Anzeige
Anzeige

Geschichte Blackbeard: Schrecken der Karibik

Blackbeard, der Pirat
Bitte nicht nachmachen! Neben dem Bart sind brennende Zündschnüre unter dem Hut Blackbeards Markenzeichen. Mit seinem Schiff "Queen Anne’s Revenge" jagt er reich beladene Handelsschiffe
© Hulton Archive/Getty Images
Anfang des 18. Jahrhunderts gleichen die Gewässer vor der amerikanischen Ostküste einem Haifischbecken. Überall liegen Seeräuber auf der Lauer. Aber kaum einer ist so gefürchtet wie Edward Teach. Wegen seines pechschwarzen Bartes besser bekannt als: Blackbeard – oder die "Ausgeburt des Teufels"

Die "Ausgeburt des Teufels"

Pierre Dosset hat Angst. Panisch schaut der französische Kapitän auf die beiden Segelschiffe, die seine "La Concorde" an diesem Novembertag 1717 verfolgen. Sie sind schneller als sein Dreimaster – verdammt schnell. Und an ihren Masten wehen schwarze Flaggen. Piraten!

Es donnert und kracht. Kanonenkugeln schlagen auf dem Deck von Dossets Sklavenschiff ein. Erbarmungslos nehmen die Angreifer die La Concorde in die Zange. Und dann ist es so weit: Männer mit Säbeln und Pistolen stürmen das Schiff – vorneweg ein Kerl, bei dessen Anblick Dosset die Luft wegbleibt: Der Mann brennt! Funken sprühen aus seinem langen, schwarzen Haar. Sie wirbeln um sein grimmiges Gesicht und auf dem Bart, den er zu Zöpfen geflochten hat.

Dosset gibt auf. Vor ihm steht Blackbeard, der gefürchtetste Pirat der Karibik. Die "Ausgeburt des Teufels" nennen die Seeleute den breitschultrigen Mittdreißiger. Jemand, der brennt, ohne Schmerzen zu spüren, kann kein Mensch sein, glauben sie. So einer kommt direkt aus der Hölle!

Bis zu 2000 Seeräuber lauern im Meer

Ob übertrieben oder nicht – Blackbeard eilt der Ruf des Bösen voraus. Auf Handelsschiffen bricht Panik aus, wenn sein Schiff am Horizont gesichtet wird. Dabei machen nicht allein dieser Piratenkapitän und seine Crew das Meer unsicher.

Zwischen 1500 und 2000 Seeräuber lauern im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts vor der Küste Nord- und Mittelamerikas auf reich beladene Segler. Eine Fahrt durch ihr Jagdrevier gleicht einem Kopfsprung in ein Haifischbecken. Während sich Handelsschiffe oft nur noch im Konvoi in die tropischen Gewässer der Karibik wagen, fühlen sich die berüchtigten Piraten dort wie im
Paradies.

Auf ihren Schiffen zählt nicht, ob jemand aus angesehenem Hause kommt oder – wie die meisten Männer – aus den armen Familien Englands und Amerikas. Prügelstrafen durch Offiziere
wie bei der Marine gibt es nicht, wohl aber genug Proviant und Trinkwasser, eine Entschädigung für ausgeschossene Augen oder abgehackte Finger – und einen Teil der Beute: für jeden!

Kapitän Blackbeard ist ein angesehener Mann

Ihr Geld verprassen Blackbeards Männer in den Spelunken von New Providence, dem wohl berühmtesten Piratennest auf den Bahamas. Die Inselstadt Nassau besitzt damals einen riesigen Hafen: In ihm finden bis zu 500 der bei den Seeräubern beliebten kleinen, wendigen Sloops Platz.

Große Schiffe der Kriegsmarine können aber wegen des flachen Wassers in der Hafeneinfahrt nur schwer einlaufen. Ein überlebenswichtiger Schutz, denn wer von den berüchtigten Piratenjägern gefasst wird, endet am Galgen.

