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Spiele mit Todesfolge
Es ist 12 Uhr mittags. Die Sonne brennt gnadenlos auf das große Spielfeld von Chichén Itzá. Dem jungen Maya Hunahpu rinnt bereits jetzt der Schweiß über Gesicht und Körper - und das Spiel hat noch nicht einmal begonnen. "Heute ist ein günstiger Tag, heute soll das Ballspiel stattfinden", hatte der Schamane Vogel-Jaguar am Morgen verkündet.
Hunahpu ist aufgeregt, sein Lederpanzer an Brust, Hüfte und Knie klebt auf der Haut. Er wirft noch einmal einen Blick in Richtung Zuschauerreihen. Hunderte Stadtbewohner haben sich in der Mittagshitze versammelt um dem heiligen Spiel beizuwohnen.
Endlich ertönt der Ruf des Schamanen, das Spiel beginnt. Hunahpu und seine Mannschaft stürzen sich auf den Ball. Sie werden alles geben um zu siegen, denn sie wissen: Es geht um ihr Leben.
Ein Spiel zu Ehren der Götter
Das mittelamerikanische Volk der Maya lebte schon vor mehr als 3000 Jahren. Vor gut 1500 Jahren erreichte die Kultur der Maya ihre Blütezeit. Die Ureinwohner von Mexiko, Guatemala und Belize erbauten beeindruckende Städte, Tempel, Pyramiden und - Spielplätze.
Über 500 Ballspielplätze der Maya fanden Archäologen auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán. Die Maya waren begeisterte Ballspieler, sie spielten jedoch nicht zum Spaß.
Das Ballspiel der Maya war weder Sport noch Freizeitvergnügen wie Fußball oder Basketball bei uns. Es war eine religiöse Handlung zu Ehren der zahlreichen Götter der Maya und endete fast immer mit einem blutigen Menschenopfer - ebenfalls zu Ehren der Götter.
Knallharte Regeln
Das Spiel der Maya ist mit heutigen Ballspielen kaum vergleichbar. Der Spielball aus Kautschuk wog so viel wie heute ein Medizinball. Trotzdem durfte er nie den Boden berühren. Die Spieler mussten den Ball immer in der Luft halten, mit Schultern, Hüfte oder Ellenbogen. Der Einsatz von Händen und Füßen war verboten.
Am Rand des Spielfelds waren in sechs Meter Höhe steinerne Ringe angebracht. Durch diese Ringe musste der kiloschwere Ball geschlagen werden. Die Mannschaft, die das am häufigsten schaffte, gewann das Spiel.
Mehr Kampf als Spiel
Um sich vor Zusammenstößen mit dem harten Kautschuk oder ruppigen Gegnern zu schützen, trugen die Spieler Schutzausrüstungen aus Leder oder Holz an der Brust, der Hüfte, den Unterarmen und den Knien. Damit ähnelten sie eher römischen Gladiatoren als modernen Sportlern. Ganz falsch ist der Vergleich mit römischen Kämpfern nicht.
Die Gladiatoren im alten Rom kämpften in der Arena gegeneinander oder gegen wilde Tiere. Sie unterhielten die Massen entweder für Geld oder weil sie als Gefangene gezwungen wurden. Der religiöse Hintergrund fehlte bei den Gladiatoren jedoch völlig.
Mangelnder Sportsgeist der Maya
Auch bei den Maya gab es Profispieler, jede Stadt hatte ihre Mannschaften. Oft wurden Spiele aber auch nach Angriffen auf andere Maya-Siedlungen abgehalten. Die Gefangenen, oft auch der König der besiegten Stadt, mussten dann auf dem Spielfeld um ihr Leben kämpfen.
Forscher vermuten, dass die Maya dabei nicht viel von sportlicher Fairness hielten. Die Gefangenen bekamen nur schlechte oder gar keine Schutzausrüstung und mussten gegen die bestens ausgerüsteten heimischen Spieler antreten.
Der Tod - Bestrafung oder Belohnung?
Die Verlierer eines Spiels erwartete der Tod. Entweder die gesamte Verlierermannschaft, oder zumindest ihr Kapitän, wurden den Göttern geopfert. Mit festen Seilen zusammengeschnürt, wurden sie, wie ein Ball, die unzähligen Stufen der Tempelpyramiden hinuntergestoßen.
Einige Archäologen glauben auch, dass nicht die Verlierer, sondern die Sieger eines Ballspiels geopfert wurden. Denn die Maya sahen den Tod nicht als Ende an. Er war für sie nur ein Übergang in eine andere Welt. Den Göttern geopfert zu werden war eher eine Ehre als eine Strafe.