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Filmproduktion So entsteht ein Trickfilm

Vom Drehbuch bis zum Schnitt gibt es viel zu tun. GEOlino.de hat eine Trickfilm-Werkstatt besucht und herausgefunden, wie die Zeichentrickfigur "Jasper der Pinguin" das Laufen lernte. Mit Videos!
Filmproduktion: Direkt auf den Computermonitor malen? Daran musste sich Gerlinde Godelmann auch erst gewöhnen!
Direkt auf den Computermonitor malen? Daran musste sich Gerlinde Godelmann auch erst gewöhnen!
© Stefanie Wilhelm

Was für ein buntes Büro! Überall hängen Skizzen von Zeichentrickfiguren an den Wänden. Selbst die Toilettentüren sind mit Charakteren aus einer Zeichentrickserie beschildert.

Ein stattlicher Herr mit Glatze weist den Weg zur Herrentoilette, und eine dicke Frau mit Hut ziert den Eingang der Damentoilette. Auf den meisten Zeichnungen sind allerdings Pinguine zu sehen.

Denn die Mitarbeiter der Hamburger Filmproduktionsfirma "Toons'N'Tales" arbeiten zur Zeit mit Hochdruck an einem Kinofilm zu der Zeichentrickserie "Jasper der Pinguin".

Auch Gerlinde Godelmann ist gerade damit beschäftigt, einen Pinguin zu zeichnen. Genauer gesagt, Jaspers Arme in den verschiedensten Posen. Hierfür benutzt sie nicht Stift und Papier, sondern einen Touchscreen.

Manchmal bevorzugt Gerlinde aber auch die herkömmliche Methode. Ihre Zeichnungen auf Papier werden dann in den Computer eingescannt.

Details sind wichtig!

Filmproduktion: "Jasper hat keinen Daumen!", steht zwischen den Zeichnungen. An dieser Vorlage können die Zeichner sehen, wie Jaspers Hände ausehen müssen
"Jasper hat keinen Daumen!", steht zwischen den Zeichnungen. An dieser Vorlage können die Zeichner sehen, wie Jaspers Hände ausehen müssen
© Toons'N'Tales

Gerlinde arbeitet daran, Jaspers typische Haltungen festzulegen. Wie hält er einen Stift in der Hand? Wie genau trägt er seine Angel und seinen Eimer mit Fischen?

Und sieht sein Ellenbogen bei gebeugtem Arm eher rund oder eher eckig aus? Die vielen Details sind wichtig.

Eine Person alleine könnte die ganzen Jasper-Zeichnungen, die für einen Trickfilm nötig sind, gar nicht bewältigen. Viele verschiedene Zeichner, auch Animatoren genannt, arbeiten daran.

Damit Jasper immer gleich aussieht, müssen alle ganz genau wissen, wie groß er ist, wie er sich bewegt und welche Mimik er hat.

Für jede Figur, für jeden Gegenstand und für jeden Hintergrund im Film gibt es deshalb sogenannte Modelsheets (deutsch "Musterblätter"). Sie dienen als verbindliche Vorlage für alle, die an dem Film mitarbeiten.

Denn bei einem Zeichentrickfilm kann rein gar nichts dem Zufall überlassen werden. Alles, was hinterher darin zu sehen ist, muss vorher ganz genau gestaltet werden.

Filmproduktion: Von allen Seiten Jasper! Ein Stück Hintergrund ist auf dem "Modelsheet" auch eingefügt, damit die Zeichner wissen, wie groß der Pinguin im Vergleich zum Hintergrund sein muss
Von allen Seiten Jasper! Ein Stück Hintergrund ist auf dem "Modelsheet" auch eingefügt, damit die Zeichner wissen, wie groß der Pinguin im Vergleich zum Hintergrund sein muss
© Toons'N'Tales

Eine gute Geschichte

Bevor ein Zeichentrickfilm entsteht, braucht man natürlich zu allererst einmal eine gute Idee für die Geschichte.

"Was würde eigentlich ein Pinguin vom Südpol machen, wenn er auf einmal in ein kleines Städtchen käme?" fragte sich Eckart Fingberg eines Tages, und die Idee zu der Zeichentrickserie "Jasper der Pinguin" war geboren.

Aus einer Idee ein gutes Konzept für eine Trickfilmserie zu machen, bedeutet noch einmal einen ganzen Haufen Arbeit.

Filmproduktion: Trotz Computer hat der Bleistift noch lange nicht ausgedient!
Trotz Computer hat der Bleistift noch lange nicht ausgedient!
© Stefanie Wilhelm

Eckhart wollte, dass jede Folge nach dem gleichen Prinzip aufgebaut ist. Jaspers Abenteuer beginnt immer mit den Pinguinen am Südpol, die per Flaschenpost einen Brief von Jasper erhalten.

Mit in der Flasche ist auch immer ein Gegenstand, über den Jasper sich in der Welt der Menschen besonders gewundert hat: zum Beispiel eine Zeitung. Dann wird gezeigt, was Jasper mit der Zeitung erlebt hat.

Zum Schluss geht es zurück zum Südpol, wo die Pinguine versuchen, Jaspers Erfahrungen anzuwenden. Jasper wird nämlich für sie zum Trendsetter.

Das Storyboard

Steht das Konzept, wird für jede einzelne Folge ein Drehbuch geschrieben. Und dann geht es zum ersten Mal ans Zeichnen. Auf Grundlage des Drehbuches erstellen die Filmemacher ein Storyboard.