Die Menschen auf New Providence sprechen voller Bewunderung von Kapitän Blackbeard: Niemand habe eine diszipliniertere Mannschaft; niemand bringe seinen Männern besser das Kämpfen und Segeln bei, und kein Seeräuber habe mehr Erfolg bei Frauen als dieser Edward Teach, wie Blackbeard eigentlich heißt.

New Providence
Ihre Beute hauen Blackbeard und seine Männer am liebsten auf der Bahamas-Insel New Providence auf den Kopf. Der Hafen bietet einen wichtigen Vorteil für die Seeräuber: Große Schiffe der Kriegsmarine können dort wegen des flachen Wassers in der Einfahrt nicht einlaufen
© Rene Truffy/mauritius images

Was weiß man heute über Edward Teach?

Viel weiß man nicht über Jugend und Herkunft des legendenumwitterten Mannes. Geboren wird er wohl um 1680 im englischen Bristol – vermutlich als Sohn wohlhabender Eltern. Teerunden und gepuderte Perücken müssen Edward Teach aber schon früh gelangweilt haben.

Als junger Mann heuert Edward Teach auf einem Kaperschiff an, das im Auftrag der britischen Regierung in der Karibik französische und spanische Schiffe überfällt – es herrscht Krieg, und das Plündern der feindlichen Handelsflotte gehört zur Strategie. Nach Kriegsende schließt sich Edward Teach den Piraten an, steigt schnell zum Kapitän einer kleinen Sloop auf und lässt Bart und Haare wachsen. Aus Edward Teach wird Blackbeard, der Seeräuber.

Was wir über dessen Treiben wissen, stammt vor allem aus den Berichten des Zeitzeugen Charles Johnson – gut möglich, dass der bei seinen Beschreibungen übertrieben hat. Zum Beispiel, wenn Johnson berichtet, dass sich Edwars Teach als Pirat ein neues Aussehen zulegt, um Feinde einzuschüchtern..

Vor jedem Überfall steckt er angeblich brennende Zündschnüre unter seinen Hut. Die funkeln wie Wunderkerzen und lassen ihn so wild und teuflisch aussehen, dass seine abergläubischen Gegner meist kampflos aufgeben – so wie Kapitän Dosset.

Dessen La Concorde gefällt Blackbeard auf den ersten Blick. Der ideale schwimmende Untersatz für einen Seeräuber: schnell, wendig und stark genug, 40 Kanonen zu tragen. Ohne zu zögern erklärt Blackbeard den Dreimaster zu seinem neuen Flaggschiff und tauft es um in "Queen Anne’s Revenge", zu Deutsch: Königin Annes Rache. Dosset und seine Mannschaft bekommen Blackbeards altes Schiff. Ihr Glück! Andere Piraten hätten die Franzosen einfach über Bord geworfen. Doch Blackbeard ist kein blutrünstiger Mörder – wer seinen Befehlen folgt, kommt mit dem Leben davon.

Blackbeard ist erfolgreicher als alle anderen Piraten

Mit der Queen Anne’s Revenge räubert Blackbeard erfolgreicher als jeder andere. Und seine Flotte wächst auf schließlich vier Schiffe an. Zwischenzeitlich stehen wohl 300 bis 400 Männer unter seinem Kommando. Eine richtige Armee!

Mit ihr wagt Blackbeard, was sich noch kein Pirat zuvor getraut hat: Er blockiert den Hafen von Charleston, dem damaligen Charles Town, der wichtigsten Küstenstadt in der englischen Kolonie South Carolina an der Ostküste der USA. Wie Wachhunde liegen Blackbeard und sein Gefolge im Mai 1718 vor der Stadt. Sie stoppen jedes Schiff, das den Hafen ansteuert oder verlässt, und erbeuten Zucker, Kakao, Reis, Münzen und Juwelen.

Doch das ist noch nicht alles: Als Blackbeard unter den Passagieren eines Seglers berühmte Bürger Charlestons entdeckt, nimmt er sie als Geiseln. Er droht, sie zu töten und Charleston anzugreifen, falls ihm die Stadt nicht innerhalb von zwei Tagen Medikamente für seine kranke Crew bringe; seine Männer haben sich – so vermutet man – mit Syphilis angesteckt, einer gefährlichen Geschlechtskrankheit.

