
Mit Liebe zum Buch
Andächtig streicht Reinhard Hauswirth über das lederne Buch auf seiner Werkbank. Vergilbte Seiten, die lose aus einem zerfledderten Einband hängen: Die Bibel aus dem 17. Jahrhundert hat ihre besten Tage hinter sich. Nun soll sie der 70-Jährige wieder auf Vordermann bringen. Denn Hauswirth ist Buchbinder, einer der letzten seiner Zunft.
Im Mittelalter waren es vornehmlich Mönche, die sich in den Schreibstuben ihrer Klöster um das geschriebene Wort kümmerten. Sie schrieben, verleimten die einzelnen Seiten und verpackten sie in kunstvolle Einbände. Auch wenn Hauswirth kein Mönch ist, pflegt er seine Bücher mit derselben Sorgfalt wie es früher die Geistlichen in den Klöstern taten.

In seiner Werkstatt riecht es nach Holzleim. Schneidewerkzeuge liegen fein säuberlich aufgereiht neben halbfertigen Büchern. Daneben Zwirn, Pappe und Umschlagpapier in allen möglichen Größen und Farben. Doch Hauswirth ist nicht nur Buchdoktor. Schon den einen oder anderen Band hat er selbst gestaltet – stets mit besonderem Blick fürs Detail. "Für ein schönes Buch nehme ich nur hochwertige Materialien", sagt der 70-Jährige, greift in eine breite Schublade unter seiner Werkbank und holt einen kunstvoll verzierten Papierbogen hervor. "Mittlerweile werden nur noch wenige Bücher von Hand hergestellt. Wir Buchbinder sterben langsam aus."
Wie ein Buch gebunden wird
Per Hand dauert die Produktion eines einzigen Exemplars mehrere Tage. Die Seiten müssen mit Nadel und Faden zusammengenäht und geleimt werden. Über Nacht kommt dieser "Buchblock" zum Trocknen in die Presse. Erst danach werden die Seiten im Einband befestigt und kunstvoll verziert. Jedes Buch komplett durchzulesen - das schafft Hauswirth natürlich nicht. "Aber ich schaue mindestens einmal kurz hinein, ", erklärt der Buchbinder, "Damit die Verzierungen auf Buchdeckel und Buchrücken auch zum Inhalt passen."
Wenn es gewünscht wird, prägt er mit zuvor erhitzten, wenige Zentimeter hohen Buchstaben aus Messing einen Titel in das Leder. Oder fügt als Sahnehäubchen das Kapitalband hinzu, ein kleines, farbiges Bändchen, das an die Ober- und Unterkante des Buchrückens geklebt wird.
Für eine solche Liebe zum Detail, wie sie Hauswirth antreibt, bleibt heute nur noch selten Zeit: Bücher werden fast ausschließlich von Maschinen gebunden. Kein Wunder – bei Auflagen von durchschnittlich 4000 Exemplaren müsste ein einzelner Mann lange an der Werkbank stehen. Aber noch gibt es sie, die Menschen, die sich mit dem alten Handwerk beschäftigen: Reinhard Hauswirth ist dafür ein lebendes Beispiel.

Berufseinstieg als Buchbinder
Buchbinder werden, das geht auch heute noch! Auch wenn die Buchbinderei von Hand mittlerweile völlig hinter die industrielle Fertigung zurückgetreten ist. Die Ausbildung dauert drei Jahre. Zwei Jahre lang davon lernen die Gesellen gemeinsam, dann folgt eine Spezialisierung in die Fachrichtungen Buchfertigung (Serie), Druckweiterverarbeitung (Serie) oder Einzel- und Sonderfertigung.
Weitere Informationen zum Berufsbild "Buchbinder" findet ihr auf den Seiten der Bundesagentur für Arbeit und auf der Seite "Buchbinder werden".