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Zähne: Was die Beißerchen alles können

Die Milchzähne fallen uns aus; auf die nachwachsenden Zähne müssen wir ein Leben lang aufpassen
Die Milchzähne fallen uns aus; auf die nachwachsenden Zähne müssen wir ein Leben lang aufpassen
© Paul Edmondson/Corbis
Stoßzähne bei Elefanten; nachwachsende Zahnreihen bei Haien – es gibt sie in vielen Varianten die weißen Beißerchen. Alles was es zu wissen gibt über Zähne, findet ihr hier

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Was macht man nur, wenn man einen Baum fällen möchte und keine Säge dabei hat? Der kleine Biber überlegt nicht lange: Zack! – haut er seine Vorderzähne in das Holz, bis sie richtig festsitzen; dann hobelt er mit dem Unterkiefer, dass die Späne nur so fliegen. Immer dünner wird der Stamm, bis der Baum knirscht und mit lautem Krachen zur Seite kippt.

Schon beeindruckend, was viele Tiere mit ihren Beißern alles anstellen, oder? Supernager wie Biber knabbern Holz wie wir Salzstangen – und müssen nicht mal zum Zahnarzt, weil ihre Hauer ständig nachwachsen! Elefanten buddeln mit ihren Stoßzähnen in der Erde nach Leckerbissen. Und bei dem Narwal steht ein etwa zwei Meter langer Schneidezahn sogar wie eine Lanze aus dem Kopf heraus. Angeblich fechten die schwimmenden Dickis damit erbittert, um die Gunst schöner Wal-Damen zu gewinnen.

Die Mahlzähne zerschmirgeln das Essen in Ministücke

Und wir? Im Vergleich zu Elefanten und Walen wirkt unser Gebiss natürlich mickrig. Aber dafür ist es vielseitiger als das der meisten Tiere: Zähe Nahrung wie Fleisch können wir mit den Schneidezähnen abzwacken, oder mit den Eckzähnen festhalten und zerreißen – so wie Löwe oder Tiger. Für weiche und kleine Happen sind Spezialisten in den Backen zuständig: Die Mahlzähne zerschmirgeln das Essen in Ministücke. Das ist ein alter Pflanzenfressertrick. Denn je feiner die Nahrung gemahlen wird, desto besser kann sie verdaut werden.

Obwohl sie verschiedene Aufgaben haben, sind alle unsere Zähne ähnlich aufgebaut: Zum größten Teil bestehen sie aus Zahnbein. In der Mitte haben sie Höhlen, in denen Nervenfasern liegen. Diese melden dem Gehirn, ob es dem Zahn gut geht. Oder ob er faul ist und behandelt werden muss.

Für die täglichen Strapazen ist das Zahnbein allerdings zu weich. Denn wenn wir mit den Mahlzähnen richtig zubeißen, liegt auf jedem so viel Gewicht, als würdet ihr euch darauf stellen! Deshalb ist es sorgfältig verpackt: an der Oberseite durch eine superharte Schutzschicht aus Zahnschmelz, und an der Wurzel ist es in so genannten Zement eingebettet. Die Fasern daran halten den Zahn wie Seile am Zahnfleisch fest.

Der Schutz der Zähne ist das Wichtigste

Solange der Schutz intakt ist, kann unseren Beißern wenig passieren. Pech nur, dass der Mund ein wahres Paradies für Bakterien ist: warm und feucht, das lieben die Mikroben. Und mehrmals täglich schwimmt Essen vorbei. Mehr als 400 verschiedene Arten siedeln im Mund eines Menschen, insgesamt zehn Billionen Stück! Viele davon sind Schädlinge. Wenn einige Arten sich mit Zucker vollmampfen, entsteht Säure. Und die frisst Löcher in die Zähne – das nennen Ärzte Karies. Bei der Parodontose greifen Bakterien das Zahnfleisch an und entzünden es.

Was hilft dagegen? Klar: Zähneputzen. Bis die Menschen darauf gekommen sind, hat es allerdings lange gedauert. Denn Bakterien sind so klein, dass man sie mit bloßem Auge nicht sehen kann. Erst 1674 wurden sie von dem niederländischen Naturforscher Antonie van Leeuwenhoek entdeckt. Lange fielen den Leuten bei Zahnschmerzen deshalb die komischsten Heilmittel ein: Die alten Römer etwa kauten Rabenmist oder Wolfskot. Würg! Oder lutschten an Fröschen. Hierzulande galt Hasenhirn als Geheimtipp: einmal kurz das Zahnfleisch damit eingeschmiert – so glaubten die Menschen –, schon würden ausgefallene Zähne nachwachsen.

Früher verwendeten Zahnärzte einen Drillbohrer

Richtig brutal wurde es, wenn ein Zahn gezogen werden musste. Noch vor 200 Jahren erledigten das herumreisende Scharlatane auf Jahrmärkten. Starke Männer hielten den Patienten fest, während der "Arzt" den Zahn mit einer großen Zange herausriss. Oft brannte er die Wunde noch mit einem glühenden Eisen aus. Das Publikum fand das Spektakel toll. Der Kranke weniger: Der schrie vor Schmerzen – denn damals gab es noch nicht einmal Betäubungsmittel! Viele Menschen sind nach der Tortur sogar gestorben. Besser wurde die Lage erst im 19. Jahrhundert. 1871 verwendeten Ärzte zum ersten Mal einen Drillbohrer. Den hasst ihr heute sicher. Aber damit ließen sich faule Zähne präzise ausbohren. Auch Betäubungsmittel wurden entwickelt – allerdings im Schneckentempo: 1844 kam der Amerikaner Horace Wells zum Beispiel auf die Idee, Patienten mit Lachgas vollzupumpen. Leider verging einer Versuchsperson schnell das Kichern. Die schrie beim Zahnziehen wie am Spieß. Am Ende des Jahrhunderts betäubten die Ärzte ihre Patienten gern mit dem Rauschgift Kokain. Das hat dann halbwegs geklappt.

Weniger Löcher in den Zähnen als früher

Da haben wir’s doch schon ziemlich gut. Weil sie meist sorgfältig putzen, haben Kinder heute viel weniger Löcher in den Zähnen als früher. Und viele Wissenschaftler glauben, dass Bohrer in Zukunft ganz überflüssig werden. Britische Forscher arbeiten zum Beispiel an einer Art Impfung gegen Karies – damit würden gefährliche Bakterien im Mund abgemurkst. Andere Mediziner wollen Zellen dazu bringen, neues Zahnbein herzustellen. Und tatsächlich: Als sie Schweinen ihr Medikament gaben, wuchsen deren Zahnlöcher gleich wieder zu. Ob das Kunststück auch bei Menschen funktioniert, weiß aber noch niemand. Vorerst müssen wir unsere Zahnbürste also noch behalten – und neidisch auf die Haie blicken. Die haben nämlich den tollsten Trick gegen Zahnprobleme auf Lager: Wenn nötig, tauschen sie ihre Beißer einfach aus. Mehrere Tausend Stück kann ein Raubfisch im Leben bekommen.

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