und Mädchen in Gruppen nach Geschlecht und Altersklasse getrennt. Im Training üben sie zusammen. Sie schulen ihre Ausdauer, Kraft und Schnelligkeit. Wenn sie älter werden, lernen sie mehr über Taktik und das Zusammenspiel im Team. Taktik nennt man geplantes Vorgehen. Das bedeutet, dass die einzelnen Läufer einer Gruppe im Wettrennen bestimmte Aufgaben übernehmen, um die lästigen Gegner auszutricksen und dadurch die Position ihrer Einheit zu verbessern.
Einer von solchen Tricks ist das Ausnutzen des so genannten Windschattens: Wenn ein Fahrer durch die Luft gleitet, drückt er diese beiseite. Je schneller er fährt, desto größer wird der Widerstand, den er überwinden muss. Dabei entsteht direkt hinter ihm, ähnlich wie ein Lichtschatten, ein Bereich mit geringerem Luftwiderstand. Kann ein Hintermann in diesen Bereich fahren, muss er dort gegen weniger Wind ankämpfen und wird von dem Sog des Vordermanns mitgezogen.
"Wenn ein Läufer diese Technik beherrscht, hat er einen klaren Vorteil", weiß Anette aus eigener Erfahrung. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass der Hintermann so bis zu 44 Prozent, also fast die Hälfte, seiner Kraft sparen kann!
Es gibt noch mehr Tricks: Wenn der Vorgänger seinen Verfolger nicht vorbei lässt, kann dieser einen Überholvorgang antäuschen, dann plötzlich schnell auf die Seite wechseln und an dem überraschten Konkurrenten vorbeisausen. Auch die richtige Wahl der Rollen kann entscheidend sein.
Je nachdem, ob das Rennen auf der Bahn, auf der Straße oder im Regen stattfindet, kann ein Läufer zwischen vielen unterschiedlichen Varianten auswählen. Entscheidet er sich für die richtige Größe und Härte, hat er durch bessere Bodenhaftung einen klaren Vorzug. „Aber die besten Tricks lernt man erst mit der Zeit durch Erfahrung!“ Da ist sich Anette ganz sicher.
Für heute ist das Training zu Ende. Aber morgen kommt Netti wieder zur Rollbahn. Schließlich stehen bald große Wettkämpfe an und bis dahin will sie topfit sein!
Mehr Infos:
Wo ihr Inlineskater-Vereine in eurer Nähe findet, sagt euch der Deutsche Rollsport und Inline-Verband. Wenn ihr euch einen Straßenlauf ansehen möchtet oder vielleicht sogar selber fahren wollt, informiert euch unter www.scc-events.com.