Das sieht so ähnlich aus wie ein Comic. Jede Szene aus dem Drehbuch wird im Storyboard mit skizzenhaften Zeichnungen bildlich dargestellt. Gleichzeitig muss nun das Aussehen von allen Charakteren, Hintergründen und Gegenständen, die im Film vorkommen, genau festgelegt werden.

Filmproduktion: Trickreiche Textur: Seht ihr die Linien und Muster in den Bäumen und auf dem Gebäude?
Trickreiche Textur: Seht ihr die Linien und Muster in den Bäumen und auf dem Gebäude?
© Toons'N'Tales

Für "Jasper der Pinguin" haben sich die Trickfilmmacher einen besonderen Stil überlegt. Jaspers Welt sollte nämlich nicht geschniegelt und gebügelt aussehen.

Eher ein bisschen "schabbelig"! Deshalb sind die Perspektiven der Häuser nicht exakt, sondern mit Absicht etwas verzogen gezeichnet.

Für die verschiedenen Hintergründe haben Eckart und sein Team von der Landkarte bis zur Tapete alles auf den Scanner gelegt, was ein besonderes Muster hat. So konnten sie den Flächen in der Serie eine besondere Textur verleihen.

Wenn ihr euch die Bäume, Häuser und Eisberge genau anschaut, könnt ihr die Linien der Landkarten oder das Muster der Tapete dort erkennen!

Das Storyboard als Film

Als nächstes kommt zum ersten Mal Bewegung ins Spiel. Die einzelnen Skizzen des Storyboards werden einfach hintereinander weg in einem Film gezeigt. Das sieht alles noch sehr statisch und ruckelig aus.

Dieser Film wird unter Fachleuten "Animatic" oder "Leica" genannt. Sind die Sprecher der Figuren im Tonstudio aufgenommen, werden die fertigen Dialoge unter die Animatic gelegt. So bekommt man schon eine ungefähre Vorstellung davon, wie lang die einzelnen Szenen sein müssen.

Jetzt kommt Bewegung in die Sache!

Jetzt beginnt der eigentliche Animationsprozess. Die Filmemacher legen zunächst die Bewegungen der Figuren fest. Hierzu skizziert der Animator alle Zeichnungen, die für einen Bewegungsablauf entscheidend sind. So entsteht eine Art Gerüst der Animation, die "Key-Frames" (deutsch "Schlüsselbilder").

GEO-Fallback-Bild

Dabei kommt es vor allem darauf an, dass der zeitliche Ablauf der Bewegung stimmt. Mit einem "Line-Test" können die Trickfilmmacher überprüfen, ob alles passt.

Die Zeichnungen des Animators werden dazu aufgenommen und mit einem speziellen Computerprogramm abgespielt. Jedes einzelne Element in der Zeichnung kann so lange verschoben werden, bis das Timing stimmt und Regisseur und Animator mit der Szene zufrieden sind.

Wichtig: ein exakter Drehplan

Filmproduktion: Alle Entwürfe der Figuren werden in diesen Ordnern aufbewahrt
Alle Entwürfe der Figuren werden in diesen Ordnern aufbewahrt
© Stefanie Wilhelm

Nun, da die Dialoge aufgenommen sind und die Bewegungen feststehen, werden alle Informationen in einem exakten Drehplan zusammengetragen.

"X-Sheets" heißen diese Drehpläne. Jedes einzelne Bild des Films, jede Perspektive und jede Bewegung sind mit genauen Zeitangaben darin verzeichnet.

Auch die Audiowellen der Dialoge werden ausgedruckt und auf das "X-Sheet" geklebt. Im "X-Sheet" steht sogar, wann eine Figur welche Mundbewegung machen muss. Damit es im Film so aussieht, als ob die Figuren auch wirklich sprechen, muss natürlich auch die Mundbewegung zum Text passen.

Für jede Figur gibt es eine Reihe von Standardmundbewegungen, die in die richtige Länge und Reihenfolge gebracht werden müssen.

Über tausend Einzelbilder

Mit Hilfe des "X-Sheets" und der "Modelsheets" beginnt nun die Feinarbeit. Zunächst werden Reinzeichnungen von den Skizzen des Animators angefertigt.

Damit eine Bewegung in einem Trickfilm flüssig aussieht, benötigt man zwischen zwölf und vierundzwanzig Zeichnungen pro Sekunde. Für eine Minute Film braucht man also weit über tausend Einzelbilder!

Hierfür sind eine ganze Menge Zeichner nötig. Die noch fehlenden Zeichnungen werden von den Zwischenphasenzeichnern angefertigt.

Zum Schluss die Farbe!

Wenn alle Zeichnungen vorliegen und die Trickfilmer mit dem Ergebnis zufrieden sind, kommt die Farbe hinzu. Auch hier müssen die Trickfilmer vorher ganz genau abstimmen, welche Nuancen wie verwendet werden müssen.

Zum Beispiel bekommt ein Pinguinbauch bei Nacht eine andere Farbe als bei Tag. Früher wurden sämtliche Zeichnungen auf Folie übertragen und die Rückseite der Folie in feinster Handarbeit ausgemalt. Heute benutzt man zum Kolorieren einen Computer.

Und so sieht die Szene aus, wenn alles fertig ist:

GEO-Fallback-Bild

Zum Schluss werden alle Elemente der Animation, die Hintergründe und die Figuren im Computer zusammengefügt und hier und da noch mit ein paar Spezialeffekten versehen. "Compositing" nennt man diesen Vorgang. Sind dann auch noch Ton und Musik an Ort und Stelle, ist der Trickfilm fertig!

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