Klavier für Linkshänder
Ein Klavier für Linkshänder? "Wozu?", fragt ihr euch vielleicht. Fingerspitzengefühl wird doch beim Spiel auf den Tasten beiden Händen abverlangt.
"Stimmt", sagt Geza Losó, "aber auf einem normalen Klavier ist meistens die rechte Hand für die Melodie zuständig, die linke für die Begleitung.
Linkshänder spielen die Melodie aber leichter, melodischer und auch gefühlvoller mit der linken Hand", erklärt der Pianist und Klavierlehrer.
Er weiß wovon er spricht, er ist selbst Linkshänder. Natürlich spielt Geza Losó auch rechts sehr gut. Aber wenn er sich richtig austoben will, spielt er mit links.
"Schon als Kind habe ich gemerkt, dass meine linke Hand zu laut in die Tasten gehauen hat und die rechte zu leise. Es sollte aber genau umgedreht sein."
Während seines Studiums zum Konzertpianisten und Klavierlehrer in Budapest kam dem gebürtigen Ungar die Idee, die Klaviertasten spiegelverkehrt anzuordnen. Auf einer selbst gebauten Tastatur übte er trocken. "Da hatte ich schon ein unheimlich gutes Gefühl", erzählt Losó von seiner ersten Versuchen auf Linkshänder-Tasten.
Fast 30 Jahre musste er dann aber noch warten, bis er auf seinem eigenen Linkshänderflügel spielen konnte.
Mit seinem Anliegen wandte er sich an verschiedene Klavierbauer, jedoch ohne Erfolg. Bei der Klavierbauer-Firma Blüthner rannte er schließlich offene Türen ein, denn in der Familie der Besitzer gibt es einige Linkshänder.
"Die Tasten spiegelverkehrt anzuordnen, ist nicht weiter schwierig. Kompliziert ist es, die Gussplatte im Innern des Klaviers spiegelverkehrt herzustellen", erklärt der Pianist. "Denn sie musste ganz neu entwickelt werden."
Die Gussplatte hält das Klavier zusammen. Da die Saiten aus einen enormen Zug auf sie ausüben, ist sie aus besonders stabilem Eisen, das glühend heiß und flüssig in eine Form gegossen wird. Einmal entwickelt, ist ein serienmäßiger Bau von Linkshänderklavieren kein Problem mehr.
Spiegelverkehrte Welt
Dieser Schritt ist nun geschafft: Das erste Linkshänderklavier ist entwickelt. Doch Geza Losó weiß, dass das Klavier alleine nicht alle Probleme der Linkshänder löst.
"Fast noch wichtiger als die gespiegelte Tastatur sind die passenden Noten", erklärt der 59-Jährige.
Denn da auf dem Linkshänderklavier die hohen Töne links auf der Tastatur liegen (die tiefen Töne entsprechend rechts), verschieben sich die schwarzen Tasten für die Halbtöne. Das hört sich so schon kompliziert genug an.
Das beim Klavierspielen umzusetzen, ist aber noch viel schwieriger. "Damit meine Schüler keinen Knoten im Gehirn bekommen, schreibe ich die Noten für sie um", berichtet der Klavierlehrer.
Derzeit hat er acht linkshändige Klavierschüler. Bisher unterrichtet er sie auf umgepolten Keyboards. Das könnte sich in Zukunft ändern.
"Mit einem Preis von etwa 15.000 Euro werden die Linkshänderklaviere nur unwesentlich teurer sein als herkömmliche."
Das erste Linkshänderklavier ist jedenfalls schon vergeben – an Losós 13-jährige Tochter Marilyn. Sie ist ebenfalls Linkshänderin.