Das Ultimatum verstreicht, ohne dass etwas geschieht. Blackbeard tobt vor Wut. Doch gewährt er den Geiseln einen Tag Aufschub. Am Abend kommt die Erlösung: Ein Ruderboot macht längsseits der Queen Anne’s Revenge fest, an Bord die geforderte Medizin. Blackbeard gibt die Geiseln frei und lässt die Segel setzen. In den Bäuchen seiner Schiffe lagert die wohl wertvollste Beute seiner Piratenlaufbahn – darunter auch massenhaft Gold und Silber.

Blackbeard alias Edward Teach im Kampf
Blackbeards erste Niederlage ist auch seine letzte: Im November 1718 stirbt er im Kampf mit englischen Piratenjägern. Seinen Kopf hängen die Sieger an ihren Schiffsbug
© dikson / Fotolia

Herbst 1718: Zwei Kriegsschiffe suchen Blackbeard

Nach solchen Abenteuern feiern die Piraten nächtelang. Allerdings müssen sich Blackbeards Männer dabei vorsehen: Hat ihr K pitän zu viel Alkohol im Blut, kommt er auf absurde – und oft auch unheimliche – Ideen. Einmal befiehlt er angeblich auf seinem Piratenschiff, an Bord die Hölle nachzuahmen, um auszuprobieren, wie sie sich anfühlt – Blackbeard glaubt, dass alle Verbrecher nach ihrem Tod dort landen.

Also lässt er brennenden Schwefel im Laderaum aufstellen und schließt sich mit drei Freiwilligen im Schiffsbauch ein. Erstickende Dämpfe breiten sich aus, die Luft wird knapp. Einer nach dem anderen flehen die Piraten ihren Kapitän an, wieder an Deck zu dürfen. Als Letzter steigt Blackbeard aus der Luke. Niemand hat so lange ausgehalten wie er – so schildert jedenfalls Blackbeards Zeitgenosse Charles Johnson den Vorfall.

Im Herbst 1718 verbreitet sich das Gerücht, Blackbeard wolle sein Lieblingsversteck in North Carolina, die Bucht von Ocracoke, zu einem Piratenstützpunkt ausbauen. Als diese Nachricht die Kaufleute und Landbesitzer in Virginia und South Carolina erreicht, bitten sie um Hilfe. Zu lange schon hat der Pirat sie terrorisiert.

Im Auftrag des Gouverneurs von Virginia machen sich zwei Kriegsschiffe auf die Suche nach ihm. Sie finden Blackbeard und sein Piratenschiff in den Gewässern um Ocracoke. Ein Kampf auf Leben und Tod beginnt!

Diesmal verliert Blackbeard

Verwundet durch fünf Pistolenkugeln und 20 Schwert- und Messerstiche, bricht Blacbeard schließlich tot zusammen. Seine Leiche werfen die Piratenjäger über Bord. Nur seinen Kopf behalten sie und hängen ihn als Trophäe an die Bugspitze ihres Schiffes. Ein tragisches Ende für den "Schrecken der Karibik".

Vergessen ist Blackbeard aber bis heute nicht: 1996 finden Archäologen ein Wrack, von dem inzwischen feststeht, dass es die Queen Anne’s Revenge ist. Und wenn in stürmischen Nächten mysteriöse Lichter über der Bucht von Ocracoke flackern, sehen die Menschen gebannt auf das Wasser von "Teach’s Hole", wie sein damaliger Ankerplatz heute heißt: Der Legende nach ist dieses Licht Blackbeards Geist, der so lange nicht zur Ruhe kommen wird, bis er seinen Kopf wiedergefunden hat.

Noch mehr über die Seeräuber lest ihr in unserem GEOlino Zeitreise Magazin "Piraten - Schrecken der Meere". Falls ihr es noch nicht zu Hause habt, könnt ihr es direkt online bestellen.

Im Video: Wunderschöne Karibikinseln

Karibikinsel
GEOLINO ZEITREISE NR: 03/2017 - Piraten - Schrecken der Meere

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel